Lachen ist kein schlechter Anfang für eine Freundschaft und bei Weitem das beste Ende.
- Oscar Wilde* * *
"Man! Kannst du das mal lassen du dämlicher Idiot?", wollte ich ungehalten von meinem rothaarigen Gegenüber wissen und trat einen Schritt zurück – "Hör auf dich an deine Mitmenschen heranzuschleichen und sie zu erschrecken! Das ist so unheimlich und schräg!". Mein Herz raste unkontrolliert in meiner Brust. Ich hasste es, wenn sich jemand an mich heranschlich und mich so erschreckte wie es der rothaarige Teufel soeben getan hatte. Ich ließ meinen Blick über sein Gesicht wandern und meinte für den Hauch eines Augenblickes einen dunklen Schatten darüber huschen zu sehen. Doch als ich das nächste Mal hinsah, war er verschwunden. Tendō richtete sich mit einem schiefen Grinsen im Gesicht wieder auf, griff sich ans Herz und rief weinerlich: "Oi, sei nicht so gemein zu mir, Kumeko-chan.". Ich verdrehte die Augen. Konnte er nicht einmal im Leben ernst sein und aufhören aus allem ein Drama zu machen? Ich zog eine Augenbraue in die Höhe und entgegnete: "Ist doch wahr! Ständig schleichst du dich an und tauchst dann unvermittelt vor jemandes Nase auf. Wer bist du? Schmittchen Schleicher? Irgendwann bringst du noch jemanden mit deinen plötzlichen Überfällen um die Ecke. Und hör auf immer alles zu überdramatisieren!".Entnervt stieß ich den Atem aus und vergrub das Gesicht mit einem Augenrollen tiefer in meinem Schal. Ich verstand einfach nicht, wieso es ihm so einen Spaß zu machen schien andere Leute pausenlos erschrecken zu wollen? Und was wollte er von mir? Wir gingen zwar in eine Klasse, das war es dann aber auch schon gewesen. Bis auf zwei, drei Worte hatten wir noch nicht wirklich miteinander gesprochen. Ich konnte jetzt nicht unbedingt sagen, dass mich das störte oder vielleicht doch ein wenig? Wenn ich mir denn mal die Mühe machte ihn eine Weile zu beobachten, schien er ein ganz netter Kerl zu sein. Schräg, aber doch irgendwie nett. Ich schielte ihn von unten heraus an und registrierte, dass das schiefe Grinsen auf Tendōs Gesicht erstorben war. Langsam ließ er die Hand von seiner Brust sinken und bedachte mich mit einem Blick, der es mir eiskalt den Rücken hinunter laufen ließ. "Du hast recht.", sagte er schließlich ruhig und vergrub die Hände in den Taschen seiner Jacke – "Ich wollte dich nicht erschrecken und schon gar nicht um die Ecke bringen. Bitte entschuldige.". Er ließ den Kopf kurz hängen, bevor er mir einen letzten Blick zuwarf und sich schließlich abwandte um zu gehen. Was war denn das jetzt? Wo war der allseits bekannte Mr. Strange hin verschwunden? Ich versuchte mich daran zu erinnern, ob ich Tendō jemals so ernst gesehen hatte. Doch es wollte mir nicht gelingen. Dieses Verhalten war jenseits seines Naturells und wirkte irgendwie unwirklich. Ich kannte ihn nur als den schrägen Vogel mit der großen Klappe und dem seltsamen Verhalten. Auf den ersten Blick mochte er wie eine Schlaftablette wirken, doch in Wirklichkeit ging nichts an ihm vorbei – keine Gefühlsregung, kein Blick, keine Tat. Er schien immer zu wissen was sein Gegenüber dachte und als nächstes Tun würde. Und doch hatte ich das Gefühl, dass ich ihn gerade eben auf dem falschen Fuß erwischt hatte.
Eine Hand legte sich schwer auf meine Schulter und ließ mich erschrocken herumfahren. Zum zweiten Mal an diesem Abend setzte mein Herz für ein paar Sekunden aus. Vor mir stand Semi Eita, die Hände entschuldigend erhoben. Entschuldige. "Ich wollte dich nicht erschrecken."
, gab er schmunzelnd zu. Ich enthielt mich einer Antwort und tat seine Entschuldigung lediglich mit einem Achselzucken ab. Er trat einen Schritt näher an mich heran und ich bedachte ihn mit einem argwöhnischen Blick. Was hatte er vor? "Schau mich nicht so an. Ich habe nicht vor dich zu überfallen.", rief er aus und gluckste leise."Was willst du dann?", wollte ich forsch von ihm wissen und verschränkte meine Arme vor der Brust. Eitas Miene wurde ernst. "Ich habe das eben mitbekommen.", sagte er und scharrte mit seinem Fuß über den Boden. "Das mit Tendō und dir.", setzte er nach, als er meinen fragenden Blick sah. Ich stieß die Luft aus und überlegte, ob er eine Antwort von mir erwartete. Dem schien nicht so, denn er fuhr unbeirrt fort: "Geh nicht so hart mit ihm ins Gericht, Senoo-chan. Er scheint dich irgendwie zu mögen und ich bin mir sicher, dass er dich nicht erschrecken wollte." – er warf mir einen kurzen Seitenblick zu – "Ja, er ist eigen und kann richtig anstrengend sein, aber er ist ganz bestimmt kein böser Mensch. Vielleicht solltest du ihm eine Chance geben?". Eitas Worte verpassten mir einen Stich. Ich wich seinem Blick aus und dachte über das Gesagte nach. Tendō sollte mich mögen? Wie kam er denn auf den Trichter? Wir gingen zwar in eine gemeinsame Klasse, trotzdem kannten wir uns so gut wie gar nicht. Dennoch. Wenn ich so darüber nachdachte, schwärmte er in den letzten Wochen definitiv häufiger um mich herum. Egal wo ich mich in der Schule befand, er war seltsamerweise auch dort anzutreffen. Ich hatte das auf einen bloßen Zufall geschoben. Doch was, wenn es kein Zufall, sondern pure Absicht seinerseits gewesen war? Einige Fragen kreisten in meinem Kopf herum, doch ich entschloss mich die Eine zu stellen, die mich gerade am meisten beschäftigte.
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Was die Liebe und das Leben so mit sich bringt
Короткий рассказEine kleine Oneshot- und Kurzgeschichten-Sammlung von und mit unseren Lieblingsvolleyballern. ☺️