56. ,,Der Abschied fiel noch nie so schwer..."

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Meine Mutter trat schweigend zu mir und steckte mir die Bluse ordentlich in meinen Rock, wie sie es immer tat, wenn sie um Fassung rang.

"Maddy, beruhige dich...", flüsterte sie mir zu, ihr Gesicht blass und ihre Stimme zittrig. "Ich bin stolz auf dich."

Ich zwang meinen Atem ein langsameres Tempo einzunehmen.

Ich würde schon noch einen Weg finden.

Und wenn ich mit Dad fliehen musste.

"Das ist mein Mädchen..."

Einige Zeit geschah nichts, nur die Sicherheitstrolle grunzten gelangweilt vor sich hin, bis sich die Tür endlich öffnete und Dumbledore hinaustrat.

"Du kannst rein, Madison", sagte er und streckte seine Hand aus. "Aber ich fürchte, den Zauberstab muss ich dir abnehmen."

Zögernd zog ich ihn unter meinem Gürtel hervor und händigte ihm meinen Stab aus, bevor ich mich an ihm vorbei in das dunkle Büro schob und sich die Tür hinter mir schloss.

"Made...", murmelte Dad überrascht, der sich erschöpft auf dem Boden neben dem Schreibtisch niedergelassen hatte und sein Gewicht gegen das Holz lehnte. "Was machst du hier? Du solltest im Krankenflügel sein..."

Wortlos trat ich an ihm vorbei zu den Schränken, die vollgestopft mich Büchern waren.

"Wir haben nicht viel Zeit", sagte ich nur atemlos und betrachtete ganz genau jedes Buch.

Es wäre nicht das erste Mal, dass sich ein Geheimgang hinter einem Bücherregal befunden hätte, doch dies war nicht der Fall.

Ich trat zum Schreibtisch und riss wahllos die Schubladen auf, auf der Suche nach, keine Ahnung , einem Wunder.

"Maddy..."

Erst jetzt fielen mir die vielen Fenster auf, auf die ich zuschritt und schließlich alle nach ihre Abgeschlossenheit prüfte.

"Wenn wir sie mit irgendwas einschlagen, können wir vielleicht über die Dächer klettern und-"

"-Maddy...", sagte Dad nochmal leise, doch ich wollte nicht hören, was er mir  zu sagen hatte.

"Hätte ich den Patronus gekonnt, wärst du jetzt gar nicht in dieser Lage...", murmelte ich leise und hob einen Briefbeschwerer an, der schwer genug war, um eines der Fenster einzuschlagen. "...Aber wenn wir über die Dächer ins nächste Zimmer steigen, können wir vielleicht-"

"-Madison!", unterbrach mich Dad mit strenger Stimme und brachte mich zum Verharren. "Es ist okay... Ich bin dir sehr dankbar, für alles, was du für mich getan hast... Es tut mir leid, dass ich dir den Gefallen nicht mehr zurückzahlen kann."

Er machte eine kleine Pause, als müsse auch er nach Fassung ringen.

"Ich bin so stolz auf dich, meine kleine Made, und deiner Mutter bin ich so dankbar, mir so ein ein wundervolles Kind geschenkt zu haben."

In der Dunkelheit, die nur vom Vollmond durch die Fenster beleuchtet wurde, sah ich, wie Tränen in seinen Augen glitzerten.

"Sag das nicht so, als stünde es schon fest", schluchzte ich und schnappte nach Luft, um nicht komplett in Tränen auszubrechen.

"Du hast alles versucht, Maddy..."

"Hätte ich alles versucht, wärst du nicht hier!"

Tränen flossen nun unablässig meine Wangen hinunter.

"Ich lasse dich nicht sterben, Dad! Das lasse ich nicht zu!"

"Komm her...", murmelte er leise und zog eine Kette aus der Kleidung, die ich ihm von meinem Stiefvater gestohlen hatte.

Ich hatte die Kette öfter bemerkt, aber wenn immer ich meine Augen auf sie gelegt hatte, hatte mein Vater sich bemüht, sie schnell unter seine Klamotten zu stopfen.

Es war eine angelaufene Silberkette mit einem Ring.

"Die haben ich und deine Mutter getragen, als sie gezwungen wurde, Reg zu heiraten... Wir wollten Grass über die Sache mit meinem Bruder wachsen lassen und uns dann vermehlen, aber solange durfte niemand unsere Ringe sehen", erzählte er mir leise und ich hatte das Gefühl, er sagte das alles nur, um mich zu beruhigen, währendem er dem Dementorenkuss immer näher kam. "Hier, nimm sie..."

"Du brauchst sie selber", widersprach ich und schüttelte wehement den Kopf. "Du wirst nicht geküsst, Dad!"

Er legte sie mir an, ohne auf mich zu hören und legte seine Hände auf meine Schulter, ehe er mich so väterlich anlächelte, dass mir erneut die Tränen in die Augen schossen.

"Es tut mir leid, dass ich so in dein Leben gestolpert bin und jetzt so schnell wieder verschwinde..."

"Nein, nein, nein!"

Er zog mich in eine Umarmung, die so fest war, dass sich etwas von meinem Körper löste, was nicht dazu gehörte.

Mit einem hölzernen Klang fiel es auf dem Boden.

Wir stoben außeinander und starrten beide den Zauberstab an, der zu unseren Füßen lag.

"Das ist nicht meiner...", sagte ich verdutzt, als Dad ihn aufhob.

"Das ist der meines Bruders...."

"Mum muss ihn mir in den Rockbund geschoben haben, als..."

Für eine sehr kurze Zeit, starrten wir uns einfach nur an, bevor wir auf die Fenster zustürzten.

"Alohomora!", flüsterte Dad und tippte eines der Fenster an, die einfach aufsprangen.

"Dad, ruf meinen Besen!", sagte ich eindringlich. "Er steht bei uns in de-"

Ich verstummte , als eine Sillhouette auf uns zugeflogen kam, die sich nach ein paar weiteren Sekunden als Hippogreif entpuppte.

"Wie...Wie?", fragte mein Vater Harry und Hermine erschöpft und ich starrte das Tier an, von dem ich gedacht hatte, dass es bereits tot war.

Hingerichtet von Macnair...

"Steig auf. Wir haben keine Zeit zu verlieren! Du musst fliehen, die Dementoren kommen...", keuchte Harry hastig und hatte ordentlich damit zutun, Seidenschnabel ruhig zu halten.

Mein Dad drehte sich zu mir um und öffnete den Mund, doch ich winkte ab.

"Ich hab dir doch gesagt, es wird nicht passieren! Jetzt beeilt euch! Ich denke nicht, dass ich euch noch viel Zeit verschaffen kann!"

Dad schwang in sekundenschnelle ein Bein über den Rücken des Hippogreifen und sah mich noch kurz an, bevor Seidenschnabel sich vom Dach abstieß und wieder durch die Luft segelte.

Zitternd schloss ich das Fenster und ließ den Tränen freien Lauf.

Er hatte es geschafft!

Aber ich musste mich beeilen.

Solange ich noch so aussah, konnte ich den ankommenden Lehrern noch begreiflich machen, ich hätte mich unter Tränen von meinem Dad verabschiedet, der noch immer im Büro saß.

"Hast du dich verabschiedet, mein Kind?", fragte Fudge, den ich fast anrempelte, sobald ich auf den hellen Gang hinaus trat.

Ich nickte nur und warf mich meiner Mutter in die Arme, die die Umarmung so fest erwiderte, dass ich dachte, ich müsse ersticken.

"Hat er es geschafft?", hauchte meine Mutter mit zittriger Stimme.

Ich nickte nur kaum merklich.

"Harry und Hermine kamen auf einmal mit Seidenschnabel, bevor wir meinen Besen rufen konnten...", flüsterte ich.

"Möchten Sie das wirklich mit ansehen?", mischte sich McGonagall ein und schaute mich und meine Mutter besorgt an.

"Ich denke, ich sollte Maddy in den Krankenflügel bringen...", stimmte Mum meiner Hauslehrerin zu und bedeutete mir, den Weg in die unteren Stöcke anzutreten.

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101 Wege, um die Aufmerksamkeit von Cedric Diggory zu gewinnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt