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»When life takes its own course
Sometimes we just don't get to choose
I'd rather be there next to you
Promise you'll wait for me, wait for me
Wait till I'm home«

Already Home - A Great Big World

„Lucas, ich kann ja verstehen, dass du mal weg musstest, aber du hättest doch mit Sophie und reden können. Wir wollen dir helfen und sind immer für dich da. Alex auch. Er wollte mitkommen, aber ich kann mir vorstellen, dass du ihn nicht hier haben willst, da du ja nicht so viel über deine Mutter sprichst." Aaron greift nach meiner Hand, doch ich ziehe sie weg.

„Mehr als mit dir reden können wir nicht", sagt Sophie, die das ganze Prozedere zwischen Aaron und mir beäugt, „Es ist halt nicht schön zu sehen wie es dir schlecht geht und nichts richtig dagegen tun zu können. Rede bitte wenigstens mit uns."

Das Gefühl kenne ich nur zu gut. Ich weiß genau, dass es meiner Mutter manchmal alles andere als gut geht und sie versucht stark zu sein und will mich nicht belasten, also sagt sie einfach gar nichts. Wie sehr ich mir manchmal einfach nur wünsche, dass sie mit mir redet... so will ich mich nicht meinen Freunden gegenüber verhalten, aber es ist schwer.

Aaron schaut mich an und ich habe das Gefühl er liest meine Gedanken. „Lass' dir ruhig Zeit. Sophie hat in der Schule gesagt sie ist krank und die eine Vorlesung über Ältere Deutsche Literatur nachher muss ich mir echt nicht geben und Anwesenheitspflicht ist da eh nicht. Wir können also so lange bleiben, wie es nötig ist. Wenn du uns absolut gar nicht hier haben willst, ist das natürlich auch okay und wir verschwinden wieder."

„Nein... irgendwie schön, dass ihr hier sein. Ein bisschen hab ich euch schon vermisst." Sie haben ja nichts falsch gemacht. Dass sie hier sind ist ein Ausdruck davon, dass sie sich Sorgen machen und das ist doch ein Freundschaftsbeweis. Auch wenn sie mich an die Sache mit meinem Vater erinnern und auch involviert sind, sind sie immer noch meine Freunde und jetzt wo sie hier sind, merke ich schon, wie sehr ich sie eigentlich vermisst habe. „Ich hab's bei meinem Vater nicht mehr ausgehalten... ihn praktisch den ganzen Tag zu sehen und zu wissen, was er getan hat, war zu viel für mich."

„Du hättest zu mir gehen können oder so, bevor du verschwindest. Vergiss nicht, du hast hast Freunde, die für sich da sind", sagt Sophie und wirkt ein wenig enttäuscht.

Oh nein, hoffentlich fühlt sie sich nicht schlecht wegen mir, das will ich nicht. Schnell stelle ich die Situation klar. „Ich hab eine Pause von allem was irgendwie mit der Sache zusammenhängt. Dazu gehört halt nun mal auch ihr und Frankfurt."

Als ich Aarons enttäuschten Blick sehe, kann ich nicht verhindern, dass eine Träne über meine Wange kullert. „Ich liebe dich Aaron, aber mir dreht sich jedes mal der Magen um, wenn ich daran denke, was mein Vater mit deiner Schwester gemacht hat. Und ich hab mich dir gegeüber so schrecklich verhalten. Es war mein Vater der das getan hat. Mein Vater..."

„Du kannst nichts dafür, Lucas." Er versucht wieder meine Hand zu nehmen und dieses mal lasse ich es zu. „Natürlich wolltest du es nicht wahrhaben und konntest es nicht glauben. Wie du sagst, er ist dein Vater. Aber du kannst nichts für seine Taten. Es ist nicht deine Schuld und du hättest es nicht verhindern können."

„Wenn ich mich an dem Abend nicht mit dir getroffen hätte... Vielleicht..."

Sophie unterbricht mich. „Lucas, dein Vater hat etwas dummes gemacht und du bist nicht die Person, die das verantworten muss. Das ist einzig und allein Harald selbst."

„Ich würde die ja anbieten, zu mir zu kommen, aber das wäre sicherlich kontraproduktiv. Ein guter Freund meines Vaters hat eine kleine Ferienwohnung. Vielleicht wäre das ja was. Dass du nicht zu deinem Vater willst kann ich echt verstehen, nur es wäre schade, wenn du dein Abi deshalb nicht machst oder sich was verschiebt. Wenn du es hinter dir hast, kannst du studieren und so ein Neuanfang würde dir wirklich guttun."

Meine Mutter kommt zu uns. „Lucas, das mit der Wohnung klingt doch gut. Zu wissen, dass du einen Abschluss hast, wäre schön. Du kannst auch nicht ewig weglaufen, glaub mir, aber über die Weihnachtsferien kannst du ja wieder hierherkommen. Meine Tür ist immer für dich offen."

Es ist ja nicht falsch, was sie alle sagen. Ich weiß nur nicht, ob ich stark genug bin zurück nach Frankfurt zu gehen. Manchmal ist es eben doch leichter einfach aufzugeben.

„So langsam sollte ich mir mal wirklich intensiv Gedanken darüber machen, was ich jetzt tun will. Lasst mich aber bitte ein paar Nächte darüber schlafen."

Aaron nickt und greift dann nach meiner Hand. „Wie gesagt, nimm dir die Zeit die du brauchst. Wir warten in Frankfurt auf dich. Versprochen."

„Danke... für alles", sage ich leise, „aber ich denke, ihr solltet jetzt wieder gehen, auch wenn ihr nicht wirklich lange hier wart. Ich komm' schon klar."

„Daran haben wir keine Zweifel." Sie nimmt mich in den Arm und Aaron schließt sich der Umarmung an.

Ich winke den beiden, als sie dann ein wenig später zu Herr Grimaldis Auto laufen. „Bis bald, ihr zwei. Und sagt Alex liebe Grüße!"

Fehlkonstruktion [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt