Kapitel 4

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Belle

»Und hast du deinen Vater endlich gefragt?«, fragte Shelly, weswegen ich das Gesicht verzog. Meinen Vater fragen, ob er mich mit Shel, meiner besten Freundin, ins Ausland lassen würde?

»Nein, noch nicht.« Ich hatte ihr vom vorgestrigen Abend nichts erzählt gehabt.

Shelly stieß Luft aus. »Komm schon, Belle! Wir haben nicht mehr lange Zeit!«

»Du kennst doch meinen Vater.«, jammerte ich. »Ich darf nicht mal vor die Haustür, wenn ich nicht mit den Bediensteten das Haus verlasse!« Alles musste immer einen Grund haben. Mich ließ er nur in die Freiheit unter der Bedingung in die Rolle einer Arbeiterin dieser Villa zu schlüpfen.

»Du kennst auch meinen Vater. Und er hat es erlaubt.«

»Wenn mein Vater es mir nicht erlaubt, dann musst du einfach ohne mich.«, erwiderte ich traurig.

Wir plauderten noch eine Weile bis ich schließlich auflegen musste. Entschlossen davon mit meinem Vater zu reden, hievte ich mich aus dem Bett und lief nach unten.

»Mia!«, rief ich nach unserer Dienerin. In unter wenigen Sekunden tauchte sie auch schon auf. »Hast du meinen Vater gesehen?«

»Mister Night hat vor einer Stunde die Villa verlassen.« berichtete sie.

Irgendwie erleichterte mich die Antwort. Ich stand unbeholfen im Raum. So gewann ich noch Zeit mich auf die Konfrontation zu wappnen.

»Miss«, räusperte sich Mia. »Wir verlassen gleich das Haus, um auf dem Markt einkaufen zu gehen-«

»Ja!«, rief ich aus, wissend was darauf folgte. »Ich komme mit!«

Endlich konnte ich wieder raus! Das geschah nur ungefähr einmal im Monat, dass ich das Haus verlassen durfte. Und heute war es wieder soweit! Wie konnte ich das nur vergessen? Normalerweise zählte ich ungeduldig die Tage bis zum nächsten Ausflug!

Nur das Personal, welches für frisches Obst und Fleisch zuständig war, durfte das Haus jeden Morgen verlassen. Das tägliche Ausgehen erlaubte Dad mir nicht. Zu riskant, seiner Meinung nach. Deswegen durfte ich einmal im Monat zum Großeinkauf mit. Wenigstens etwas!

Schnell zog ich mein Handy aus der Hosentasche und rief ihn an. Natürlich musste ich mit ihm erst diskutieren bis er mir endlich die Erlaubnis erteilte. Wahrscheinlich erlaubte er es nur, weil er noch ein schlechtes Gewissen hatte. Ich vermied ihn.

Ich zog die Kleidung an, die mir Mia reichte und schlüpfte freudig in meine Schuhe. Meine neue Kette versteckte ich unter dem Oberteil. Violette hatten keinen solch wertvollen Besitz, aber ablegen wollte ich es nun auch nicht. Das Handy steckte ich in meinen Mantel. »Wir können los.«, informierte ich die fünf Anderen, mit denen ich einkaufen ging.

Und so wie jedes Mal nahm ich tief Luft sobald wir das große Tor passierten. Das kostete mehr nach Freiheit. Diese Villa sollte eigentlich mein sicherster Palast sein, der mich vor allem Bösen da draußen in der Welt schützen sollte. Aber diese Grenzen, die gezogen wurden, um mich zu beschützen, trennten mich von der Realität. Sie grenzten mich ein. Auf diese Weise war es schwer sich weiterzuentwickeln und Neues zu erleben. Ich war Künstlerin und mir wurden die schönsten Seiten dieses Lebens vorenthalten.

Mit dem größten Lächeln, das ich schon lange nicht mehr gezeigt hatte, folgte ich dem Personal von einem Stand zum anderen. Ein betörender Duft lag in der Luft, nach dem ich mich immer einen Monat sehnte. Vom frischen Obst bis hin zu gemischten Gewürzen war alles dabei. Gerade stand ich neben Mia, die damit beschäftigt war frische Erdbeeren in eine Tüte zu packen. Hinter mir spürte ich stets die Präsenz eines Bodyguards. Meines Bodyguards. Aber heute störte es mich nicht. Solange ich hier draußen und nicht im Verließ sein konnte.

»Brauchen Sie noch irgendwas, Miss?«, fragte der junge Bursche hinter dem Stand.

Verlegen strich sich Mia eine Strähne hinter das Ohr, während sich ihre Wangen rot verfärbten. Wissend zog ich die Brauen in die Höhe und ging ein wenig auf Abstand, um ihr etwas mehr Privatsphäre zu geben. Deswegen kaufte ich schon einmal den Salat und die Tomaten.

Ein paar neugierige Blicke lagen auf mir. Und das schien auch Shane, meinem persönlichem Sicherheitsmann, aufzufallen, der sofort die anderen darauf aufmerksam machte.

Mit meinen Augen versuchte ich ihn anzuflehen mich noch nicht in die Höhle, die sich mein zuhause nannte, zurückzubringen. Er verstand sofort, aber signalisierte mir mit einem Kopfschütteln, dass dies nicht mal eine Option für ihn war. Wir beide wussten, dass er sterben würde, wenn mir etwas geschehen würde. Mein Vater würde niemals so einen Fehler dulden.

Während er über das Headset sprach betrachtete ich ihn. Er war erst 24 und schon ein Sicherheitsmann. Er war gut in seinem Job. Sogar sehr gut wenn man wusste, dass Dad nur die Besten einstellte. Er hatte dunkelblonde Haare, die auf mich hellbraun wirkten und dunkelblaue Augen, die dem Ozean glichen. Er sah gut aus, ohne Zweifel. Shelly schwärmte für ihn und erzählte mir jedes Mal was für ein Glück ich hatte, dass ein so gut aussehender Mann mein persönlicher Bodyguard war. Sie hatte einen um die 40 am Hals. Beim Vergleich unserer Sicherheitsmänner musste ich schmunzeln. Ich hatte wirklich Glück. Vor allem weil ich mich mit Shane auch noch gut verstand. Doch uns trennten Welten. Noch unterschiedlicher hätten wir nicht sein können.

Ich seufzte. Wieso musste ich auch als die Tochter eines Anführers geboren werden? Vor Allem dem Anführer. Ich liebte meinen Vater wirklich, aber diese Geheimtuerei für meine Sicherheit stank!

»Wir sind hier für heute fertig.« Alle sammelten sich ehe wir den Ausgang ansteuerten. Mit hängenden Schultern folgte ich der Gruppe. Wieso endete alles Schöne so schnell?

Ohne wirklich auf die Anderem zu achten zog ich mein Handy raus, um zu sehen ob mich jemand währenddessen versucht hatte zu erreichen, da ich mein Handy auf stumm gestellt hatte. Nur eine Nachricht von Shel. Ich steckte das Handy wieder weg und lief weiter.

Doch dann geschah das Unvorhersehbare. Ein Knall. Ein Schrei. Und Panik folgte.







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