Kapitel 37

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„Es gibt nichts Mächtigeres als die Liebe der Familie. Doch wenn daraus Wut wird, dann gibt es nichts gefährlicheres." - Dominic Toretto

Olivers weiche Lippen auf meinen zu spüren, ließ in mir das wohlige Gefühl von Geborgenheit frei. In diesem traumhaften Moment blendete ich alles um mich herum aus. Dass wir uns in seinem engen Auto befanden und uns somit bis zum geht nicht mehr verrenkten, schien für mich so weit weg.

Erst nach einer gefühlten Ewigkeit ließen wir beide nach Luft ringend voneinander ab und schauten uns nun gegenseitig tief in die Augen. Dieses Blau ... so wunderschön. Ein Lächeln schlich sich auf unsere Lippen.

„Das ... das hat sich erstaunlich gut angefühlt", gab er leise zu, ohne dabei seinen Blick von mit zu nehmen. Seine Worte jagten mir eine Gänsehaut über den gesamten Körper. Keinesfalls eine unangenehme. „Ja", erwiderte ich, unfähig etwas anderes zu sagen. Die Schmetterlinge und Feuerwerksexpolsionen in meinem Bauch hatten sich noch immer nicht beruhigt. Eher im Gegenteil. Durch den Blick, den er mir genau in dieser Sekunde zuwarf, drehte alles in mir durch. Ein wenig verunsicherte es mich, dass ich so heftig auf diesen Mann reagierte und dass ich dieses Gefühl in mir als positiv bewertete.

Nach einer Weile räusperte er sich dann jedoch und unterbrach den Moment zwischen uns. Verlegen starrte er auf das Lenkrad vor ihm. „Ich denke, wir sollten dann langsam mal hochgehen", sagte er vorsichtig. Anscheinend war er sich nicht sicher, wie ich darauf reagieren würde. Insgeheim hätte ich mir jedoch gewünscht, dass wir den Kuss von eben noch einmal wiederholen oder wir sogar noch weiter gehen würden. Dass er mich mit zu sich nach oben nimmt, aber das war wahrscheinlich alles nur ein Wunschdenken.

Bestimmt bereute er den Kuss schon wieder und empfand es nicht mehr als ‚gut' sondern als absolut scheußlich.

„Ja, ist wahrscheinlich besser so", gab ich leicht niedergeschlagen von mir, „Hava vermisst mich bestimmt schon und fragt sich, wo ich bleibe." Ohne ihn weiter zu beachten, löste ich den Sicherheitsgurt und stieg aus. Das Schweigen, was sich nun zwischen uns ausgebreitet hatte, empfand ich nicht mehr angenehm. Unbehaglich versuchte ich alles in der Tiefgarage anzusehen, nur nicht ihn. Oliver schien es eben so zu gehen. Auch er verhielt sich seltsam merkwürdig. Sonst war er immer gefasst und selbstsicher in seinen Handlungen, doch nun war er sehr unruhig und unsicher.

In der richtigen Etage angekommen, standen wir nun da, wie zwei Eichhörnchen und starrten uns komisch an. Bis er sich nach einer Ewigkeit räusperte, geschah nichts. „Nun ... also ... wenn ich was von Malcolm höre ..." - „Jap ... jo", ich nickte, als er seinen Satz einfach so unvollendet im Raum hängen ließ. Nervös verlagerte ich immer wieder das Gewicht von einem auf das andere Bein. Oliver spielte mit dem Schlüssel in seiner Hand aufgeregt herum.

Ich kam mir so komplett dämlich vor. Wir waren wie zwei Teenager, die gerade ihren ersten Kuss hinter sich gebracht hatten und nun nicht wussten, wie sie sich gegenüber verhalten sollten. „Ich ... Ich werde dann mal gehen", kündigte ich an und deutete hinter mich auf meine Tür. Oliver nickte.

„Ja, also dann ... Bis bald", verabschiedete er sich. Wir sahen uns noch ein letztes Mal tief in die Augen, ehe wir beide hinter dem Holz der jeweiligen Haustüren verschwanden.

„Wieso tragen deine Lippen so ein zufriedenes Grinsen?", neckend werde ich von meiner Schwester direkt ausgefragt, nachdem ich auch nur einen Fuß über die Türschwelle gesetzt habe. Sofort wurde ich nervös. Noch immer hatte ich ihr nicht erzählt, was zwischen mir und Oliver passiert war. Klar war ihr aufgefallen, dass wir uns vielleicht bei dem ein oder anderen Treffen komischer als sonst benommen hatten, aber sie hatte mich nie direkt danach gefragt.

