Schwarze Rosen

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Olivia- vor 8 Jahren

Mein Zimmer war groß.
Zu groß für jemanden wie mich.
Verloren stand ich mitten im Raum und sah mich um. Das alles, brauchte ich nicht.
Ich brauchte keine Tonnen von Plüschtieren, kein riesiges Bett und keinen Marmorboden mit gottverdammter Bodenheizung!
Ich brauchte Liebe und Zuneigung, die ich jedoch nicht bekam.

Aber meine Eltern bestanden darauf, mit der Begründung damit, dass so etwas, das Mindeste für eine Harrison sei.
Typisch für meine Eltern. Ihr Ansehen und der Familienname waren das Wichtigste für sie.
Auf die Bedürfnisse ihres Kindes legten sie keinen großen Wert.

Ich sah auf die Uhr, oberhalb meines Schreibtisches.
13:48
Vater und Mutter kamen erst in einigen Stunden nach Hause.
Also war ich alleine.
Wie natürlich jeden Tag.
Die Bediensteten waren zwar auch da, aber sie redeten nie mit mir.

Seufzend ließ ich mich auf mein Bett fallen und starrte gedankenverloren an die Zimmerdecke.
Der heutige Schultag war anstrengend. Die Lehrer hatten anscheinend alle einen schlechten Tag und ließen es uns Schüler deutlich spüren. Aber auch im Klassenzimmer war es laut. Doch das habe ich alles nicht wirklich wahrgenommen. Zu sehr war ich damit beschäftigt an Logan zu denken.

Er war vor kurzem 19 geworden und sah unglaublich gut aus.
Er warf mir, immer wenn er mit seinen Eltern bei uns zu Besuch war, ein Lächeln zu, dass ich fast dahin schmolz.
Unsere Eltern waren schon seit langem gut befreundet. Logan's Eltern waren beide Chefärzte.
Logan war wundervoll. Ich wollte mit ihm mein erstes Mal haben. Ich war mir sicher, er wird vorsichtig und sanft sein. Nur die Frage war, ob er mich auch wollen würde?
Ich war nicht gerade eine Schönheit.

Ich wollte nach dem Buch, das normalerweise immer auf meinem Nachtkästchen lag, greifen, doch ich spürte nichts weiter als das hartes Holz unter meinen Finger.
Stirnrunzelnd setzte ich mich auf.
Tatsächlich, es war nicht auf seinem gewohnten Platz. Unruhig begann ich mein Zimmer nach dem Buch zu durchsuchen.
Wo zum Teufel war es?!

Mutter würde mich umbringen, wenn ich es verloren hätte!
Das war das Einzige, was sie mir je zum Geburtstag gekauft hatte.
Ich habe ihr wochenlang die Ohren damit voll geheult und es hat gewirkt.
An meinem zwölften Geburtstag hielt ich „Romeo und Julia" in den Händen.
Ich konnte mich noch ganz genau an den Ausdruck in ihrem stark geschminkten Gesicht erinnern, als sie mir das Buch in die Hände drückte. So als hätte sie in einen sauren Apfel gebissen.
Danach sprach sie für zwei Wochen nicht mehr mit mir.

Ich konnte es doch unmöglich verloren haben!
Ich war kurz davor in Tränen auszubrechen, als Alice, ein Dienstmädchen nach meinem Namen rief. Schnell wischte ich mir über die Augen und ging die Treppe herunter.
„Du hast nach mir gerufen.", sagte ich leise, so wie ich es immer tat wenn ich mit den Bediensteten sprach.

Alice war mir aber am liebsten von Allen. Sie war die netteste von Allen. Mit ihrem schwarzen, kurzen Haar und den freundlichen Zügen war sie eine hübsche junge Frau.
Alice nickte nur und deutete auf den Tisch, der im großen Wohnzimmer stand.
Ein Blumenstrauß stand auf dem Tisch.
Ein Blumenstrauß voller schwarzer Rosen. Ich stutze und ging langsam auf ihn zu.
Schwarze Rosen standen doch normalerweise für Tod, Tragödie und Trauer.

Ich kannte niemanden, der mir so etwas schicken würde. Ich hatte keine Freunde und in meiner Familie schenkte mir niemand Beachtung.
Wer also, schickte mir schwarze Rosen?
Und wieso?
Woher kannte der Fremde meine Wohnadresse?
Als ich auf den Gegenstand, der noch auf dem Tisch lag sah, weitete ich ungläubig die Augen.
Mein Buch!
Es war mein Buch. Das erkannte ich daran, da der Einband schon leicht abgegriffen war und auf der ersten Seite mein Name stand.
„Alice, dürfte ich dich bitten, meinen Eltern hier von nichts mitzuteilen?"
Ich wollte nicht, dass sie etwas davon mitbekamen. Es würde nur unnötig für Ärger sorgen.

Mit dem Strauß und dem Buch in der Hand verschwand ich wieder in mein Zimmer und stellte die Blumen in eine Vase.
Sie waren irgendwie schön.
Als ich genauer hinsah, entdeckte ich ein Kärtchen zwischen den Blüten.

Mit leiser Aufregung öffnete ich es und war verwundert von der säuberlichen und schönen Handschrift.

Um Hass geht's hier doch mehr um Liebe noch. Zänkische Liebe, Liebe voller Hass.

Ein Zitat aus „Romeo und Julia".
Doch was wollte mir die Person damit sagen?
Ich wurde nicht schlau aus der Nachricht und beschloss, mir nicht weiter Gedanken darüber zu machen.
Wieso auch? Zu einem logischen Schluss würde ich bestimmt nicht kommen.

Ich konnte die Freude, wegen der Blumen und des Buches, jedoch nicht ganz unterdrücken. Obwohl ich das mit Sicherheit sollte. Ich wusste nicht, wer die Person hinter dem Blumenstrauß war. Wohlmöglich ein Verrückter oder ein Stalker.
Das war mir im Moment jedoch egal. Mir wurde etwas von der Aufmerksamkeit geschenkt, die ich so sehr wollte. Wieso also, sollte ich mich nicht darüber freuen?

Doch wieso sagte mir damals niemand, dass hinter dieser kleinen Aufmerksamkeit eine krankhafte Obsession steckte, die mir schon bald zum Verhängnis werden würde?

Hier noch eine kleine Rückblende aus Olivia's Sicht. Damit wollte ich euch ihre Empfindungen und Gefühle etwas näher bringen. Und euch ihre kindlich Naivität vor Augen führen im Bezug auf Logan. Ich hoffe, dass es mir gelungen ist.😅

Frisson-sinful pleasureWo Geschichten leben. Entdecke jetzt