Glatte Worte und schmeichelnde Mienen vereinen sich selten mit einem anständigen Charakter.
- Konfuzius***
„Oh… ist er nicht einfach nur heiß?“. Ich hob den Blick von dem Einsatzbericht, den ich gerade verfasste und schaute irritiert zu meiner Arbeitskollegin – Ai Mori – hinüber. Diese hatte sich in ihrem Stuhl zurück gelehnt, kaute lasziv auf ihrem Kugelschreiber herum und hatte den Blick träumerisch auf einen Punkt, oder vielmehr eine Person, bei den Aufzügen gerichtet. „Wer?“, wollte ich wissen und schob meine Lesebrille zurück an ihren Platz.
Sie blinzelte einige Male, bevor der Bann scheinbar gebrochen war und sie sich mir zuwandte. „Hm?“. Ihr verwirrt fragender Blick ließ mich schmunzeln. „Wer ist heiß?“, wiederholte ich meine Frage und legte den Kopf leicht schief. Ihre Wangen verfärbten sich rosa und sie leckte sich nervös über die Lippen. „H-hab ich das etwa laut gesagt?“. Als ich breit grinsend nickte, senkte sie beschämt den Kopf und blätterte unruhig durch den Stapel an handschriftlichen Notizen die sie ebenfalls noch zu Einsatzberichten umzuformulieren hatte. Mit einem tiefen Seufzen rieb Ai sich über das Gesicht und schaute mich von unten heraus an, während sie auf ihrer Unterlippe kaute. Ich nickte ihr ermutigend zu. „Na ja… es… ich…“.
„Jaaaaa, ich höre?“, ich beugte mich zu ihr herüber und zwinkerte ihr verschwörerisch zu. Sie macht es wirklich spannend. Auf wen sie ihr Augenmerk wohl gelegt hatte? „Kommissar Sawamura…“. Sie sprach so leise, dass ich ihre Antwort fast überhört hätte und in diesem Moment wäre es mir tatsächlich lieber gewesen es nicht gehört zu haben. „Etwa der Kommissar Sawamura?“, wollte ich ungläubig wissen – „Der von der Drogenfahndung?“. Sie nickte kurz. Das konnte doch nicht ihr Ernst sein? Ich setzte mich aufrecht hin und warf nun selbst einen Blick in die Richtung der Fahrstühle. Tatsächlich stand der dunkelhaarige Kommissar am dortigen Empfang und unterhielt sich lächelnd mit einer unserer Empfangsdamen. Oh, wie ich diesen schleimigen Kerl doch verabscheute. Schnaubend schaute ich zurück zu meiner Kollegin, die sich angeregt mit den Nagelbetten ihrer Finger beschäftigte.
„Warum ausgerechnet der?“, fragte ich sie und konnte nicht verhindern, dass ich das ‚der‘ besonders herablassend betonte. Ai hob den Kopf und blickte mich durchdringend an. Dann nahmen ihre Augen einen seltsam verklärten Ausdruck an und, bevor ich es hätte verhindern können, begann sie zu schwärmen: „Weil er einfach ein Sahneschnittchen ist?! Seine Größe, sein Astralkörper und dann auch noch sein gutes Aussehen. Wenn er einen aus diesen schönen, braunen Augen anschaut und dabei noch lächelt… hach. Er ist einfach ein Traum.“. Hätte ich doch bloß nicht gefragt. Ich verzog angewidert das Gesicht und schürzte schließlich die Lippen. Möglich, dass Kommissar Sawamuras Äußerlichkeiten ihn nicht zwangsläufig schlecht aussehen ließen, seine Persönlichkeit und sein Auftreten vor Kollegen dagegen schon. „Was hast du nur gegen ihn?“, hakte meine Kollegin neugierig nach und strich sich durch ihren blonden Pferdeschwanz – „Jedes Mal wenn die Sprache auf ihn kommt, reagierst du total ablehnend. Was hat er dir bloß getan?“. „Das…“, setzte ich an, wurde allerdings von einem Schatten abgelenkt, der sich dunkel über mich legte und mich aufblicken ließ. Vor mir stand niemand anderes als der Kommissar, von dem wir eben noch gesprochen hatten. Ich presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und warf Ai, die puterrot hinter ihrem Computerbildschirm auf Tauchstation gegangen war, einen finsteren Blick zu. Alles deine Schuld!
„Kann ich Ihnen helfen, Kommissar?“, wandte ich mich missmutig an den Dunkelhaarigen, als mir klar wurde, dass ich ihn durch bloßes Ignorieren nicht wieder los wurde. „In der Tat.“, gab dieser zurück und ich nahm im Augenwinkel wahr, wie er sein Gewicht auf sein anderes Bein verlagerte. In der Tat, äffte ich ihn innerlich nach und rollte mit den Augen. Wer redete denn bitte so? „Ich brauche Ihren Dienstwagen.“. „Was?“. Ich fuhr von meinem Stuhl hoch und sah ihn ungläubig an. Sein Lächeln schien nach wie vor in seinem Gesicht festgeklebt zu sein, doch es erreichte seine Augen nicht. Alles gefaked und unecht. Wie seine ganze Art zu sein schien. Während meiner Zeit auf der Polizeiakademie hatte ich mich ein paar Mal gefragt, wie der Echte Daichi Sawamura wohl war, doch ich hatte darauf nie eine Antwort erhalten. Sawamura war aalglatt und er hatte seine gestellte Fassade nahezu perfektioniert. Keine Unebenheiten oder Risse, die es neugierigen Anwärterinnen und Anwärtern möglich gemacht hätten einen Ansatz zu finden um hinter die schleimige Mauer aus aufgesetztem Charme und guter Laune blicken zu können. Ich konnte noch nicht einmal erklären warum ich so eine Abneigung gegen ihn entwickelt hatte, schließlich hatte er mir persönlich nie etwas getan. Eventuell lag es daran, dass er schon den Rang einen Kommissars bestritt und kurz davor war zu einem Hauptkommissar aufzusteigen, obwohl er nur ein Jahr vor mir die Polizeiakademie abgeschlossen hatte. Er war, wie es das ganze Department zu sagen pflegte, ein Ausnahmetalent, ein Überflieger der es noch ganz weit bringen würde. Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass die Dezernate der Drogenfahndung (zu dem Sawamura gehörte) und der Kapitalverbrechen nicht grün miteinander waren und in regelmäßigen Abständen ein Wettstreit über die gelösten Fälle und entsprechenden Festnahmen ausbrach, die nicht unbedingt auf sportlicher Ebene ausgetragen wurden.
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Was die Liebe und das Leben so mit sich bringt
ContoEine kleine Oneshot- und Kurzgeschichten-Sammlung von und mit unseren Lieblingsvolleyballern. ☺️