Kapitel 15

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Jack

Vielleicht mochte Beth ihr glauben, aber mir konnte sie nichts vorspielen. Jemand, der sich von Anfang an weigerte mit uns zu reden und direkt einen Fluchtversuch startete, konnte nicht von heute auf morgen plötzlich die Meinung geändert haben und sich dazu beschließen uns ihre ganze Lebensgeschichte zu erzählen. Mit dieser Bella stimmte etwas gewaltig nicht und ich würde das schon noch herausfinden. Fürs Erste jedoch brachte ich sie zu denen, die gerade die Wäsche an die Leinen aufhängten. 

»Wo ist Layla?«, fragte ich Sylvia, die gerade eine Jeans aufhängte.

Überrascht sah sie mich an. »Hab' dich lange nicht mehr gesehen.«, lächelte sie schließlich und drehte sich zu den Anderen und zeigte auf einen, mir bekannten, Rotschopf. »Da ist sie, aber sie ist heute nicht gut drauf also pass lieber auf«, grinste sie vielsagend.

Schwer seufzend wandte ich mich an Bella, die sich missmutig umsah. Für einen winzigen Moment hatte ich das Gefühl sie war angewidert von dem was sie sah, aber dieser Moment verstrich so schnell, dass ich mir nicht einmal sicher war, es gesehen zu haben. »Bella«, machte ich sie auf mich aufmerksam. »Folg mir«

Sie nickte und tat was ich ihr sagte. Heute war sie besonders fügsam... Auf dem Weg zu Layla wurde ich von allen Seiten gegrüßt und Bella wurde neugierig beäugt. Sie sahen Bella heute das erste Mal. Mit Mia hatten sie schon ihre Bekanntschaft gemacht, aber Bella hatte diese Zeit im Kerker verbracht gehabt. Sie humpelte und verzog die Mundwinkel bei jedem Schritt ein kleines bisschen während sie sich neugierig jeden Anwesenden unter die Lupe nahm. Sie hatte noch Schmerzen an den Beinen, aber das hielt sie nicht davon ab, diese Situation zu analysieren.

Was sie wohl von dem hier hielt? Menschen, die keine Anlagen bedienten, sondern alles per Hand wuschen. Im Palast waren sie dieser Arbeit wohl anders nachgegangen, aber hier musste sie sich zusammenreißen.

»Layla!«, rief ich nach der Farblosen, die sich gerade mit einer kleinen Gruppe unterhielt. Sie verteilte gerade neue Aufgaben, weswegen wir wohl zur rechten Zeit kamen.

Ihre roten Haare flatterten im Wind als sie meiner Stimme folgte. Und Sylvia hatte nicht ganz unrecht gehabt. Laylas Blick war düster, auch wenn er sich bei meinem Anblick ein wenig aufhellte.

»Jack!« Sofort trennte sie sich von der Gruppe, die sich daraufhin auflöste, und kam auf mich zu. »Willst du etwa nach Mia sehen?« Genau als sie Anstalten machte jemanden herbeizuwinken, griff ich nach ihrem Ellenbogen und trat zur Seite damit sie Bella sehen konnte.

»Ich habe dir noch eine Helferin mitgebracht.«

Sie formte mit den Lippen nur ein O und schien verwirrt zu sein. »Ich dachte es wäre nur eine? Wann habt ihr noch eine Andere holen können?«

Ich verzog den Mund und warf ihr einen Blick zu, das so viel zu bedeuten hatte wie „Später". Verständnisvoll nickte sie und wandte sich nun an die Violette, die still neben uns gestanden und uns argwöhnisch beobachtet hatte.

»Ich bin Layla«, stellte sich Layla höflich vor, wobei ihr Lächeln verschwunden war, um jegliche Verbindung zur Violetten zu vermeiden. Bei Mia hatte sie es anfangs auch getan gehabt, aber Mia war eine leicht zu knackende Person - auch wenn sie anfangs kein Wort über die Lippen bekommen hatte. Als sie die Angst überwunden und kapiert hatte, dass wir ihr nichts tun würden solange sie uns keinen Grund dafür gab, fing sie an sich auf Gespräche einzulassen.

Bella nickte nur. Ebenso distanziert. Bei ihr konnte ich mir nur schwer vorstellen, dass sie sich hier an die Richtlinien hielt und Vertrauen zu uns aufbaute. Sie hatte etwas Heimtückisches und Seriöses an sich, dass man einfach nicht anders konnte als ihr zu misstrauen und sie gut im Auge zu behalten. Ihre Art uns gegenüber war voreingenommen und hochnäsig. Als würde sie auf uns herabsehen, dabei war sie nur eine Dienerin des ach-so-mächtigen Anführers William Night.

Verglich man sie mit Mia, dann konnte ich einfach nicht glauben, dass sie beide aus dem gleichen Palast stammten. Mia lernte schnell sich uns anzupassen, zu gehorchen und hatte sich sogar schon mit der ein oder anderen Person hier unterhalten. Außerdem beherrschte sie ihre Arbeit sehr gut. Auch wenn sie hier keine Wasch- oder Spülmaschinen hatte, erledigte sie alles schnell und sauber als würde sie es schon jahrelang tun. Auch kochen konnte sie.

Und wenn Bella nicht ansatzweise so gut war wie sie, hatte ich einen weiteren Grund ihr noch mehr auf die Schliche zu gehen als zuvor.

»Das ist Bella«, stellte ich sie Layla vor, aber blickte nicht Layla, sondern die Violetta streng an. Dabei sah ich sie so intensiv an, in der Hoffnung sie würde allein an meinem Blick verstehen, dass sie sich gefälligst zusammenzureißen hat und tun sollte was man ihr sagte. »Sie ist heute dir zugeteilt und morgen kann sie dann in der Küche aushelfen. Am Ende des Tages übernachtet sie in Hütte 10, okay?«

Layla nickte. »Keine Sorge, ich kümmere mich um alles.«

Zufrieden nickte ich ihr zum Abschied zu, schenkte Bella keine Aufmerksamkeit mehr und verließ die beiden auch schon für sich. Jeder Farblose hatte die Aufgabe Bella und Mia im Auge zu behalten und auch schon beim kleinsten Verdacht zu melden oder vom Abhauen abzuhalten, deswegen machte ich mir in dieser Hinsicht keine Gedanken.

»Man, wo warst du?«, fuhr mich Carl auch direkt an sobald ich das Hauptgebäude betrat.

»Musste mich noch um die Violette kümmern«, seufzte ich und schüttelte meine Haare durch, um mich zu lockern. Dann machte ich es mir auf der Couch bequem, auf dem bereits Drake und John saßen. Beide sahen mich erwartungsvoll an. »Nein, sie hat nicht nochmal versucht abzuhauen.«, verdrehte ich die Augen.

»JA! Ich wusste es!«, sprang John laut auf die Beine und zeigte mit dem Zeigefinger auf Drake. »Du schuldest mir eine Wasserkarte! Wuhu!«

Mir war klar, dass sie es nicht lassen konnten und erneut Wetten über die Brünette schließen würden. »Das ist nicht euer Ernst. Es war doch klar, dass sie nach der Zeit im Kerker lernen würde... Naja fürs Erste.«

»Meinst du, sie wird es wieder versuchen?«, fragte mich John und in seinem Blick lag diesmal Verwunderung. »Nach deiner Aktion lernt man, Jack. Man denkt nicht an den nächsten Fehler. Schau dir mal diese Mila-«

»Mia«, korrigierte Drake.

»Äh ja, Mia. Schau sie dir mal an. Selbst sie hat aus den Fehlern von ihrer Freundin gelernt und gehorcht.«

Dieser Gedanke war so naiv von ihm. Sah er denn nicht das Feuer in Bellas Augen? Sie funkelten alles Mögliche aus, aber ganz sicher nicht Gehorsam- oder Unterwürfigkeit. Rebellion definierte ihre Natur und Freiheit ihre Sinne. Wie konnte sich so jemand für so lange einem Tyrannen unterordnen?

»Dann hast du was übersehen, John. Sie ist anders und sie wird uns Probleme bereiten, wenn wir nicht aufpassen.«, fasste ich kurz zusammen.

Den restlichen Tag verbrachten wir hauptsächlich im Hauptgebäude mit Bill. Wir besprachen unsere nächsten Schritte und teilten die Gruppen für die jeweiligen Besorgungen ein. Auch über Bella und Mia redeten wir.

»Sie sind nur eine Last.«, hatte Bill gesagt.

»Aber wir brauchen sie.«, hatte ich darauf geantwortet.

Bill schüttelte den Kopf. Sichtlich darüber verärgert, dass ich es anscheinend nicht von vornherein verstand. »Nein, die Eine hat nicht genügend Infos und die Andere will nicht reden. Das können wir nicht gebrauchen. Entweder ihr bringt die Kleine zum Reden oder wir entsorgen sie.«

Wütend schnaubte ich. »Das sind nur Dienerinnen«

Eine Diskussion entstand zwischen uns und alle anderen am Tisch verfolgten diese mit großen Augen. Unwissend, auf wen sie am Ende hören sollten.

»Dienerinnen von ihm«, spielte er auf die Mörder meiner Eltern an.

»Die Dienerinnen sind aber nicht er«, konterte ich und konnte es gleichzeitig nicht fassen was mein Großvater da eigentlich von uns verlangte. Ich hatte noch nie einem unschuldigen Menschen zu Leide getan und damit fing ich auch nicht jetzt an. Ich war nicht William Night!

Doch dann stand Bill abrupt auf und hielt meinem Blick stand. »Dann bringst du sie gefälligst zum Reden.« Sein Augen wurden enger. »Wenn ich in einer Woche auf dem gleichen Stand wie heute bin, gebe ich Carl den Befehl beide loszuwerden.«

Carl, sein engster Wachmann, nickte emotionslos. 

Red Princess - Die Suche nach der Roten PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt