Kapitel 10: Geschichten am Kamin

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Éowyn hatte gewartet, bis die Kinder aufgegessen hatten und sie dann aus der Halle geleitet, damit sie sich ausruhen und schlafen konnten. Auch Gandalf, Aragorn und Legolas hatten sich zurückgezogen. Allein Gimli saß noch immer am Tisch und aß. Ivriniel war beeindruckt von dem Durchhaltevermögen, das der Zwerg bei dieser Beschäftigung an den Tag legte.

Gemächlich ging sie auf den Tisch zu.

„Darf ich mich setzen?", fragte sie, als sie schließlich direkt davor stand.

Gimli zuckte mit den Schultern. Es war immerhin keine aktive Ablehnung ihrer Frage, also setzte sie sich.

Sie hatte sich vorgenommen, ihre neuen Gefährten besser kennen zu lernen. Noch am vergangenen Tag hatte sie nichts von ihnen wissen wollen – warum auch? Sie war der Meinung gewesen, nichts weiter mit ihnen zu tun zu haben. Weshalb hätte sie sich also näher mit ihnen beschäftigen sollen? Doch nun hatte sie akzeptieren müssen, dass sie eine gewisse Zeit mit ihnen verbringen würde.

Eine Weile beobachtete sie einfach nur, wie der Zwerg das Fleisch von einem Knochen nagte. Dann schließlich erhob sie doch die Stimme.

„Es tut mir leid, dass ich die Suche nach euren Freunden etwas verzögert habe."

Gimli winkte ab.

„Wenn Gandalf sagt, dass sie nicht direkt in Gefahr sind, dann können wir alle damit leben, denke ich", erwiderte er.

Wieder folgte Stille.

„Verzeiht, dass ich nicht sonderlich höflich zu Euch war", sagte sie schließlich und schluckte ihren Stolz hinunter. Sie wollte sich mit ihm gut stellen, wenn sie noch eine Weile zusammen reisen würden.

Gimli sah auf.

„Ihr Elben seid schon ein komisches Volk", meinte er.

„Man meint, man würde euch kennen und doch überrascht ihr unsereins immer wieder. Ein Elb hat sich noch nie bei mir entschuldigt. Was auch daran liegen mag, dass ich noch nicht so vielen von deiner Sorte begegnet bin. Und das, obwohl ich schon mehr Elben gesehen habe als die meisten in meinem Volk."

Ivriniel sah ihn erstaunt an. Mit einem derartigen Redeschwall hatte sie nicht gerechnet. Bisher hatte Gimli sich auf kurze Zwischenbemerkungen beschränkt. Sie hatte ihn für etwas maulfauler gehalten.

„Wie vielen Elben seid Ihr denn bereits begegnet", wollte sie wissen.

„Am Hof des Herrn Elrond schwirrten sie überall durch die Gänge", antwortete der Zwerg.

„Und natürlich kenne ich Legolas, unser Elbenprinzlein, aber auch in Lothlórien bei der Herrin Galadriel habe ich viele von Eurem Volk gesehen."

Ivriniel horchte auf.

„Ihr wart in Lothlórien?"

„Nachdem der Balrog in den Minen von Moria Gandalf mit sich in die Tiefe gerissen hatte, setzten wir unseren Weg zu acht weiter fort. Lothlórien war unser nächstes Ziel. Dort konnten wir verschnaufen und unsere Vorräte wieder auffüllen."

Er machte eine kurze Pause.

„Und die Herrin Galadriel gab jedem von uns ein Geschenk mit", fügte er hinzu.

„Welches Geschenk gab sie Euch?", fragte Ivriniel interessiert.

„Ich fragte sie nach einer Strähne ihres goldenen Haares und sie gab mir drei." Verträumt blickte er in die Ferne.

Ivriniel lächelte. Das schien wohl das größte Geschenk zu sein, das Galadriel dem Zwerg jemals hätte machen können.

„Erzählt mir von Eurer bisherigen Reise und von Euren Gefährten", bat sie.

Sternenlicht - Legolas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt