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„Okay, versuchen wir es nochmal.", sagte Jake voller Entschlossenheitund ich sah ihn unmotiviert an. Seit meinem Anfall gestern, hab ich nur wenig geschlafen und als ich heute aufgewacht war, wollte ich mich eigentlich vom Training drücken, aber es war erst das zweite und wenn ich jetzt schon nicht richtig mitmachen würde, würde sich der ganze Aufwand nicht lohnen. Meine Chance würde sich in Luft auflösen und irgendwas in mir sträubte sich stark dagegen jetzt schon aufzugeben. Also bin ich trotz Bedenken, schmerzenden Knochen und dunklen Augenringen aufgestanden, habe eine Schimpfparade von Isabella über mich ergehen lassen und bin hierher, in das verdammte Tanzstudio gekommen. Tief holte ich Luft als Jake sich hinstellte um mich erneut hoch zu heben, wir arbeiteten weiterhin an dieser Hebefigur die uns nicht gelingen wollte.

Mit vor Konzentration verengten Augen fing ich an mich zu bewegen und setzte zur Drehung ein. Mein lockeres Top strich dabei elegant und doch gleichzeitig ungebändigt über meinen Körper und ich machte den Schritt zur Seite. Mit Schwung drehte ich meinen Rücken zu Jake und er fing mich auf, drückte mich an sich wo ich mich an seine Brust lehnte und versuchte mich hoch zu heben.

Eine seiner Hände wanderte unter meine Kniekehlen und hob mich vorsichtig hoch, während seine andere Hand meine Taille umschloss und mich in die richtige, waagerechte Position brachte. Doch noch während er versuchte mich hoch über sich  zu halten, spürte ich wie mein Oberkörper sich trotz Körperspannung nach hinten beugte und Jakes Hände langsam von meinen Unterschenkel hoch zu meinen Oberschenkel rutschte und der Griff stärker wurde, damit ich nicht falle. Doch so kam ich aus der waagerechten Position und krümte mich irgendwie.

„Okay, okay, stop. So wird das nichts.", keuchte ich, als er mich wieder runter ließ. „Das war schon besser als gestern, aber irgendwie krieg ich dich nicht gerade nach oben.", seufzte Jake und strich sich durch das blonde Haar, während seine Augen mich entschuldigend ansahen. „Du bist nicht schuld, ich schaffs auch nicht mich gerade zu halten, irgendwie Kippe ich immer zurück.", beruhigte ich ihn und rieb mir über mein Bein, Jakes Griff war wirklich stark. „Vielleicht sollten wir morgen dann nochmal die Figur üben und heute den zweiten Teil der Choreografie zusammenstellen?", fragte er mich. Mit einem Nicken gab ich ihm mein Einverständnis und zog mir meine Jacke an „dann bis morgen.".

„Ähm Kate?", rief Jake mir zu, als ich gerade die Tür öffnete. „Hm?", fragend drehte ich mich zu ihm um. „Also hör mal, hättest du vielleicht Lust heute irgendwohin zu gehen?", nervös huschte sein Blick überall hin nur nicht zu mir „also mit mir?". Hat er etwa nicht erkannt wie sehr Lira ihn mag?!Entschuldigend legte ich den Kopf schräg „Tut mir Leid Jake, aber ich bin echt die falsche die du fragst.". „Oh, ähm okay, schon verstanden.", verlegen sah er mir schließlich doch in die Augen und sein sonst so helles Grün, würde etwas trüber. „Ich mag dich Jake, echt, aber nur als Freund.", erklärte ich ihm und strich mir unwohl die Haare hinter meine Ohren. Stumm nickte er und hob seine Tasche auf. „Du solltest mal die Augen aufmachen, es gibt da noch mehr Mädchen, die was von dir wollen.", lächelte ich ihm unsicher zu und sofort hellte sich sein Blick wieder auf und er lächelte mich ehrlich an. „Ist schon gut Kate, aber Freunde bleiben wir auf jeden Fall.", grinste er mich zuverlässig an und ich tat es ihm erleichtert nach ehe ich durch die Tür verschwand.

Schnell verließ ich das Studio und machte mich auf den Weg nach Hause. Hoffentlich erkennt er, dass Lira die bessere Variante für ihn wäre.

Nachdenklich lief ich weiter und bog in eine Seitenstraße ab. Nochmal würde ich nicht direkt an der Straße laufen, dass letzte mal hätte mir eindeutig gereicht. Mit einem schwachen Lächeln musterte ich das Graffiti an den Wänden. Die bunten Farben überdeckten das dreckige Orange und verliehen der Umgebung etwas besonderes. „Vielleicht sollte ich wieder damit anfangen, solange ich es noch kann?", murmelte ich nachdenklich und blieb stehen um eines genauer anzusehen. Doch als ich mich gerade in die Straßenkunst vertiefen wollte, erklang ein lauter Knall, der mich aufschrecken ließ.

