Kapitel 17

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Belle

Das Herz klopfte mir bis zum Hals als wir tatsächlich diese Baracke betraten, die er Zuhause nannte. Augenblicklich hielt ich Ausschau nach einer geeigneten Waffe und fand nur die Vase, die auf einem kleinen Tisch neben dem Bett stand. Auf ... auf dieser dünnen Matratze schlief er?

»Du kannst fürs Erste die hier anziehen.« Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er eine Jogginghose und einen langärmligen Pullover aus seinem kleinen Schrank gezogen hatte und sie mir nun entgegenhielt. Misstrauisch schweifte mein Blick von den Klamotten zu ihm. Was sollte diese plötzliche Freundlichkeit? Was wollte er von mir? Warum hatte er mich zu sich nachhause genommen? 

Ganz falsche Gedanken schwirrten in meinem Kopf und ließen mich schwitzen. Mir wurde ganz übel.

Augenverdrehend drückte er sie mir nun gegen die Brust, weswegen ich sie nun an mich nehmen musste. »Im Bad kannst du dich ein wenig sauber machen und dich umziehen.«, zeigte er auf eine Tür, die mir gar nicht aufgefallen war.

Ich zögerte kurz, aber nickte dann wortlos. Schweigend öffnete ich die Tür und trat ins andere Zimmer. Hinter mir machte ich die Tür wieder zu, aber ich konnte zu meinem Entsetzen nicht absperren. Frustriert ließ ich meinen Kopf gegen die Tür fallen und atmete tief aus. Ich schloss die Augen und atmete immer wieder tief durch, um nicht jeden Moment los zu weinen.

Als ich mich so weit hatte, ging ich zum kleinen Waschbecken und wusch mir das Putzmittel aus den Haaren, entledigte mich bis auf meine Unterwäsche meiner Klamotten, wobei mein Blick immer wieder zur Tür schweifte. Mit einem Handtuch, das ich auf der hölzernen Kommode entdeckte, machte ich mich sauber und legte diesen anschließend wieder nass weg. Normalerweise wäre ich wohl überrascht, dass er ein eigenes Bad besaß, aber als Anführer konnte er sich wohl mehr leisten. Als ich einigermaßen trocken war, zog ich mir den dünnen Pullover von Jack über und schlüpfte in die viel zu große Hose. Ich konnte sie vorne zuschnüren, deswegen war es nur halb so wild. Sofort fühlte ich mich wohler als die Wärme des Stoffs meine Haut berührte. Das Zittern blieb weiterhin bestehen, aber jetzt wusste ich wenigstens, dass es nicht an der Kälte lag. Jacks Geruch stieg mir in die Nase und ich hätte erwartet, dass es stinken würde, aber zu meiner Überraschung roch er sogar gut.

Fertig betrachtete ich mich im Spiegel. Mein Erscheinungsbild litt wie noch nie zuvor. Dunkle Ringe hatten sich unter meinen Augen gebildet, meine Haare fielen nass und glanzlos auf meine Schultern, die kraftlos hingen. Ich wirkte in diesem übergroßen Pulli kleiner als ich eigentlich mit 1,65 m war. Ich sah mir in die roten Augen. Wie hatte ich es erlaubt, dass man mich wie Dreck behandelte?

Gerade wollte ich zurück in das andere Zimmer gehen, da hielt ich vor der Tür inne und erlaubte mir noch einen Moment der Einsamkeit.

In meinem inneren Auge spielte sich die Szene mit Layla wieder ab. Wie sie mich erst wütend anfuhr, weil ich eine ganze Flasche mit Waschmittel für nur zwei Hosen aufgebraucht hatte, und dann wie sie mich ins Wasser schubste, weil ich sie aus Versehen mit dem nassen Oberteil in meiner Hand erwischt hatte. Ich sah mir meinen Arm an, der noch rot gefleckt war. Wie ein gefühlsloser Roboter, hatte sie Pulver, das man für die Reinigung von Jeans benutzte, über mich geschüttet und mit einem Lappen auf meine Haare und Haut gerieben. Das noch Schlimmere an dem Ganzen war allerdings, dass es sich vor den Augen der Anderen abspielte und niemand sich getraut hatte sich ihr zu widersetzen. Ich sah doch das Entsetzen in ihren Augen... 

Ich hatte geschrien, ich hatte mich anfangs gewehrt, doch als die Farblose es tatsächlich auch schaffte mir Sand in die Augen zu schleudern, verlor ich. Mit schwacher Sehkraft hatte ich keine Energie mehr mich weiter zu wehren. Da packte sie mich an den Haaren und drückte meinen Kopf in den See. Für einen winzigen Moment hatte ich gedacht sie wollte mich ertrinken, da eilte Mia mir zur Hilfe. Sie entschuldigte sich für mein „Fehlverhalten" und bat Layla freundlich mir zu vergeben. Mein Charakter strebte sich gegen solch eine Unterordnung, aber ich hielt den Mund und rang stattdessen nach Luft.

Red Princess - Die Suche nach der Roten PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt