Schon am 27. November 1997 war es dann soweit. Meine erste Operation. Ich wurde in Manchester, England von Dr. Richard Cowiw operiert. Die OP dauerte 3 Stunden und war ein Totalerfolg! Dr. Cowiw schnitt einen Knochen aus meinem Hinterhauptbein und verband damit die ersten beiden Halswirbel miteinander. Es stellte sich erst bei der OP heraus, wie viele Wirbel er verbinden musste und ob er auch eine Verbindung zum Schädelknochen herstellen musste, was aber bei mir zum Glück nicht der Fall war, so blieb mir die Bewegungsfreiheit meines Kopfes fast vollständig erhalten. Ich erholte mich zum Erstaunen aller wahnsinnig schnell und schon am vierten Tag saß ich in meinem Bett und malte. Schmerzstillende Mittel bekam ich nur drei Tage lang. Als ich mich zum Ersten Mal im Spiegel gesehen habe, strahlte ich und sagte:“ Gell Mami, schön bin ich mit meinem Heiligenschein.“ Mama hätte eine andere Reaktion erwartet, zumal ich nach der OP, als ich aufwachte an den Stäben rüttelte und schrie: „Tut mir sofort dieses Käfig von meinem Kopf runter!“ Vier lange Monate trug ich dieses Ding – Es wird Halo Bodyjacket genannt – tapfer, geduldig und fröhlich. Mama und Papa konnten sich nur darüber wundern, wie ich das aushielt, denn es war wirklich nicht leicht. Ich steckte also in diesem Ding, dass mit Lammfell ausgekleidet war – Gott sei Dank war Winter, denn ich hatte damals schon richtige Hitzewallungen - es war mit je zwei Schrauben in meiner Stirn und hinter den Ohren an mir befestigt und ich konnte mich kaum bewegen, nein nicht mal den Kopf drehen, aber ich lachte.
Nach der OP und auch als ich wieder nach England kam um das Halo abzumontieren, lag ich in einem Saal mit 23 Betten. Direkt nach der OP bekam ich das erste Bett nach dem Schwesternzimmer. Zwei Tage später lag ich schon wieder irgendwo ganz weit hinten. Keine Intensivstation und auch kein Aufwachraum wie das bei uns üblich ist. In dem Saal gab es elf Fernseher und nochmal zwei Fernseher für Videospiele. Da war Stimmung! Ich erinnere mich auch an einen Jungen mit Gipsbein, der im Rollstuhl mit einer Wasserpistole herumfuhr und alle anspritzte. Wollte man seine Ruhe haben, konnte man einen Vorhang rundum das Bett zuziehen. Das störte allerdings eher Mama als mich, ich fand es toll so viel Unterhaltung zu haben!
Meine OP war an einem Freitag und am Mittwoch war immer noch kein Arzt bei uns um irgendwie Bescheid zu geben wie die OP gelaufen ist. Abgesehen von Ed der mit den Worten „How are you? See you later!“, aber auch gleich wieder verschwand ohne Mama irgendwas zu sagen. Da ist Mama explodiert. Sie ist nach vorne zu den Schwestern marschiert und die haben wohl schon an Mamas Gesichtsausdruck gesehen, dass irgendetwas nicht stimmt. „Michaela, what’s the matter?“ Mama hat ihnen gesagt, sie will auf der Stelle einen Arzt sprechen. Es war seit Freitag keiner bei uns und wir wären ja schließlich nicht auf Urlaub hier, wenn nicht sofort ein Arzt kommt, packt sie unsere Sachen und wir fliegen heim.
Als dann der Arzt kam, erklärte er uns, dass wir uns nicht aufregen müssen, denn solange kein Arzt kommt, heißt das, alles ist in Ordnung. Das hätte man uns vorher erklären müssen, denn wir sind ja aus Österreichischen Krankenhäusern mindestens eine Visite täglich gewohnt.
In den 16 Tagen in denen wir dort waren, wurde zwei Mal der Boden gewischt. Das sollte Hygiene sein? Mama musste mit Paul, der ja grade erst sieben Monate alt war, in der Hand am Fernsehsessel im Sitzen schlafen. Tagsüber bekam Paul ab und zu ein Gitterbett, er war in dem Alter, in dem man fleißig am Boden herumkrabbelt und so hätte er ständig Putzfetzen gespielt dort am Boden.Mama hat mir zuhause extra einen Mantel genäht, den ich über das Halo Bodyjacket anziehen konnte, denn in eine normale Jacke hätte ich niemals gepasst und aufs Schlittenfahren im Winter wollte ich nicht verzichten.
Auch meine T-Shirts wurden links und rechts vom Ausschnitt mit einem Klettverschluss versehen, damit ich sie unter dem Bodyjacket anziehen konnte. Auch Fasching haben wir gefeiert. Ich war dann Indianer oder Astronaut. Dazu hat Mama einfach Alufolie um das Halo und in meine Haare gewickelt und schon war ich ein silberfarbener Astronaut.
![](https://img.wattpad.com/cover/30100923-288-k714482.jpg)
DU LIEST GERADE
Mein Leben mit MPS
Ficción GeneralHallo zusammen. Ich habe vor einiger Zeit begonnen über mein Leben zu schreiben. Wie es ist mit einer Stoffwechselkrankheit zu Leben, was für teilweise lustige aber auch oft schlimme Dinge einem passieren wenn man nicht "normal" ist. Wenn man "and...