„Ähm ... Ich weiß gar nicht, was du meinst", versuchte ich mich auf dumm zu stellen, wobei ich zwanghaft probierte, einen normalen Gesichtsausdruck aufzulegen. Es gelang mir eher semioptimal.

„Du weißt ganz genau, was ich meine. Diesen Gesichtsausdruck kenne ich doch", lachte sie und kam immer näher auf mich zu. Am liebsten wäre ich ihr ausgewichen, aber das wäre maximal doof gekommen. Ich räusperte mich nervös und versuchte ihren Blick dabei zu meiden, der sich schon wieder in meine Seele bohrte. „Du hast dich mit jemanden getroffen."

Ihre Feststellung war eigentlich goldrichtig. Nur wusste sie dabei nicht, dass es sich um Oliver handelte und dass wir uns eigentlich auch nur getroffen haben, um gemeinsam mit Team Arrow eine Lösung zu finden. Auch von der neuen Begegnung mit Alvin wusste sie noch nichts.

Wann sind wir eigentlich an dem Punkt angekommen, an der ich meiner Schwester, meiner Seelenverwandten, nichts mehr über die Geschehnisse meines Lebens berichtet habe? Ich schluckte betroffen.

„Hava ...", begann ich leise und wurde dabei tot ernst. Auch ihr Lächeln erstarb. Plötzlich sah sie mir panisch mit den Augen entgegen. „Wir müssen mal reden." Ohne sie zu Wort kommen zu lassen, zog ich sie auf unsere kleine Couch, wo wir uns gemeinsam niederließen. Ich fand, dass es die beste Gelegenheit war, ihr nun von allem zu erzählen.

So begann ich also meiner Schwester alles zu berichten. Von Oliver und der gemeinsamen Nacht, die erst so gut war, aber dann so schrecklich endete und dass Alvin mich in dem Café angesprochen hatte sowie von der Zusammenarbeit mit Team Arrow, wobei ich jedoch die Details über die Identitäten ausließ.

Am Ende meiner Erzählung sah sie mich schockiert an. Für einen Moment konnte ich absolut nicht einschätzen, wie sie gleich reagieren würde, hoffte jedoch, dass sie es mir nicht übel nehmen würde. „Das ist unmöglich dein Ernst?", wütend funkelte sie mich an. Der Schock war ihr nun wie aus dem Gesicht gewischt. Stattdessen schoss ihr Puls in die Höhe. „Wie konntest du mir sowas nur vorenthalten? Erst das mit Oliver und dann das mit dem Team Arrow? Wirklich?", sie hatte ihre Augen zu engen Schlitzen zusammengezogen. Sie war nicht nur wütend, sie war rasend. „Ich dachte, wir können uns vertrauen und dann sagst du mir von all dem nichts? Anstatt mit mir zu reden, rennst du lieber zu diesem komischen Team, das du noch nicht mal kennst, statt zu deiner Schwester zu gehen?"

Schuldbewusst sah ich auf meine Hände, die ich auf meinem Schoss zusammengefaltet hatte. Hava konnte sich nicht mehr auf dem Sofa halten und sprang auf, um aufgeregt auf und ab zu laufen. „Ich kann es einfach nicht fassen", flüsterte sie immer wieder vor sich hin. „Ich dachte, das wäre eine Ausnahme gewesen, als du dich schon hinter meinem Rücken mit Green Arrow getroffen hast, aber das? Das ist einfach eine ganz andere Nummer", fuhr sie mich weiter an.

Ich konnte sie verstehen und konnte nachvollziehen, wieso sie so wütend auf mich war, aber ich verstand nicht, wieso sie nicht die Sicht von mir eben so nachvollziehen konnte. Wir haben zusammen schon so viel Scheiße erlebt. Hier war sie zum ersten Mal wirklich glücklich und sorgenfrei. Das wollte ich ihr nicht wieder versauen.

„Es tut mir so schrecklich leid, Hava", entschuldigte ich mich den Tränen nahe. Ihr Blick wurde etwas weicher. Dennoch konnte ich die Wut in ihren Augen immer noch deutlich ablesen. Einen Moment schwiegen wir uns einfach nur an, während sie sich von mir abwendete und raus aus dem Fenster sah.

Nach einer Weile drehte sie sich wieder um. Erwartungsvoll sah ich sie an, hoffte, dass sie mir verzeihen konnte. „Ich glaube, ich brauchte jetzt erstmal ein wenig frische Luft", teilte sie mir ausdruckslos mit. Ehe ich mich versah, hatte sie auch schon die Tür hinter sich ins Schloss geschmissen und war aus unserem Apartment verschwunden. Von meinen Schuldgefühlen geplagt, blieb ich allein zurück.

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