Kapitel 18

356 14 1
                                    

"In manchen Fällen kann Stille gefährlich sein."
- Saint Ambrose

Kaum hatte ich unser Apartment wieder betreten, wurde ich auch schon von Hava in Empfang genommen.

"Hast du die Sachen mitgebracht?", fragte sie mich und musterte mich dabei eindringlich. "Äh? Welche Sachen?", erwiderte ich nervös. Eigentlich hatte ich ja gar nichts mitgebracht. Vielleicht hätte ich ja wenigstens irgendwas kaufen sollen. Nun stand ich hier ohne Einkaufstüten vor meiner Schwester, die meine Lüge zu durchschauen schien.

"Na, ich habe dir doch noch eine Nachricht geschickt mit Dingen, die du mitbringen solltest!", klärte sie mich auf. Angespannt holte ich mein Handy hervor und stellte fest, dass ich neue Nachrichten von ihr hatte. "Oh ... die muss ich wohl übersehen haben", schauspielerte ich.

"Und was ist mit den anderen Einkäufen? Hast du die auch irgendwie übersehen oder übersehe nur ich die gerade?" Ich schluckte. Verdammt. Ich hätte mir wirklich eine bessere Ausrede einfallen lassen sollen. "Äh ... die ... ja also ...", stotterte ich vor mich hin und drehte mich dabei selbst im Kreis, in der Hoffnung, dass mir noch irgendwas einfallen würde.

"Wieso gibst du nicht einfach zu, dass du irgendwas anderes gemacht hast?", fragte sie mich und sah mich dabei wie eine Mutter streng an. Ich schloss meine Augen und atmete die angestaute Luft aus. Es hatte sowieso keinen Zweck weiter zu lügen, wenn sie eh schon wusste, dass es nicht stimmte.

"Ich war nicht einkaufen", gab ich schließlich kleinlaut zu, "Ich ... Ich habe mich mit Green Arrow getroffen." Auf einmal riss sie ihre Augen überrascht auf und formte ihren Mund zu einem großen O. "Du hast was?", hinterfragte sie fassungslos.

"Ja ich hab mich halt mit ihm getroffen", wiederholte ich, "Ich hatte mich mit Oliver unterhalten und der meinte, dass mir Arrow weiterhelfen würde in der Sache mit Alvin." Ich berichtete ihr, wie es zu dem Treffen gekommen war.

"Und wieso hast du mir nicht einfach Bescheid gesagt, anstatt mich hier so schamlos anzulügen?" Ich zuckte mit den Schultern. "Ich weiß auch nicht, aber ich hielt es für eine bessere Idee. Schließlich weiß ich ja nicht, wie der Typ so drauf ist und am Ende arbeitet er auch noch gegen mich. Ich wollte sozusagen erstmal allein die Lage checken." Hava nickte verstehend.

Nachdem sie mich noch ausfragte, was bei dem Treffen rausgekommen war, beschlossen wir den Abend so entspannt wie möglich zu ende zu bringen.

Seit dem Treffen waren nun einige Tage vergangen und um uns herum war es verdächtig ruhig geworden. Keine Angriffe von Alvin mehr, aber auch nichts von Arrow. Beinah bekam ich schon den Gedanke in den Sinn, dass er mich vielleicht aufgegeben hatte. Das alte Wegwerfhandy hatte ich natürlich jeden Tag gecheckt und immer wieder aufgeladen, damit er mich immer erreichen konnte. Doch es geschah einfach nichts.

Diese Tatsache frustrierte mich immer mehr, sodass ich beschloss, mir wieder eine kleine Auszeit zu nehmen und wieder an den See zu fahren. Meinen Wassertank wieder zu füllen.

"Und was willst du machen, wenn sich Arrow nun bei dir meldet, während du so weit weg bist?", wollte meine Schwester von mir wissen. "Er hat sich bis jetzt nicht bei mir gemeldet, da wird er sich auch bestimmt nicht in den nächsten drei Tagen bei mir melden", stellte ich ein wenig beleidigt klar.

Es verletzte mich auch ein wenig, dass er mich so fallen ließ. Sie nickte. "Nagut, dann mach dich mal auf. Aber pass gut auf, nicht dass Alvin dich in die Finger bekommt", warnte sie mich. "Ich geb mein Bestes", erwiderte ich schlicht und drückte ihr dann einen kleinen Abschiedskuss auf die Stirn.

Danach schlug ich die Tür hinter mir zu und verließ den Wohnkomplex. Von Oliver verabschiedete ich mich nicht. Denn wie Arrow meldete er sich auch nicht mehr bei mir. Also würde es ihn auch sicherlich nicht interessieren, wenn ich für ein paar Tage nicht zu Hause war.

Stunden später erreichte ich wieder den Parkplatz, auf dem ich das Auto abstellte. Es waren nur ein paar kleine Schritte bis zum See. Schon jetzt freute ich mich wie verrückt, endlich mal alles um mich herum zu vergessen und meinen eigenen Gedanken nachzuhängen, ohne mir Sorgen machen zu müssen, dass Alvin jeden Moment hier auftauchen könnte.

Ich schnappte mir meine kleine Tasche und verließ das Auto. Nur wenige Schritte lief ich in Richtung See, als ich plötzlich komische Geräusche aus den blickdichten Büschen vernahm.

Erschrocken hielt ich in meiner Bewegung inne und sah mich um. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Doch als ich einen Vogel wegfliegen sah, beruhigte ich mich wieder ein wenig. Alles war gut. Ich war allein.

So setzte ich meinen Weg einfach fort. Nur noch wenige Meter, dann hätte ich mein Ziel erreicht. Ich konnte ihn schon sehen. Doch dann war da auf einmal das Knacken von Ästen, so als wäre jemand auf sie getreten. Sofort fuhr ich wieder herum und checkte die Umgebung. Lange scannte ich den Waldabschnitt hinter mir, doch ich konnte nichts verdächtiges erkennen. Beruhigend fasste ich mir auf die Brust und wollte mich gerade wieder umdrehen.

Doch vor mir stand auf einmal Alvin, der mich sicher angrinste. "Na Feya, hast du mich schon vermisst?", grinste er mich ekelhaft an und ich wich sofort mehrere Schritte nach hinten.

"A-Alvin? W-Was machst du h-hier?", stotterte ich ängstlich. Mein Puls begann sich auf einmal wieder zu verschnellern, so als wäre ich einen Marathon gerannt.

"Och ... Ich wollte einfach mal ein paar Tage mit meiner Lieblingsfreundin verbringen", sagte er, als wäre es das alltäglichste auf der ganzen Welt.

Er kam große Schritte auf mich zu und griff mich an meinen Arm. "Lass und doch die Tage hier ein bisschen genießen", sagte er. Ich versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, doch er war einfach viel zu stark.

"Nein, lass mich los, du verfluchter Mistkerl!", schrie ich ihn an. Er lachte, wissend, dass ich keinerlei Chance gegen ihn hatte.

"Oh nein, meine Liebe, das werde ich nicht, denn wir beiden hübschen, werden nun endlich mal ungestört miteinander reden können", flüsterte er nah an mein Ohr, "Denn hier wird dich keiner finden und vermissen wird dich erst recht keiner!"

Als ich sein selbstsicheres Grinsen spüren konnte, als er mir einen Kuss hinter mein Ohr hauchte, merkte ich, wie sich die ersten Tränen einen Weg nach oben bahnten.

Ich war verloren.

Arrow's BubbleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt