Triggerwarnung: Alcohol, Mentions of Death
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4,5 von 5 Sternen – Ein moderner Blick auf die Vorteile der ständigen Vernetzung durch Social Media
Manchmal findet man ein Buch, das eigentlich überhaupt nicht zum sonstigen Geschmack passt, aber es drückt einfach all die richtigen Knöpfe, sodass man sich mal wieder bewusst wird, dass die Grenzen von Genres viel einfacher verschwimmen können, als man sich vorstellt. Normalerweise lese ich keine Mystery-Geschichten, weil es einfach nicht meine Art von Genre ist. Man könnte fast sagen, ich mag den Vibe nicht, den diese Storys abgeben. Und dabei könnte ich nicht einmal genau sagen, warum, denn ich habe dieses Buch unglaublich genossen – gerade wegen der Mystery-Elemente.
If you're out there von Katy Loutzenhiser ist eines dieser Bücher, die man nach dem Beenden nicht vergisst, weil man noch ewig drüber nachdenkt. Und wenn man es dann doch vergisst und dann nach Ewigkeiten wieder draufstößt, dann fließen all die guten Erinnerungen gleich wieder zurück, als hätten sie die Gedanken nie verlassen. Die Charaktere und deren Beziehungen waren etwas, was mich nicht nur wahnsinnig gefesselt hat, sondern auch danach nicht mehr loslassen wollte.
Hauptcharakter Zan hat ihr Leben lang immer eine beste Freundin gehabt und nie jemand anderen gebraucht – bis gerade diese Anfang des Sommers wegzieht und plötzlich nichts mehr von sich hören lässt. Zans Eltern, Lehrer, Schulkameraden, selbst ihre Arbeitskollegen sagen ihr, sie soll Priya ziehen lassen, sich selbst entdecken, was auch immer sie braucht, aber Zan will diese lebenslange Freundschaft nicht einfach aufgeben. Und in ihren wiederkehrenden Besuchen auf Priyas Social Media Seite bemerkt sie etwas, dass ihre Traurigkeit in Skepsis wandelt. Priyas Tweets und Posts klingen auf einmal gar nicht mehr nach ihr. Da sind Fehler in ihren Sätzen, kryptische Aussagen und ein neues, sonniges Leben im schönen Kalifornien. Zan stößt bei allen mit ihrer Angst, dass Priya vielleicht nicht antworten kann auf taube Ohren, bis sie mit dem neuen Schüler in ihrem Spanischkurs darüber redet, der mehr als bereit ist, sich in ein bisschen Detektivarbeit zu werfen, um Zan zu helfen, die Wahrheit zu finden.
Die Kurzbeschreibung von If you're out there hat mich quasi sofort an der Angel gehabt. Die lebenslange Freundschaft der beiden Mädchen, sowie die Erwähnung vom plötzlich wechselndem Tonus in den Postings und den Möchtegern-Teenager-Detektiven waren genug, damit ich mir das Buch bestellen würde. Außerdem mag ich den Namen Logan. (Don't @ me)
Was ich als allererstes sagen muss – ich liebe, liebe, liebe Logan und Zans Beziehung im Laufe der Geschichte. Sie ist frisch, sie ist gefüllt mit Witzen und Vertrauen, sie ist genau die richtige Ablenkung, die Zan eigentlich hätte brauchen können, als ihre beste Freundin sie plötzlich ghosted. Anstatt aber aufzugeben und sich der neuen, interessanten Freundschaft mit Logan hinzugeben, bleibt sie dickköpfig. Und eben genau diese Dickköpfigkeit, das Weigern einfach aufzugeben, haben Zan für mich zu einem wunderbar nachvollziehbarem Charakter gemacht. Wahrscheinlich haben wir das alle schon mal durch, dass wir einen Freund verloren haben – sei es durch auseinanderleben oder andere Gründe, aber irgendwie suckt es immer. Man verliert einen Teil seines Lebens, selbst wenn man sich plötzlich hasst. Aber Hauptcharakter Zan hat genau diese Freundschaft nicht aufgeben wollen.
Es gab Stellen in der Geschichte, da hatte ich schon fast die Befürchtung, dass es tatsächlich nichts weiter als das war – Priya wollte nicht mehr mit Zan befreundet sein, wollte weitermachen in ihrem Leben und sich nicht mit den alten Dingen befassen, aber dann tauchte wieder ein neues Detail auf, eine neue Bemerkung von Zan, eine neue Erinnerung der beiden und dieser Zweifel war wie weggeblasen. Auch wenn man Priya ungefähr 70% der Story gar nicht handeln sieht und sie ihren größten Auftritt in Zans Erinnerungen hat, fühlt man sich mit ihr verbunden und möchte wissen, was da los ist. Und man bemerkt auch in den wenigen Szenen, die das Buch zeigt, dass die beiden nicht einfach nur Sandkastenfreundinnen sind. Sie sind sowas wie Seelenverwandte. Kein Leben der anderen wäre komplett, wenn die andere fehlen würde. Deswegen liest man weiter, deswegen will man die Auflösung des Ganzen wissen.
Durch die Vorstellung eines neuen Spielers – Logan – schafft es die Autorin auch, dass man sich nicht als Leser vollkommen ausgeschlossen aus der Beziehung von Zan und Priya fühlt. Dadurch, dass er ebenfalls neu und frisch in Zans Leben tritt, lernt man mit ihm zusammen wie wichtig Priya für Zan war. Außerdem ist Logan selbst ein halboffenes Buch der Geheimnisse für Zan, wodurch man auch noch seine Masken ablegen will. Logan kommt neu an die Schule, durch Zan beobachtet man ein seltsames Gespräch zwischen ihm und seiner Tante, man erfährt von anderen Schülern, dass er wohl eine kriminelle Vergangenheit hat und alle Welt ihn als einen Kleinkriminellen ansieht. Aber ein privates Gespräch mit Zan später und man erkennt einmal wieder, dass Gerüchte meistens nur das sind – Gerüchte. Logan ist süß, er ist zuvorkommend, lieb und aufbauend, er versucht Zan quasi zu trösten, obwohl er sie gar nicht kennt, er stimmt zu, ihr bei ihrer Investigation zu helfen und stellt nicht einmal in Frage, wenn sie ihm beichtet, dass sie glaubt, dass Priya in Gefahr sein könnte. Er glaubt ihr und vertraut ihr und genau das ist es, was ihn so liebenswert macht. Logan ist mehr als ein hübsches Gesicht und ein paar Gerüchte und auch wenn ich es schade fand, dass seine Geschichte, seine Familie und die ganzen Sachen um ihn ein wenig schnell abgehandelt wurden und besonders die Beziehung zu ihm, seiner Tante, seiner Schwester und seiner Mutter nur jeweils einmal vorkamen, habe ich ihn als Charakter schnell ins Herz geschlossen.
Ich hätte mir mehr von Logan gewünscht, mehr von den komplizierten Dingen, die in seinem Leben passieren, etwas mehr Geheimnis um seine Verschlossenheit und etwas mehr Erkundung seiner familiären Beziehungen, denn – so spannend Zan und Priya und das vermeintliche Ghosting und das Abdriften in immer absurdere Theorien auch war, ich fand Logan und seine Geschichte genauso fesselnd und unterhaltsam. Um dem Buch seine eigentlich verdienten fünf Sterne zu geben, müsste es das für mich geben. Etwas mehr Logan. (Vielleicht spricht da aber auch nur mein dummes, gayes Gehirn, das sich in den nächsten, schief-lächelnden, messy-haired, sharp-jawline Jungen verliebt hat, aber darüber reden jetzt nicht.)
If you're out there hat all die guten Sachen eines Teen-Romanze und von seichten Mystery-Geschichten genommen und es in ein wahnsinnig unterhaltsames, wenn auch für meinen Geschmack zu kurzes Buch gepackt, welches mit seinen knapp 300 Seiten zwar eine normale Länger hat, aber dennoch noch besser gewesen wäre, wenn man nochmal 100 Seiten drangehängt hätte. Nicht nur hätte man Priya als Charakter mehr Raum geben können, man hätte auch Logan besser nutzen können. Aber das sind eher persönliche Präferenzen als richtige Kritik. Das Buch funktioniert auch so schon wahnsinnig gut.
(Ich habe 4 Wochen Pause vom allgemeinen Schreiben genommen und das Gefühl, ich habe direkt verlernt, wie man einen unterhaltsamen Text schreibt. Oh well.)
Man liest sich,
- Roiben
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Boy Meets Book
RandomIch bin der titelgebende Boy und ich meete books. Hier erscheinen Bewertungen und Rezensionen, zu den (realen) Büchern, die ich gelesen habe. Alles ist hundertprozentig subjektiv und entspricht lediglich meiner Meinung. Den Rest lest ihr im Erkläru...