Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war es noch dunkel. Es war gerade mal 5:33 Uhr, wie ich mit einem Blick auf die Uhr feststellte. Ich stöhnte und versuchte wieder einzuschlafen, doch es klappte nicht. Ich stand auf und machte mich fertig. Als ich fertig war, schaute ich auf mein Handy 5:54 Uhr. Was sollte ich denn jetzt machen? Ich beschloss mich etwas umzusehen. Als ich unten im Hof angekommen war, bemerkte ich eine Bewegung. Ich drehte mich um. Und tatsächlich auf einer Bank saß ein Junge. Ich schätzte ihn so auf mein Alter, vielleicht auch ein Jahr älter. Er hatte blonde hochgegelte Haare und sah recht sportlich aus, aber auch nicht zu sportlich. Ich musterte ihn weiter, bis er plötzlich zu mir sah. Er lächelte und winkte mich zu sich. Ich ging langsam und zögerlich auf ihn zu.
"Hey, ich bin Simon, bist du neu hier, ich habe dich noch nie gesehen?", fragte er mich.
"Hey, ich bin Ellie. Ja, mein Bruder und ich sind seit gestern hier."
Aus der Nähe konnte ich auch sein Gesicht erkennen. Er hatte grüne Augen und ein süßes Lächeln. Er war mir direkt sympathisch.
"Ah, also bist du die Neue? Du wohnst mit Lena auf einem Zimmer stimmt's?", fragte er.
Ich nickte. Woher wusste er das?
"Wie gefällt es dir hier?", fragte er mich nach einer Weile.
"Bis jetzt ganz gut. Ehrlich gesagt, hatte ich es mit viel schlimmer vorgestellt", gestand ich ihm.
Er lächelte mich an.
"Ja, so ging es mir auch, als ich neu hierher kam. Aber jetzt finde ich es eigentlich ganz okay."
Wir unterhielten uns noch ziemlich lange. Er erzählte mir, dass er einen großen Bruder namens Tom hatte und, dass sie sich sehr gut miteinander verstehen. Auch, dass Tom bzw. seine Frau vor kurzem einen Sohn bekommen hat, welcher Theo hieß. Als er von Theo anfing zu erzählen, fingen seine Augen an zu leuchten und er lächelte ununterbrochen. Er erzählte mir auch, dass seine Eltern geschieden sind und ich erzählte ihm daraufhin auch von meinen Eltern, die gerade in der Scheidung steckten. Er tröstete mich, weil ich unbemerkt anfing zu weinen. Simon war echt nett. Zum einen konnte man ernsthafte Gespräche mit ihm führen, und zum anderen brachte er einen mit seinen komischen Witzen und seiner süßen Art zum lachen. Es war jetzt 6:56 Uhr und um 7:00 Uhr gab es Frühstück. Wir standen auf und gingen schonmal langsam zum Frühstücksraum. Als wir dort ankamen, waren wir die ersten und begannen schon mal mit dem Frühstück. Nach und nach füllte sich der Raum. Ich war gerade bei meinem zweiten Brötchen und Simon schon bei seinem dritten, ja er isst gerne, genauso wie ich, als George und die anderen den Raum betraten. Als Dominik mich sah, lächelte er mich an und wackelte mit seinen Augenbrauen. Ich musste lachen und auch Simon hatte es anscheinend bemerkt, denn auch er musste lachen. Als ich dann doch den Blick von George sah, hörte ich schlagartig auf. Er sah so aus, als wolle er entweder Dominik oder Simon am liebsten umbringen, er schaute mich wütend an und setzte sich dann demonstrativ an den Tisch gegenüber von Simon und mir. Die anderen folgten ihm. Dominik aber kam zu meiner Verwunderung an unseren Tisch. Er küsste mich auf die Wange und wünschte mir einen guten Morgen.
"Hast du gut geschlafen?", fragte er mich.
Ich nickte. "Und du?", fragte ich.
