Kapitel 14 | Kihyun

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Kihyun's Finger zeichneten kleine Kreise auf Hyunwoo's Haut, der den Arm um die Hüfte des Kleineren geschlungen hatte, welcher den Kopf bequem auf dessen nackter Brust gebettet hatte.

Sie sind sich in den vergangen Wochen näher gekommen. Das ließ sich nicht leugnen. Sie hatten noch einige Tage bei dem großzügigen und gastfreundlichen Stamm gelebt, bis Kihyun vollkommen fit für den langen Weg war.  Dann sind sie mit Jooheon aufgebrochen, der unbedingt die Welt sehen wollte. Die Ältesten fluchten und zeterten, als sie vom vorhaben des Krieger erfuhren. Als zukünftiger Stammesführer hatte er seine Aufgaben und Pflichten zu erfüllen und da er das einzige Kind des aktuellen Stammesoberhauptes war, erschwerte dies die ganze Sache erheblich. Doch letzten Endes ließen sie Jooheon ziehen. Er sollte die Erfahrungen von der restlichen Welt bekommen.

Die Reise war sehr beschwerlich; jedenfalls für Kihyun. Jooheon und Hyunwoo ließen sich nichts anmerken. Oft beschwerten sie sich bei dem hübschen Prinzen, dass dieser viel zu langsam sei und über absolut keine Ausdauer und Fitness besitze. Dann schnappten sie sich ihn und trugen ihn durch die Gebirge des Landes, was ziemlich an Kihyun's Stolz kratzte.

Angegriffen wurden sie zum Glück nur einmal von einem Wegelagere, doch diese hatte Kihyun fast vollständig allein in die Flucht geschlagen. Nun machte sich endlich das viele Training am Königshofe bemerkbar. Er erinnerte sich mit einem Lächeln zurück, als Jooheon ihm anerkennend auf die Schulter geklopft hatte und auch Hyunwoo einen ziemlich überraschten Ausdruck auf den Zügen hatte.

Sie kamen ihrem Ziel immer näher, aber auch körperlich kam Kihyun dem Todesboten immer näher. Aus für den Prinzen unerklärlichen Gründen fürchtete sich Hyunwoo schrecklich in der Dunkelheit. Er hatte es sich bis zum Dorf des Waldvolkes nicht anmerken lassen, doch die Fassade fiel, als er eines Nachts wimmernd in die Arme des Prinzen gekrochen kam. Seit jener Nacht schlief der Ältere immer eng an Kihyun gedrückt.

Kihyun konnte seine Gefühlslage selbst nicht richtig deuten. Er empfand keine Liebe für den Anderen, doch er begehrte ihn. Sanft strich er über Hyunwoo's Wange, der schon tief und fest schlief. Wenn Hyunwoo wüsste wer er wirklich war, dann würde er ihm direkt das Herz aus der Brust reißen, vermutete Kihyun. Oft fragte er sich, woher dieser Hass in Hyunwoo's Herzen kam, oder wie es sich anfühlte, mit diesem schönen Mann das Bett zu teilen. Er hatte keine Lust auf ein Mädchen, er fand schließlich Männer schon immer begehrenswerter!

Mit den Gedanken an morgen und einem mulmigen Gefühl schlief der zweitgeborene Königssohn ein.

"Dort ist der Palast", stellte Jooheon fest, der auf ein prunkvolles Gebäude mit grünen Dach und roten Säulen. "Wahnsinn!"
"Das ist nichts im Vergleich zum königlichen Palast", lächelte Kihyun und musste direkt an sein Zuhause denken. Ob sie ihn schon vermissten? Er vermisste jedenfalls sein Zuhause schrecklich.

"Hör zu Kleiner", wendete sich nun Hyunwoo an den Kleineren. "Du gehst da jetzt rein und lernst dein Weib kennen. Jooheon wird dich begleiten. Ich werde stattdessen eine Adelsfamilie weiter nördlich von hier beseitigen. Beim nächsten Vollmond werde ich wieder hier sein und du führst mich zum König, verstanden? Solltest du dich nicht an unsere Abmachung halten, werde ich dein Weib, deine Schwiegereltern und dann dich töten, also sei hier."

Kihyun nickte nervös und biss sich auf die Unterlippe. Abschiede waren nicht so sein Ding. Der Ältere befreite sanft Kihyun's Unterlippe aus dessen Zähnen und hauchte ihm einen Kuss auf den Mund. Dann drehte er sich um und stapfte davon. Kihyun blickte ihm mit einem traurigen Ausdruck auf den feinen Zügen hinterher, bis Hyunwoo nur noch ein kleiner Punkt am Horizont war.

"Hyunwoo weiß wohl immer noch nicht, wer du bist, oder?", erkundigte sich Jooheon leise. Kihyun nickte knapp. "Er hält mich für irgendeinen Adeligen."

Er hatte Jooheon im Vertrauen von seiner wahren Identität erzählt, als dieser immer wieder hartnäckig danach gefragt hatte. Dieser meinte darauf nur, dass es ziemlich auffällig sei und dass Hyunwoo, der sowieso über einen scharfen Verstand besitze, es vermutlich auch schon bemerkt hatte.

„Bist du bereit?", fragte Jooheon leise und griff nach Kihyun's zitternder Hand. „J-Ja. Ich bin nur etwas nervös, gleich die Frau kennenzulernen, mit der ich den Rest meiner Zukunft verbringen werde."

„Es heißt doch, dass die Prinzessin über eine strahlende Schönheit besäße. Sie hat bestimmt einen tollen Charakter", meinte der Krieger sanft und umarmte den Prinzen herzlich, was diesen etwas zu beruhigen schien. Dann straffte Kihyun die Schultern und lief mit stolz erhobenem Haupt in die Richtung des Palastes.

Als die Beiden am Tor ankamen, wirkten die Wachen ziemlich verwundert. „Der Prinz ist schon für einige Wochen für Tod erklärt worden", sagte der eine genervt, in der Hoffnung, dass die beiden wieder gingen. „Wir können hier wirklich keine Betrüger gebrauchen. Die Prinzessin Yo Hwishin ist sowieso momentan nicht bei bester Gesundheit."

„Ich wurde entführt!", begehrte der Königssohn auf. „Man hat nie eine Leiche gefunden! Holt den Lord hierher. Er kennt mich."

Nach einer Diskussion, die so lange dauerte, dass Kihyun dachte ihm würde anfangen ein Bart zu wachsen und seine Haar würde allmählich grau werden, gaben die Wachen nach und holten den Lord Yi.

Dieser erschien auch fluchend und zeternd nach einer gefühlten Ewigkeit. Bei Lord Yi handelte es sich um einen hochgewachsenen, älteren Mann mit langen schwarz- grauen Haaren und breiten Schultern. Er trug auch den typischen Bart des Adels und sein Gesicht war mit tiefen Falten und Furchen überzogen. 

„Ich hörte, Prinz Yoo Kihyun solle von den Toten wieder auferstanden sein?", meinte er spitz und musterte Kihyun von Kopf bis Fuß mit einem nichtssagenden Blick. „Ich habe Euch weniger schäbig in Erinnerung, Majestät", stellte der Lord fest und verzog leicht angewidert das Gesicht.

„Mit verlaub, mein Lord. Bitte entschuldigt mein unansehnliches Äußeres, doch ich wurde entführt und musste ohne meinen Tross hierher reisen, als ich meinem Entführer entkam. Wenn ihr gestattet werter Herr, würde ich immer noch gerne um die Hand Eurer Tochter Yi Hwishin anhalten", entschuldigte sich Kihyun nervös.

Der Lord stieß tiefes Seufzen aus. „Dann folgt mir bitte, Majestät. Meine Bediensteten sollen Euch neue Kleidung geben und ihr werdet euch auffrischen können. Dann könnt ihr meine Tochter kennenlernen und mir von Eurer Entführung berichten, damit ich entsprechende Maßnahmen einleiten kann und natürlich auch den König, Euren werten Vater, informieren kann." Dann drehte der ältere Mann um und ging mit großen Schritten zurück ins Innere seines Palastes.

Eine blutjunge Dienerin stürmte daraufhin Jooheon und Kihyun entgegen und forderte sie auf ihr zu folgen, was diese auch dankend taten.

Jadeit | ShowKi - DISCONTINUED!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt