Prolog

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Er blies den beißenden Zigarettenrauch durch die Nase aus und sah zu, wie sich der Qualm in der Luft auflöste. Dann griff er nach dem Glas Scotch, das neben ihm auf dem kleinen Beistelltisch lag. Die Eiswürfel klirrten und gemächlich schwenkte er die bernsteinfarbene Flüssigkeit, die ihm künstlichen Licht der Deckenlampe zu leuchten schien, umher. Er lehnte sich in dem schweren, dunklen Ledersessel zurück und sah dann zu dem Mann, der ihm zu Füßen kauerte. Er flehte um sein armseliges Leben, klagte und fluchte. Er hatte Mühen, sich nicht vor Schmerzen zu krümmen. Ein amüsiertes Grinsen breitete sich auf seinen ausdruckslosen Zügen aus und tödliche Blutgier trat in seine kalten Augen. Er gab aber ein wirklich jämmerliches Bild ab. Das eine Auge des Mannes wurde ihm herausgerissen. Jetzt schmückte ein schwarzes Loch, das umgeben war von getrocknetem Blut, seine Augenhöhle. Seine Hände waren mit einem rauen Strick vor seinem Körper zusammengebunden. Alle seine Finger wurden ihm mit in einer Zange gebrochen und seine Fingernägel ausgerissen. Seine schmerzerfüllten Schreie waren wie Musik in seinen Ohren. Sein gesamter Körper war von Tritten, Schläge und Schnitten gekennzeichnet. Hämatome in allen Farben schimmerten auf seiner nackten, schweißüberströmten Brust. Er sah, dass ihm das Sprechen weh tat, denn vor wenigen Stunden wurde ihm ätzende Säure über den Mund gekippt, wohlmöglich ist auch etwas in seine Mundhöhle gekommen. Doch das war ganz alleine seine Schuld. Hätte er denn Mund doch einfach geschlossen gehalten.

Als ihm sein Gejammer zu nervig wurde, hob er nur stumm die Hand und der Mann, der ihm zu Füßen lag, hörte fast augenblicklich auf zu reden.

Er genoss die vor Angst, panisch aufgerissenen Augen, seines Gegenübers. Der Schmerz, die Angst um sein Leben und der Hass standen ihm nur zu deutlich ins Gesicht geschrieben.

Schweigend betrachtete er ihn eine Weile lang, ehe er das Glas an seine Lippen führte und sich den Alkohol im nächsten Moment die Kehle hinunterkippte.

Sofort setzte das altbekannte Brennen in seiner Kehle ein und genüsslich leckte er sich über die Lippen. Er legte das nun leere Glas wieder zurück auf den kleinen Tisch und beugte sich dann vor. Grob griff er dem Verletzten in das fettige Haar und zog ihn zu sich. Ein ängstliches Wimmern rollte ihm über die Lippen und Tränen schimmerten in seinem matten Auge.

„Ich flehe Sie an...", begann er mit brüchiger Stimme, doch ihm wurde das Wort abgeschnitten. „Ich kann mich nicht erinnern, dir erlaubt zu haben, zu reden, Jakow.", fuhr er ihn kühl an und sah ihn schneidend an. Jakow begann sofort eine Entschuldigung zu stammeln, wobei er sich zusammenreißen musste, um nicht in Tränen auszubrechen. Er stieß Jakow unsanft zurück. Dieser wäre fast auf seinen malträtierten Rücken gefallen, hätte er das Gleichgewicht nicht noch halten können. Er lehnte sich wieder zurück und griff nach dem zweiten Gegenstand, der auf dem Tisch lag. Er lächelte leicht bei dem vertrauten Gewicht der Pistole und ein vorfreudiges Kribbeln in seinen Fingerspitzen breitete sich aus.

Jakow wurde leichenblass, als er die Schusswaffe erblickte.

„Ich habe dich immer sehr geschätzt, musst du wissen. Deine Aufträge hast du immer so erledigt, wie ich es wollte. Nie bist du respektlos geworden oder bist unangenehm aufgefallen. Doch dann erfahre ich, dass du mich bestohlen und dich an meinem Kokain vergriffen hast. Und dabei besitzt du nicht einmal selbst den Mumm es mir zu sagen. Ich bin maßlos enttäuscht von dir, Jakow.", sagte er in ruhiger Stimmlage und betrachtete Jakow ausdruckslos.

„Weißt du, du tust mir leid. Wenn du denkst ich genieße es, dich so zu sehen, dann irrst du dich gewaltig. Ich bin nicht das Monster, für das mich alle halten. Ja, es erfüllt mich mit einer gewissen Befriedigung, wenn ich meine Feinde um Gnade betteln höre. Doch du, Jakow, bist mir über die Jahre sehr ans Herz gewachsen und ich sehe in dir einen Freund. Außerdem gehörst du zu meinen Männern. Deshalb habe ich beschlossen, dich von deinen Qualen zu erlösen und dir einen Neuanfang anzubieten.", erklärte er ihm und ein Hauch von Mitleid trat in seine Augen. Jakow riss ungläubig die Augen auf, die Angst verflog minimal.

Ein Neuanfang?

Ein Lächeln, dass vor Dankbarkeit nur so triefte, legte sich auf seine rissigen, aufgeplatzten Lippen.

„Ich danke Ihnen. Sie wissen gar nicht, wie froh ich bin und wie glücklich ich mich schätzen kann, mit so einem gütigen Mann zu arbeiten. Ich werde also wieder zu meiner Frau und meinen Kindern dürfen.", schluchzte er und warf sich auf den Boden. Er kroch auf seinen Knien zu ihm und krallte sich in den Stoff seiner Hose. Das Mitleid verschwand mit einem Mal aus seinem Blick und machte der Grausamkeit Platz. Verächtlich sah er auf ihn herunter und dann auf die Pistole in seiner Hand.

„Du hast ja keine Ahnung wie gütig ich bin, Jakow.", murmelte er und drückte ihm den Lauf der Waffe gegen den Kopf.

Sofort hörte das Schluchzen auf und es wurde gespenstisch still ihm Raum.

„Ich erlöse dich von deinem Leid, gebe dir die Chance auf einen Neuanfang und mache deiner kleinen Familie ein kleines Geschenk. In einer schönen Kiste verpackt: die Überreste eines Ehemannes und Vaters."

Er gluckste dunkel und sah vergnügt dabei zu, wie Jakow den Kopf hob.

„Du wirst jetzt für deine Taten büßen.", erklärte er ihm und als Jakow noch etwas sagen wollte, wurde ihm der Lauf der Schusswaffe in den Mund gezwängt. Er wollte seinem Schicksal entgehen und entkommen. Doch es gab kein Entkommen.

Er würde in den nächsten Sekunden sterben und für seine Vergehen seinen Mann stehen.

„Bitte Gott um Vergebung."

Das waren seine letzten Worte an Jakow Smirnow, ehe er den Abzug drückte.

Ein lauter Knall ertönte und dann das dumpfe Aufschlagen eines schweren Gegenstandes auf dem teuren Parkettboden. Der ätzende Gestand von Schwefel drang ihm in die Nase und eine gewisse Zufriedenheit breitet sich in seinem Innerem aus. Er sah an sich herunter. Sein Anzug war mit Blutspritzern bedeckt und er musste verärgert feststellen, dass auch seine Wand mit dem Blut dieses Dreckskerls besudelt war.

Nichts, was man nicht in Ordnung bringen konnte, dachte er bei sich, stand auf und steckte die Pistole in den Bund seiner Anzugshose. Eine Blutlache begann sich langsam aber sich um den toten Körper zu bilden. Wenn er den Parkettboden nicht vollkommen ruinieren wollte, sollte er sich zügig darum kümmern, dass die Leiche verschwand. Ohne Jakow noch eines Blickes zu würdigen, trat er den Weg zur Türe an und verschwand aus dem Zimmer.

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