Belle
Strahlend nickte er, nahm mich bei der Hand und starrte mich aus seinen ozeanblauen Augen an. »Es tut mir leid, dass ich dich nicht vor dem Ganzen bewahren konnte.« Das Funkeln in seinen Augen verschwand so schnell wie es gekommen war, stattdessen machten sich dunkle Schatten breit. »Es tut mir aus tiefstem Herzen leid, Belle.«
Mhm. Darauf wollte ich erst gar nicht eingehen. »Du brauchst doch bestimmt ein Ort, den Ja- der Farblose nicht kennt, um in meiner Nähe zu bleiben.«
Verletzt, dass ich nicht weiter auf ihn einging, nickte er während ich ihm meine Hand entzog. »Gegenüber dem Kellerraum führt ein kleiner Hinterausgang in den Hinterhof. Ich kann dir den Schlüssel dazu geben, dann kannst du das Haus nach Belieben unbemerkt betreten und verlassen.«
»Klingt gut.«
Zustimmend nickte ich und wollte mich gerade umdrehen, da fiel mir etwas ein. »Wie kommt es, dass du nicht bestraft wurdest?«
Shane schwieg. Ich wartete, aber er hatte nicht vor zu reden.
Na gut. »Was ist mit den anderen Bediensteten, die damals mit uns auf dem Markt waren und zurück geblieben sind?«
Shane schwieg immer noch, wich sogar meinem Blick aus. Sorge machte sich in mir breit. War ihnen etwas zugestoßen?
»Shane, antworte!«, herrschte ich ihn an. Unbändige Wut brodelte auf einmal in mir auf und ich wusste, dass diese Wut einzig allein ihm galt, weil er nicht redete.
»Sie- Wenn du wieder zuhause bist, wirst du es sehen. Davor kann ich dir nichts mitteilen, tut mir leid. Das ist ein klarer Befehl.«
Mir stockte der Atem. Was sollte ich davon halten? »Und ich befehle dir, es mir zu verraten!«
»Tut mir leid. Das Wort meines Anführers geht vor.«
»Und was ist dann mein Wort für dich? Vergisst du nicht meine Stellung bei dem Ganzen?!«
Auch, dass er mich nicht formal ansprach, bedeutete, dass er keinen Respekt vor mir hatte und es wohl so bald auch nicht haben würde. Es war irgendwie meine Schuld. Ich hätte es nie zulassen dürfen.
Er verzog die Lippen zu einem schmalen Strich, senkte die Augen und erwiderte nichts mehr darauf. Aber sein Schweigen sagte mehr als tausend Worte. Er vergaß wohl, dass ich in Zukunft seine Anführerin sein würde und nicht mein Vater.
Ich ballte die Faust und war drauf und dran, sie ihm in sein hübsches Gesicht zu rammen. Aber stattdessen zügelte ich den Zorn in mir, weil mir wieder in den Sinn kam, was alles auf dem Spiel stand. Ich rief mir in Gedanken ein, dass ich die Rote Prinzessin war, ich war die Nachfolgerin des mächtigsten Mannes in diesem Land und Shane stand nicht über mir. Sondern ich über ihm.
Viel zu lange hatte ich ihm Einiges durchgehen lassen, weil ich mir so klein und schutzlos ohne ihn vorkam, aber dieses Gefühl existierte nicht mehr. Nicht mehr, seit ich den Farblosen ausgeliefert war. Nicht mehr, seit er mich in dieser Höhle stehen gelassen hatte. Er war nicht derjenige gewesen, der mich vor ihnen - vor Layla - beschützt hatte. Ich hatte allein gekämpft. Auch wenn ich nichts zustande gebracht hatte, ich hatte mich gewehrt. Ich, ganz allein ich.
Viel zu lange erlaubte ich es meinem Herzen bei seinem Anblick schneller zu schlagen. Das hatte ein Ende.
Meine Faust lockernd, richtete ich mich auf, blickte ihn nur aus abschätzigen Augen an und drehte mich auf dem Absatz um. »Folg mir.« Es war keine Bitte, keine Frage, sondern ein Befehl. So wie mein Vater es mit seinen Gefolgsleuten tat. Wenn Shane wollte, dass ich so mit ihm umging, na schön.
Ich zeigte ihm den Weg nach unten, aber bevor wir endgültig den Keller betraten, drehte ich mich ein letztes Mal zu ihm und versperrte den Weg.
»Was willst du mit dem Farblosen machen, wenn du ihn da hast wo du ihn haben willst?« Eine letzte Bestätigung bevor wir durch diese Tür gingen, mehr brauchte ich nicht.
»Ich schwöre dir, dass er für seine Taten büßen wird. Ich schwöre dir, dass ich ihn mir nach dem Verhör selbst vorknöpfen werde.« Er sprach immer noch informell mit mir. Er hatte keinen Respekt vor seiner nachfolgenden Anführerin, nein, in seinen Augen war ich ein hilfloses Wesen, das in die Enge getrieben wurde und auf die heilige Rettung wartete. Das auf ihn wartete.
»Und was denkst du, wie man die Blauen für ihre Taten bestrafen sollte?«
Komm schon, bestätige noch ein weiteres Mal wie abscheulich du in Wirklichkeit bist.
»Strafe? Belle, sie verdienen eine Auszeichnung für ihre Arbeit!«
Ich grinste. »Du hast so recht. Tu mir einen Gefallen und bring den Farblosen, der mich entführt hat langsam und qualvoll um, ja?«
Er nickte. »Versprochen.«
Ich öffnete die Tür mit dem Schlüssel, den Jack offensichtlich da gelassen hatte, und trat an die frische Luft. Ich ging voraus, wohlwissend, dass Shane mir folgte. Als wir in dem eingezäunten Garten standen, drehte ich mich noch einmal zu ihm und lächelte ihn an. »Ich weiß, dass ich dank dir wieder nachhause komme. Daran zweifele ich wirklich nicht.« Und das war die Wahrheit.
Selbstgefällig öffnete er den Mund, um darauf etwas zu erwidern, aber kam nicht mehr dazu als er wie ein nasser Sack vor meinen Füßen zu Boden fiel.
Da lag er nun. Mein Freiticket nachhause.
»Gute Arbeit«, hörte ich die, mir allzu bekannte tiefe Stimme. Ich blickte von dem bewusstlosen Körper meines Bodyguards auf und genau in Jacks dunkle Augen. »Hat ja alles wunderbar geklappt.«
Ich hatte die Bedingung erfüllt. Ich hatte Shane hier rausgelockt und Jack dabei geholfen, ihn bewusstlos zu kriegen.
Nur zu gerne wäre ich mit Shane abgehauen, aber es hätte einfach an zu vielen Dingen gescheitert. Mal abgesehen von Jack, der absichtlich den Ausweis auf den Boden gelegt und Shane zu uns gelockt hatte, es hätte an Shane gescheitert. Er war einer, der es für gut hieß Menschen zu foltern, um eigene Vorteile zu schaffen, der mich als Köder benutzen wollte und als sonst nichts weiter. Er war nur ein Bodyguard der in den Augen meines Vaters wieder das gutmachen wollte, was er vermasselt hatte.
Jack versprach mir, mich heil im roten Viertel abzulassen - Shane auch - wenn ich ihm half Matt zu befreien. Und sein Plan beinhaltete einen roten Sicherheitsmann, der Befugnis zu allen Türen im roten Hauptgebäude hatte. Ich musste es tun, ich hatte keine Wahl. Shanes Fluchtplan war von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Jack war viel erfahrener in diesem Gebiet, hatte schnell verstanden, dass man nach der Aktion im Laden, meine Fährte aufgreifen und verfolgen würde. Vielleicht hatte er mich sogar absichtlich dahin mitgenommen, hatte absichtlich mein Armband vorgezeigt.
Dann war ich wohl auch sein Köder gewesen...
Während ich Shanes bewusstlosen Körper betrachtete, kamen Schuldgefühle hoch, aber verblassten im Nu, wenn ich nur kurz an unser vorheriges Gespräch dachte.
Jack erklärte die Umgebung für zeugenfrei, kehrte zurück, um meinen Sicherheitsmann unter den Armen packend ins Haus zu schleifen. Schweigend folgte ich ihnen und machte die Tür hinter mir zu.
»Sobald er aufwacht machen wir uns auf den Weg ins rote Viertel. Es wird uns einige Tage kosten, aber es werden schnelle und einfache Tage mit einem Roten an unserer Seite.«, klopfte er stolz auf den sogenannten Roten, fesselte ihn an beiden Händen mit dem Rücken am Heizkörper und machte sich dann daran ihn nach allem möglichen abzutasten.
Er zog Waffe, Handy und noch weitere spionähnliche Geräte aus allen Taschen und Winkel raus.
Ich nickte nur als Antwort. Mehr brachte ich gerade nicht zustande.
Guten Rutsch allen und schon mal ein frohes, gesundes, neues Jahr! :)
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Red Princess - Die Suche nach der Roten Prinzessin
Science FictionEin Land, das ganz anders ist als alle anderen. Die Bürger untergeordnet in Farben, wovon die Farbe Rot regiert. Jede Farbe erfüllt einen Rang und hat spezielle Aufgaben. Doch hat es auch seinen Preis. Finanziell instabile Bürger wurden mit der Begr...