"Auch. Hey, ich bin Dominik der Bruder von Ellie und du bist?", fragte er Simon, mit einem netten, jedoch auch bedrohlichen Unterton.
"Ich bin Simon. Freut mich dich mal Life und in Farbe zu sehen. Ich kenne Ellie zwar erst seit heute morgen, doch ich habe schon viel von dir gehört", gab Simon genauso wieder.
Dominik lachte nur und nickte mir zu, was so viel wie 'Er ist okay' oder so heißen sollte, dann verabschiedete er sich auch und ging zu George und JJ an den Tisch. Als ich mir die Truppe genauer anschaute, merkte ich, dass einer fehlte. Jaymi. Wie aufs Stichwort, kam er verschlafen in einer Jogginghose in den Frühstücksraum. Als er mich sah, quiekte er auf und rannte auf mich zu. Er wirbelte mich ein paar mal in der Luft herum und setzte mich dann wieder ab.
"Morgen Princess. Wie geht's dir?", frage er mich aufgeregt.
"Princess?", fragte ich ihn zurück.
Er lächelte stolz. "Ja, das ist jetzt mein Spitzname für dich", verkündete er.
Ich lachte. "Wie süß. Mir geht's prima und dir?", fragte ich.
"Auch. Ich muss jetzt rüber zu den Jungs, man sieht sich."
Und schwups war er weg. Ich lächelte immer noch, als Simon sich neben mir räusperte. Ich schaute ihn fragend an.
"Du hast was mir denen zu tun?", fragte er mich ernst.
"Nein. Also doch schon, mein Bruder ist mit Josh auf einem Zimmer und die haben sich dann gestern angefreundet, außerdem sitze ich in Mathe neben George. Wieso fragst du?", fragte ich ihn.
Simon schwieg eine Weile.
"Halt dich am besten von ihnen fern", kam es plötzlich von ihm.
"Was? Wieso?", fragte ich überrascht.
"Weil sie böse sind. Sie sehen vielleicht nicht auf den ersten Blick so aus, aber wenn man sie etwas besser kennt. Jeder weiß, was sie für Sachen machen und trotzdem sind sie die beliebtesten Jungs mit uns an der Schule hier."
Simon schaute mir nun direkt in die Augen. Aufeinmal musste ich lachen. Ich hatte so einen heftigen Lachanfall, dass ich sogar vom Stuhl fiel. Simon half mir netterweise auf und als ich mich wieder gefangen hatte, fragte ich ihn: "Nicht dein ernst, oder?"
Ich konnte mir nicht vorstellen, das die vier netten, lieben und lustigen Jungs, die ich gestern kennen gelernt habe, zu den Bösen gehören. Simon schaute mich nachdenklich an."Doch. Was ist so unglaubwürdig daran?", fragte er noch.
Ich schüttelte den Kopf. "Ich weiß nicht, das kann ich mir einfach nicht vorstellen", gab ich wahrheitsgemäß zurück.
Als ich auf die Uhr sah, stellte ich erschrocken fest, dass wir schon 7:56 Uhr hatten. Um 8 Uhr bagann der Unterricht und ich musste noch meine Tasche aus meinem Zimmer holen. Als ich das Simon sagte, bestand er drauf, mich zu meinem Zimmer zu begleiten. Ich holte also schnell noch meine Tasche und wir beide machten uns auf den Weg zu Wirtschaft. Als wir ankamen, war die Klasse schon auf und Simon und ich setzten uns nebeneinander in die letzte Reihe. Nach und nach kamen weitere Schüler.
"Willst du mit mir heute Nachmittag vielleicht zu Starbucks gehen? Dann kann ich dir die Gegend etwas zeigen und du könntest meine anderen Freunde kennenlernen", meinte Simon aufeinmal.
"Klar, gerne", gab ich lächelnd zurück, was ihn auch lächeln ließ. Da kam auch schon der Lehrer. Er begann den Unterricht und als bereits die Hälfte der ersten Stunde vergangen war, klopfte es an der Tür.