(8) Angst

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[J]

Obwohl der Tag bereits angebrochen war, war es in meiner Wohnung finster und es roch angenehm nach meinem Lieblingstee, trotzdem konnte ich lange Zeit nicht schlafen. Ich musste an Nina denken, und was sie hatte durchmachen müssen. Auch wenn ihre Unschuld nicht bewiesen war, hätte sie dennoch fast geweint, als ich ihr ins Schlafzimmer deutete. Konnte eine so sü- … sensible junge Frau etwas so schreckliches getan haben?

Ich drehte mich abermals auf der Couch. Sie war nicht unbequem - ich war es einfach nicht gewohnt, so zu schlafen.  Aber wenn ich jetzt mit ihr in einem Bett geschlafen und ihr später erzählt hätte, mit wie vielen anderen Frauen ich das bereits nach äußerst vulgären Dingen getan hatte, wäre ich vermutlich einen Kopf kürzer gewesen.

Ja, sie machte auf mich tatsächlich einen sehr heterosexuellen Eindruck. Mit ihrer kurzen Kleidung, den verführerisch vollen Lippen und
dem –

Stopp. Ich hatte eine – trotz aller Zweifel – potenzielle Mörderin in meiner Wohnung, die in diesem Moment ein hilfsbedürftiges Mädchen war, und ich dachte daran, womit sie die Männer anzog?!

Meine Gedanken überschlugen sich und ich rieb mir verzweifelt den Kopf, bis ich aus dem Schlafzimmer ein ängstliches Murmeln und Schluchzen hörte.

Nina.

[N]

Ein Schuss.

Ich renne, spüre, wie heiße Tränen meine Sicht verschwimmen lassen. Sie brennen auf den vom herbstlichen Nachtwind kalten Wangen.

Ein Ruf.

Seine Stimme. Ich laufe weiter, bleibe nicht stehen, so sehr auch meine Füße schmerzen vor Kälte und Kraftlosigkeit.
Nach einem verzweifelten Schrei in die Nacht haben sie mich. Er schießt, er trifft, ich spüre den Schmerz in der Brust.

Es schmerzt, es brennt, ich sterbe!!

„NEIN!“ Ich schrie auf und schlug auf das von meinen Tränen nasse Kopfkissen ein, bis ich Schritte im Zimmer hörte, ein schweres Atmen…

Ich schreckte auf und schrie, das Zimmer war schrecklich dunkel und die Schritte kamen immer näher. Unter meinen schweren Atemzügen verstand ich nicht, was die Person flüsterte, doch sicherlich wollte sie mich umbringen. Er war es, er wollte mich holen, die letzte Zeugin beseitigen, mich –

Zwei starke Arme zogen mich an sich, doch es waren nicht seine. Ich zitterte wie Espenlaub, spürte die Vibration an der angenehm warmen Haut der Person, die mich beruhigend streichelte. Ich war überrumpelt, doch beruhigte mich nach ein paar elend langen Minuten so weit, dass ich das Flüstern verstand.

„Es war ein Albtraum.“, sprach sie auf mich ein. Sie, denn es war die Stimme einer Frau. Jo’s Stimme – ich erinnerte mich. Ich roch die Pfefferminze und fühlte die saubere Wäsche: Ich war in ihrer Wohnung, er war nicht hier, ich war in Sicherheit.

„Ich bleibe bei dir, hab‘ keine Angst. Du bist sicher, wir sind allein.“ Ihre Stimme beruhigte mich, genauso wie ihre Wärme und ihr Geruch, die mich geborgen fühlen ließen.

Ich sank in ihren Armen ein und ließ meinen Kopf an ihre Brust sinken. Sie war groß und stark, sie würde mich beschützen.

„Es war ein Albtraum.“, betonte sie noch einmal, kaum hörbar, bevor sie mit mir unter die weiche Decke sank, ohne mich loszulassen.

Ich brauchte keine Angst zu haben, auch nicht vorm Schlafen. Ihre Anwesenheit und ihre starke Umarmung ließen mich sicher fühlten, nichts auf der Welt konnte mir schaden.

Müdigkeit überkam mich. Ich war so erschöpft, wie ich es vor dem Albtraum nie war. Ich beruhigte und entspannte mich und schlief in ihren Armen ein.

Es fühlte sich so richtig an.

×××××

Okay, bereits hier habe ich die Geschichte nicht mehr unter Kontrolle. Sie schreibt sich praktisch von selbst, was allerdings zur Folge hat, dass ich keine Angaben darüber machen kann, wie lang sie wird oder in welche Richtung sie sich entwickelt...

Jedenfalls wünsche ich euch (und mir ^^') ganz viel Freude am Lesen, es kann sein, dass die Kapitel ab jetzt etwas länger werden, dafür aber unregelmäßiger kommen. Nehmt es mir bitte nicht übel, ich habe im Moment mit dem Roman namens "Reales Leben" ziemlich zu tun, und konzentriere mich nur in zweiter Linie auf meine anderen Geschichten...

Selbstverständlich nutze ich aber weiterhin jede freie Minute zum Schreiben an OND, und freue mich über Feedback, Anmerkungen und Kritik :)

One Night Drink >girlxgirl< ᵃᵇᵍᵉˢᶜʰˡᵒˢˢᵉⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt