Die erste Zeit

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Wer hätte das gedacht? Als ich am 26. Mai 1993, aus meiner langsam eng gewordenen Ein-Zimmer-Wohnung auszog und das Licht der Welt erblickte, hätte man meinen können, ich sei ein drei Jahre zu spät gekommener Zwilling meiner Schwester.

Ich war scheinbar ein kerngesundes Baby mit rabenschwarzen Haaren, einem stattlichen Gewicht von 4,67kg und einer Größe von 54 cm. Ja ich war ein großes und schweres Baby, das unterschied mich von Anna, meiner Schwester.

Anna und ich wuchsen bei unseren Eltern Michaela und Josef auf. In unserem schönen Haus am Land wohnte außerdem noch Omi, unsere Urgroßmutter mütterlicherseits.

Meine Großeltern väterlicherseits Maria und Josef (Lisi-Oma und Lisi-Opa) haben ihr Haus in der Roith, zehn Minuten entfernt von uns. Auch meine Großeltern mütterlicherseits Iboja (Nasibussi) und Hermann (Fischopa) wohnen nur 20 Minuten von uns entfernt in Wels.

Ich war schon als Baby stur und dickköpfig. Zum Beispiel wollte ich immer getragen werden und schrie wenn man mich hinlegte. Oder bei Anna, manchmal wenn sie nur zu mir in den Kinderwagen geschaut hat, schrie ich. Als ob sie mir je etwas getan hätte! Auch schien ich unersättlich. So hat mich Mama in den ersten Wochen oft bis zu 15 Mal am Tag stillen müssen. Weil ich sonst geschrien hätte. Omis Theorie dazu war, dass Mama nur in einer Brust gute Milch hätte, deshalb bräuchte ich so viel. Nach fünf Wochen, anlässlich der ersten Mutter-Kind-Untersuchung, stellte sich heraus, dass ich schon 1,30 kg zugenommen hatte. Somit musste auch Omi einsehen, dass ihre Theorie völlig aus der Luft gegriffen war. Fort an wurde ich nur mehr sieben Mal täglich gestillt. Auch das Schreien hat mir Mama so abgewöhnt.

Tagsüber schlief ich, sieben Monate lang, ganze zwei Mal 20 Minuten, ansonsten wollte ich an die Brust oder zumindest Unterhaltung. Allerdings habe ich nach ein paar Wochen die Nächte schon durchgeschlafen, so konnte Mama sich erholen.

Mama erzählt heute, dass ich schon damals Leben veränderte. Wahrscheinlich durch meine Ausstrahlung, und meine positive Lebenseinstellung, die ich von klein auf hatte. Omi hatte Krebs und unglaubliche Schmerzen, aber jedes Mal wenn sie mich sah, lachte sie, solche Freude hatte sie mit mir. Mein Lieblingslied „Jöj, kicsi fecske“ ist ungarisch und bedeutet „Komm, kleine Schwalbe“. Omi hat es mir früher so oft vorgesungen und noch heute fordere ich Mama immer wieder mal auf es für mich zu singen. Vor allem in für mich schwierige Situationen, zum Beispiel wenn ich ins MRT muss.

Als meine Uroma starb, war ich gerade mal zwei Jahre alt. Lisi-Oma erzählte mir, als sie mich nach ihr gefragt hat, habe ich geantwortet: „Omi duad heihei. Heihei duads.“

Auch Lisi-Opa hat von Anfang an einen Narren an mir gefressen. Und als er mich das erste Mal sah, sagte er: „A schena Bua isa!“

Mein Leben mit MPSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt