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»I need the sun to break, you've woken up my heart
I'm shaking, all my luck could change
Been in the dark for weeks and I've realized you're all I need
And I hope that I'm not too late«

Need The Sun To Break - James Bay

„Wir müssen dir was sagen." Was soll nur aus einem Tag werden, wenn es schon zu los geht? Vor allem wenn diese Worte aus dem Mund meines Vater kommen, der die Hand seiner schwangeren Freundin hält, die halb so alt wie er ist und genauso gut meine große Schwester sein könnte. Alles was ich will, ist Frühstücken. Kann ich das vielleicht noch? In Ruhe mein Müsli essen? „Sicherlich kannst du es dir schon denken, aber Jessica und ich haben beschlossen zusammen zu ziehen. Das Baby kommt in vorhersehbarer Zukunft und sie ist eh fast die ganze Zeit hier. Sie hat ihre Wohnung zum nächsten Monat gekündigt."

Ich sage einfach nichts. Es gibt da auch nicht viel zu sagen. Seit Jessica regelmäßig hier ist, hat sie kaum mit mir geredet und wenn es sich nicht schon herumgesprochen hätte, würde mein Vater das ganze in der Schule unter einen riesigen Teppich kehren.

Nach einer Weile schiebt mein Vater mir mein Essen zur Seite. „Lucas, du kannst es nicht totschweigen. Komm endlich über deine Mutter hinweg und alzeptiere meine Entscheidung. Sag' wenigstens irgendwas dazu."

„Ganz ehrlich? Ihr hättet mich wenigstens Fragen können." Zwei weitere Menschen in dieser Wohnung? Das Penthouse ist groß, aber ich kann es mir trotzdem kaum vorstellen.

„Das ist immer noch meine Wohnung, es hätte nichts an der Entscheidung geändert." Wenigstens ist er ehrlich. „Du kannst ja in mein Büro umziehen oder wir machen aus deinem Zimmer zwei Räume. Mal schauen."

Auf einen Schock folgt der nächste. Mein Zimmer ist der einzige Raum hier, in dem ich mich halbwegs wohl fühle. Sein Büro ist winzig und mein Zimmer so gut wie es ist. Wenn er sein Büro ausräumt und ein Bett reistellt, ist das wirklich ein gutes Zimmer für win Kleinkind. Bis das Baby dann groß ist, bin ich eh ausgezogen. „Mich aus meinem Zimmer zu schmeißen geht zu weit."

Ich stehe einfach auf und gehe an den Ort, den sie mir nehmen wollen. Kein Plan, von wem diese Idee ausging, aber sie ist bescheuert. Wenn Jessica das meinem Vater eingeredet hat, kann ich sie mit recht nicht leiden. Meine Musik stelle ich auf die höchste Lautstärke. Schon traurig, wie ich immer genau das gleiche mache, wenn ich auf irgendwas sauer bin.

Die Kombination aus den Plänen meines Vater und Aaron, der sich nicht mehr meldet ist keine gute. Wenigstens geht es meiner Mutter wieder besser und ich muss mir keine Gedanken um sie machen. Jessica, die bei uns einzieht und die Sache mit Aaron sind aber auch genug. Irgendwo in meinem Kopf spukt auch noch Sophie herum, die nicht sagt was lost ist.

Je mehr ich darüber nachdenke, dass Jessica bald hier einzieht und mit dem Baby meines Vaters hier wohnt um heile Familie zu spielen, desto weniger gefällt es mir. Ich muss hier raus, sonst beschädige ich noch die Einrichtung.

Wie in Trance packe ich mir ein paar Sachen zusammen und gehe einfach. Jessica und mein Vater versuchen mir aufzuhalten, aber wirklich Mühe geben sie sich nicht. Sie klingen wie ein entferntes Echo und wie von alleine tragen mich meine Füße irgendwo hin. Eigentlich gibt es keinen Ort, an den ich jetzt gehen kann, aber mein Unterbewusstsein steuert meine Füße irgendwo hin. Erst als ich vor dem Haus der Familie Grimaldi stehe, wird mir klar, wo ich bin. Ein Ort, an dem ich mich irgendwie wohl gefühlt habe. Mehr Zuhause als in meinem tatsächlichen Zuhause.

Nachdem ich geklingelt habe, ist es nicht Aaron, der mir aufmacht. Vor mir steht Nicole. Sie sieht die Taschen in meiner Hand. „Lucas? Komm rein. Was ist los mit dir, du siehst nicht gut aus."

Sie nimmt mir mein Zeug ab und wir gehen dann ins Wohnzimmer. Elena, die am Esstisch etwas malt wird von ihrer Mutter weggeschickt. Wir setzen uns. „Bitte sag, wenn dich die Zwillinge stören." Sie schaut zu Matteo und Andrea, die ein Videospiel spielen. „Kann ich dir was zu trinken bringen? Aaron ist mit seinem Vater einkaufen, du wolltest bestimmt zu ihn. Dich bedrückt etwas, das sehe ich. Wenn du willst, kannst du gerne mit mir darüber reden."

Nicole ist so lieb. Da hat Aaron wohl nicht erwähnt, dass er beschlossen hat den Kontakt zu mir abzubrechen. Belassen wir es dabei. „Die Freundin meines Vaters will bei uns einziehen und ich komme damit nicht so gut klar."

„Oh, das tut mir leid. Ich hoffe das ändert sich bald. Du kannst ein paar Tage hier schlafen, wenn du etwas Abstand brauchst. Unser Sofa ist frei und Freunde von meinen Kindern sind an meinem Tisch immer willkommen. Aaron freut sich bestimmt, wenn du hier bist, jetzt da ihr euch nicht mehr auf der Arbeit seht." Ich bezweifle, dass er sich über meine Anwesenheit freuen wird.

Wie auf Kommando hört man die Haustür und Herrn Grimaldi, der „Wir sind wieder da" durch das Haus ruft. Die beiden kommen ins Wohnzimmer und Aaron bleibt wie angewurzelt im Türrahmen stehen. „Lucas?"

„Hi", sage ich leise, „Können wir reden? Vielleicht oben in deinem Zimmer oder so..."

Er nickt. „Äh, ja. Klingt gut."

Ich bedanke mich bei Nicole für alles und gehe mit Aaron hoch. Sobald die Tür im Schloss ist, lasse ich mich auf den Boden sinken. „Tut mir leid. Du willst keinen Kontakt mehr und ich komme hier her. Ich wusste einfach nicht wo ich hin soll."

Aaron setzt sich zu mir auf den Boden. „Ich muss mich entschuldigen. Mich plötzlich nicht mehr zu melden und Abstand von dir zu nehmen, war nicht okay. Glaub mir, ich hab's bereut, wusste aber nicht, wie ich wieder auf dich zugehen sollte. Ich habe dich vermisst und will dich nicht verlieren." Da sind wir dann zwei. „Dass du mich sehen wolltest ist aber nicht unbedingt der Grund, warum du hier bist, oder?"

„Ertappt." Ihn zu sehen ist nur ein Nebeneffekt, über den ich mich nicht beschweren will. Ich erzähle ihm von den Plänen von meinem Vater und Jessica und wie ich mich damit fühle. Als ich anfange zu weinen, fühle ich mich wie ein Weichei. Mein Vater hat einfach nur eine neue Freundin, sie erwarten ein Kind und wollen zusammen ziehen. An sich ist doch nichts Schlimmes daran. „Ich habe das Gefühl ich reagiere total über."

Aaron nimmt mich in den Arm. „Du musst dich nicht für deine Gefühle rechtfertigen. Wenn du jemals das Gefühl hattest, du müsstest das mir gegenüber, dann muss ich mich aufrichtig bei dir dafür entschuldigen. Es war nicht meine Absicht, manchmal macht einem einiges einfach extrem Angst."

Ich weiß genau wovon er redet, weiß aber nicht was ich jetzt dazu sagen soll. Mein Kopf ist gerade mit anderen Dingen beschäftigt.

„Es gibt da noch ein paar Dinge, die wir mit offenen Karten besprechen sollten, damit wir uns nicht weh tun, aber nicht in deinem Zustand. Bleib hier solange du es brauchst. Das ist für meine Familie sicherlich okay." Da hat er recht. Nicole hat mir ja genau das selbe Angebot gemacht. „Sag aber zu Hause bescheid, damit sich niemand Sorgen macht. Danach kannst du in Ruhe erstmal hier bleiben und deine Gedanken sortieren und den Schock verarbeiten, den dein Vater dir da verpasst hat und dann, wenn es dir besser geht, können wor beide über das sprechen, was unbedingt geklärt werden muss zwischen uns."

„Klingt nach einem guten Plan", sage ich, zwinge mich zu einem Lächeln und erwidere Aarons Umarmung.

Fehlkonstruktion [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt