geweckt

756 28 4
                                    

Das undeutliche Brüllen von zwei Männerstimmen weckte mich.
Ich brauchte einige Momente um richtig wachzuwerden.
Ich verstand nicht, was sie sagten, doch sie waren laut und schienen einen heftigen Wortwechsel zu haben.
Stirnrunzelnd setzte ich mich in meinem Bett auf und sah aus einem der Fenster.
Es war stockdunkel draußen und ich fragte mich, was zwei Männer vor meinem Zimmer, tief in der Nacht zu suchen hatten.

Ich spitzte die Ohren als ich Dimitrij's Namen vernahm.
Die beiden unterhielten über ihn und wenn ich mich nicht irrte, hörte ich auch einen gewissen, ängstlichen Unterton in der Stimme des einen Mannes.
Arbeiteten sie für ihn?

Als ich merkte, dass die Stimmen immer leiser wurden, beschloss ich kurzerhand den beiden zu folgen.
An Schlaf war nicht mehr zu denken und ich wollte herausfinden, wer sie waren und warum sie hier waren, auch wenn ich das später wohlmöglich bereuen würde.
Ich zog mir eine dünne Weste über und schlich mich aus dem Zimmer.

Ich folgte den beiden Männern durch das dunkle und düstere Anwesen mit sicherem Abstand.
Ich musste aufpassen, nicht über meine eigenen Füße zu stolpern.
Der Kleinere fuchtelte mit seinen Armen in der Luft herum, schien wegen irgendetwas aufgebracht zu sein.
Der Größe zuckte nur mit den Schultern und schnaubte verärgert.
Sie gingen ins Erdgeschoss, in die Eingangshalle, durch den mächtigen Doppelflügel.
Mit einem lauten Knall fiel die Tür zurück ins Schloss und Stille kehrte ins Foyer.

Ich ging die Treppe hinunter, atmete einige Male tief ein- und aus, um mein pochendes Herz zu beruhigen.
Ich stieß die Tür auf und trat nach draußen in die dunkle Kälte und schloss sie vorsichtig .
Eisiger Wind peitschte mir ins Gesicht, zerzauste meine Haare.
Der Stein unter meinen nackten Fußsohlen war kalt.

Ich presste meine Lippen aufeinander und sah mich kurz um.
Dimitrij's Anwesen lag wirklich in einem Waldgebiet. Nichts als lauter Bäume, weit und breit.
Ich befand mich in einer Auffahrt, sie war von grauen Steinen gepflastert.
In der Mitte stand ein prächtiger Springbrunnen. Das Wasser plätscherte friedlich vor sich her.
Was mich jedoch verwunderte war, dass kein einziges Auto in der Auffahrt stand.
Wie waren die Männer wohl hergekommen?

Ich vernahm etwas entfernt von mir Stimmen.
Sie kamen von rechts!
Leise und langsam ging ich auf die Geräuschquelle zu, genau darauf bedacht, nicht zu laut zu sein, blieb jedoch nach wenigen Schritten stehen.
Ein schmaler Kiesweg führte von der Auffahrt weg.

Verdammt!

Der Kies würde unter meinem Gewicht zu knirschen beginnen und ich würde entdeckt werden.
Das wollte ich vermeiden.
Also entschied ich mich, auf dem perfekt gemähten Rasen gehen.

Das kühle Gras kitzelte meinem Fuß, als ich mit langsam Schritten auf die Stimmen zuging.
Aufregung packte mich und mein Herz begann schneller zuschlagen.
Die Stimmen wurden lauter.
Der Weg führte mich bis schräg hinter das Haus.
Ich hört ein Lachen, woraufhin einige einstimmten.
Dann ein lautes, leidendes Stöhnen und Ächzen.

Mir wurde mulmig zumute und ich spielte mit dem Gedanken, wieder ins Haus, in mein Zimmer zu verschwinden.
Doch meine Neugierde war zu groß, als das ich jetzt einfach gehen könnte.
Ich wollte unbedingt wissen, was da vor sich ging.
Ich ging noch etwas weiter, bis der Rasen aufhörte und kaltem Stein wich.
Kleine Kieselsteine bohrten sich in meine Haut.
Ich hatte den Ausblick auf einen offenen, großen Platz.
Ich stellte mich an die Hausmauer, an eine kleine Nische, um nicht entdeckt zu werden.
Er wurde von Lichtern, die im Boden eingelassen wurden, beleuchtet.
Ich entdeckte eine Männergruppe.
Es waren vielleicht fünfzehn, wenn nicht sogar zwanzig in schwarzen Anzügen gekleidete Männer, die im Kreis standen, mit dem Rücken zu mir.

Wer zum Teufel sind die und was wollen die hier?!

Sie sprachen auf Russisch, ich verstand deshalb kein Wort.
Wieder lachten sie, jetzt wirkte es spöttisch.
Doch unter all den Anzugträgern stach ein Rücken besonders hervor.
Dieser war breiter als die anderen und wurde von einem einfachen schwarzen T-Shirt bedeckt. Die muskulösen, tätowierten Arme waren unverhüllt.
Das war Wladimir's Rücken!
Wenn er hier war, konnte Dimitrij doch auch nicht weit sein.

Ein gequältes Wimmern drang zu mir hindurch.
Es kam von der Männergruppe.
Ich kniff die Augen zusammen und versuchte in die Mitte des Kreises zu sehen, doch es gelang mir nicht.
Sie standen zu dicht beieinander.
Ein Mann sagte etwas, einige andere nickten zustimmend.
Ich spitze die Ohren, als ich Dimitrij's Namen
zum zweiten Mal in dieser Nacht vernahm.
Wie auf's Stichwort kamen drei Gestalten in dunklen Anzügen aus dem Anwesen.
Zwei flankierten die Dritte.

Ein breites, vergnügtes Grinsen hatte sich auf dem Gesicht des einen Mannes ausgebreitet.
Seine dunkelgrünen Augen funkelten wie Smaragde im hellen Mondlicht.
Brutalität, Grausamkeit und unbarmherzige Wut spiegelten sich neben Wahnsinn in seinen Seelenspiegel.
Sofort öffnete sich der Kreis und ich entdeckte einen Mann auf dem Boden kauern.
Er hob abrupt den Kopf als Dimitrij immer näher kam und sich dann einen Meter entfernt vor ihm hinstellte.
Er hatte die Hände lässig in den Hosentaschen vergraben und sah auf den Mann herab.
Es war ruhig auf dem Platz, niemand sagte etwas.
Der Mann stütze sich auf die Handflächen und kroch zu Dimitrij.
Er wimmerte gequält, so als würde ihm jede Bewegung furchtbare Schmerzen bereiten.

Er sagte irgendetwas auf Spanisch zu Dimitrij, krallte sich in sein Hosenbein weinte und flehte.
Mir drehte sich der Magen bei diesem Anblick um.
Minuten verstrichen, in denen Dimitrij nichts tat, außer stumm auf den Mann herabzublicken.
Als er immer verzweifelter wurde, hob Dimitrij die Hand und er verstummt sofort.
Dimitrij ging vor ihm in die Hocke und zog sein Tränenüberzogenes an seinen dunklen Haaren, zu sich.
Er antwortete dem Mann dann ebenso auf Spanisch. Nur das er kalt und schneidend klang. Ich schnappte einen Namen auf. Alberto. Hieß der Mann wohlmöglich so?

Alberto schrie ihm etwas zu, doch Dimitrij hatte sich bereits von ihm abgewandt und beachtet ihn nicht weiter.
Sein Schrei ging mir durch Mark und Bein.
Mein Blick fiel auf Dimitrij. Er ging mit dem Rücken zu mir, auf das Anwesen zu.
Doch als ich mich gerade abwenden wollte, drehte sich Dimitrij um und schoss dem schreienden Mann mitten ins Gesicht.
Ein Schuss, dann noch einer und mit dem dritten kehrte wieder Ruhe ein.
Schlapp fiel der tote Körper mit dem Gesicht voran auf den kalten Stein.
Ohne ihm weitere Beachtung zu schenken, steckte Dimitrij seine Waffe wieder zurück in sein Holster.

Ich konnte den Blick von Alberto nicht losreißen.
Er lag regungslos da und die Männer um ihn herum taten nichts, um ihn wegzuschaffen.
Tränen brannten mir in den Augen und ich spürte meinen Magen rebellieren.
Ohne, dass ich es aufhalten konnte, erbrach ich auf den Boden.
Mir war schwindelig, meine Knie zitterten.
Ich stolperte aus meinem kleinen Versteck und blickte geradewegs in Dimitrij's eisige, doch überraschte Augen.

Ich schwankte bedrohlich und das Letzte, was ich sah, war wie er auf mich zukam, bevor mich die Kraft verließ und ich nichts mehr wahrnahm.

Frisson-sinful pleasureWo Geschichten leben. Entdecke jetzt