Irritiert sah ich mich um, doch nirgends war etwas zu sehen. Erneut erklang ein Knall und ich schrecke zurück. Doch diesmal verstand ich woher er kam und schlich vorsichtig zur Ecke. Jeder normale Mensch wäre jetzt sicher umgedreht und so schnell es geht davongerannt, aber meine Neugier war einfach zu groß. Wahrscheinlich wirst du es bereuen.
Trotzdem lugte ich vorsichtig um die Ecke herum und hielt erschrocken die Luft an, als er erneut mit gegen die Mülltonne schlug.

Dort stand Noah. Inmitten einer dreckigen Gasse mit einer Eisenstange stand er da und schlug blindlinks, wild fluchend auf irgendeinen Schrott ein. Vorsichtig kam ich herum, er hatte mich noch nicht entdeckt. Zu sehr war er darauf konzentriert die Metallstange in seiner Hand durch die Luft zu schwingen. Deine Chance abzuhauen und so zu tun, als ob nie etwas gewesen wäre. Aber als er auch noch anfing mit meiner freien Hand, die zu einer Faust geballt war, blutig zu schlagen, hatte ich mich entschieden und ging mit schnellen Schritten auf ihn zu.

„Noah!", rief ich, als er die Stange erneut hob. Abrupt stoppte er und drehte sich mit wehenden Haaren zu mir um. Seine sonst so dunkelblauen Augen, waren blutunterlaufen, in seinem Gesicht schimmerten noch feuchte Tränen, seine Lippe war etwas aufgeplatzt und sein gesamter Ausdruck war wie bei einem Irren. Erschrocken von diesem Anblick trat ich einen Schritt zurück, doch wand den Blick nicht von ihm ab. „Noah, was soll das?", fragte ich das erstbeste was mir einfiel. Stumm sah er mich an, wie ein scheues Reh beobachtete er jede meiner Bewegungen, als ich vorsichtig auf ihn zukam. Mein eigener Blick huschte immer von seinen Augen zu der Stange und zurück. Noch bevor ich ihn erreicht hatte, kam mir der Alkoholgestank aus seinem Mund entgegen und ich presste die Lippen aufeinander. „Bleib weg von mir!", schrie er plötzlich wütend auf, als ich eine Hand nach ihm ausstreckte. Mit einem gefährlichen Knurren hob er erneut die Stange und schlug gegen die Wand. Sofort blieb ich wie erstarrt stehen, doch als er mit seiner blutigen Hand auch dagegen schlagen wollte, legte ich meine Hand schnell auf seine zitternden Schultern. Ich spürte wie er sich augenblicklich versteifte. Fast hatte ich schon die Hoffnung, dass er das Stück Eisen jetzt fallen lassen würde, doch er schüttelte mich nur grob ab und schubste mich zu Boden, als ich erneut auf ihn zugehen wollte. „Verpiss dich einfach!", brüllte er und schlug nach mir. Schützend hob ich meine Arme und keuchte erschrocken auf, als die Stange mit einem lauten Rumpeln neben mir aufschlug. Ich wusste, ich würde es bereuen.

„Noah, hör auf!", ich gab meiner Panik nicht nach und erhob mich wieder. Als er mit seiner Hand erneut auf die Mauer schlagen wollte, fing ich sie auf und zwang ihn mich anzusehen. Wild traf sein Blick auf meinen ruhigen und er beugte sich nach vorne, so das sein stinkender Atem sofort gegen mich prallte. „Noah, lass los.", flüsterte ich, als sich unsere Nasenspitzen fast berührten. Beim Klang meiner Stimme schienen sich seine Augen langsam zu klären und mit der Hand, mit der ich gerade noch sein Gesicht festgehalten hatte, wanderte ich zu seiner Hand die die Stange hielt. Langsam ließ er sie in meine Hand gleiten und ohne den Blick von ihm zu nehmen, warf ich sie irgendwohin weg. Scheppernd fiel die Stange zu Boden, doch keiner von uns sah weg.

Vorsichtig strich ich ihm die Tränen von den Wangen, weil ich es nicht ertragen konnte, den sonst so arroganten,starken Jungen so kaputt, beinnah verloren zu sehen. „Komm ich bring dich nach Hause, damit du deinen Rausch ausschlafen kannst.", flüsterte ich plötzlich von seinem Blick eingeschüchtert. Doch gerade als ich meine Hände von ihm nehmen wollte, griff er danach und beugte sich noch ein Stück nach vorne. Unfähig etwas zu machen sah ich zu, wie er die letzten Millimeter zwischen uns überbrückte und seine Lippen auf meine drückte.

Heartbeat(ABadboyStory)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt