In deinen Händen sind meine Zeiten, mein ganzes Leben, alle Tage, Stunden und Augenblicke.
- Martin Luther&
Will das Glück nach einem Sinn,
Dir was Gutes schenken,
sage Dank, und nimm es hin
ohne viel Bedenken.
Jede Gabe sei begrüßt,
doch vor allen Dingen:
das, worum Du Dich bemühst,
möge Dir gelingen!
- Wilhelm Busch***
Verzweifelt saß ich am Esstisch in unserem Wohnzimmer und brütete über der vor mir liegenden Aufgabe. Wieso war das noch einmal mein Hobby? Ich hatte keine Ahnung. Ging ich zu Beginn jeder neuen Aufgabe mit einer Menge Euphorie und Enthusiasmus an die ganze Angelegenheit heran, war davon schon ziemlich bald nichts mehr zu sehen. Frustration und Verzweiflung, weil es nicht so funktionierte, wie es eigentlich sollte, schlichen sich unglaublich schnell ein und dann war es für mich an der Zeit eine Pause zu machen. Gerade schien ich wieder an diesen Punkt zu kommen.
Hinter mir erklangen Schritte, die mich aufsehen ließen. Ein warmes Paar Arme schlang sich um meine Schultern und hielten mich zärtlich umschlossen. „Was machst du da?“, wollte mein Mann von mir wissen. Eine Duftwolke seines Duschgels umfing mich und ließ mich erahnen, dass er gerade eben aus der Dusche gekommen sein musste. „Nach was sieht es denn aus?“, entgegnete ich murrend und starrte finster auf den Esstisch hinab. „Nach einem neuen Puzzle.“. Ich schmunzelte leicht und legte tief durchatmend meine Hände auf seine Unterarme, genoss die Ablenkung von dem Durcheinander an kleinen, beigen Puzzleteilen, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, mich an dem heutigen Abend in den Wahnsinn zu treiben. „Ich kann wirklich nicht verstehen, dass es dir Spaß macht über diesen kleinen Teilen zu brüten.“. „Na ja.. Als Spaß würde ich es nicht unbedingt nennen. Eigentlich ist es eher Entspannung für mich.“, antwortete ich sanft und begann mit den Härchen auf seinem Arm zu spielen.
„Eigentlich?“, der dunkle Bass seines Lachens durchbrach die Stille des Raumes und ließ seine Brust an meinem Rücken vibrieren. „Ja.“, erwiderte ich bestimmt und ließ von seinen Armen ab um nach einem Puzzleteil zu greifen und es enthusiastisch an ein Anderes zu setzen. Ein triumphierender Ausruf entwich mir, als die Teile ohne Probleme ineinanderglitten und zu passen schienen. Das war der beste Teil an diesem Hobby – das Gefühl, wenn zwei Teile zusammenpassten, das Bild Formen annahm und sich nach und nach zu zeigen begann. Bokuto ließ von mir ab und legte seine Hände stattdessen auf meine Schultern. Sanft begann er diese zu massieren, während er – ungewöhnlich still für seine Verhältnisse – mir eine Weile dabei zusah, wie ich mich weiter abmühte. Als er schließlich den Stuhl neben mir zurückzog, sich setzte und dabei begann mir zu helfen, hob ich überrascht den Blick.
Er sah mich grinsend an und sagte achselzuckend: „Ich dachte, ich probier es einfach mal. Vielleicht entspannt es mich ja auch.“. Grinsend schüttelte ich den Kopf und machte mich wieder an die Arbeit. Zwei Stunden später, war ich für den heutigen Abend bedient. Meine Konzentration war restlos aufgebraucht. Gähnend lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück, streckte die Arme in die Luft und begann mich ausgiebig zu dehnen. Bokuto saß nach wie vor neben mir am Tisch und schien gerade einen Lauf zu haben. Er hatte die Zunge hochkonzentriert zwischen den Lippen vorgeschoben und seine Augen flogen unermüdlich über den Tisch. Ein Teil nach dem anderen fand seinen Platz und es schien nicht so, dass dies so schnell ein Ende finden würde. Glücklich betrachtete ich ihn dabei, wie er in meinem Hobby aufzugehen schien und wunderte mich doch sehr über seine plötzliche Sinneswandlung.
In all den Jahren unserer Beziehung, hatte er es vorgezogen über meine Liebe zum Puzzlespielen zu lachen und sich über mich lustig zu machen. Seiner Meinung nach, war das ein Zeitvertreib für Omis, die nichts Spannenderes mehr von ihrem Leben zu erwarten hatten. Ich hatte die ganze Sache mit Humor genommen und, in den meisten Fällen, mit einem Achselzucken abgetan. Bokuto war ein impulsiver Macher. Daher konnte ich nachvollziehen, dass Puzzle nicht so sein Ding waren. Schließlich musste man hierbei für eine längere Zeit, ruhig an einem Fleck sitzen bleiben und sich konzentrieren. Wenn ich ehrlich war, hätte ich mir meinen Mann auch nicht wirklich dabei vorstellen können. Länger als fünf Minuten still zu sitzen, war für ihn eher eine Qual. Die einzigen Ausnahmen bildeten hier unsere regelmäßigen Film- und Kuschelabende, Busfahrten zu seinen Auswärtsspielen und wenn er schlief.
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Was die Liebe und das Leben so mit sich bringt
Historia CortaEine kleine Oneshot- und Kurzgeschichten-Sammlung von und mit unseren Lieblingsvolleyballern. ☺️