Kapitel 7

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Bram pov

Mit angespannter Haltung stehe ich in der Küche und versuche mir einen Saft einzugießen während ich auf mein Handy schaue. Es zeigt einen leuchtenden Punkt auf einer Karte, welcher Willows derzeitigen Standpunkt preisgibt.
Sie scheint schon auf dem Rückweg zu sein. Das war ein schneller Ausflug zu ihrer verfluchten Mutter und doch bin ich wütend. Warum zur Hölle würde sie auf einmal dahin wollen?

Frustriert lasse ich mich auf dem Drehsessel im Wohnzimmer nieder, um auf sie zu warten. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich bin unfassbar wütend und verletzt, sodass ich sie am liebsten bestrafen würde, aber zum anderen wollte ich mich mit meiner Wut zügeln. Und über die Jahre hatte ich diese relativ gut im Griff. Aber das.. DAS gibt mir so sehr das Gefühl verraten worden zu sein, dass ich kaum still sitzen kann.

Eine halbe Stunde später höre ich das Piepen der sich entriegelnden Tür und verdecke den Mund mit der Faust, um mehr Fassung zu erlangen.
Als wäre sie kaputt strauchelt sie rein und zieht die hohen Schuhe aus, die ich ihr in unserem letzten Urlaub gekauft habe. Ich würde sie am liebsten sofort wegwerfen. Sie haben verfluchten Boden berührt.

Als sie meinen Blick erhascht bleibt sie erschrocken stehen und ich kann ihre Angst erkennen. Doch zur selben Zeit ist da etwas anderes in ihren Augen, das ich von ihr nicht kenne.
Ich gebe mir noch einen Moment zum atmen Zeit und betrachte sie, weshalb mir ihre verdreckten Knie auffallen. Sie hat sich vor dem Grab dieser Hure hingekniet und diese Erkenntnis verursacht einen Kurzschluss.
„Was zur Hölle hast du dir dabei gedacht?" zische ich leise. Ich bin schon so wütend, dass ich nicht einmal die Stimme erheben kann.

„I-Ich..." stottert sie. Sie lässt sich besser sehr schnell etwas einfallen. Nicht mehr stillhalten könnend stehe ich abrupt auf und stampfe zu ihr. „Ich wusste selbst nicht, dass ich dahin gehe!" platzt es aus ihr.
„Du willst mich verarschen.." knurre ich in ihr verzerrtes Gesicht.
„Ich sage die Wahrheit!" meint sie schnell und ich erkenne, dass es stimmt. Sie hat mich seit Jahren nicht mehr angelogen und ich will es dabei belassen. „Ich war nur....anders. Alles hat mich letzte Zeit verwirrt und dann kam mir nur das in den Sinn. Ich war wie ferngesteuert, Bram."
Ich versuche wirklich die Ruhe zu bewahren, aber sie macht es mir gerade so gottverdammt schwer.

Ich trete noch näher. Ich will ihr direkt in die Augen sehen können. „Woher wusstest du, wo ich sie habe begraben lassen?"
Sie schluckt schwer, aber versucht meinem Blick Stand zu halten. „Als...Als das alles noch.. in Umlauf war. Auf einem der Dokumente auf deinem Arbeitstisch. Es war ausersehen! Aber es wollte mir seither nicht aus dem Kopf gehen. Bram, diese Adresse hat mich bis in meine Träume verfolgt."
Ihre Tränen sind deutlich erkennbar in den Augen, aber ich lasse mich nicht davon beeindrucken. Auch wenn mein Innerstes bei ihrem Anblick schreit. Ich will nicht, dass sie traurig ist.
„Du hättest einfach verdammt nochmal auf mich hören sollen, Willow.." brumme ich, was ihr die erste Träne aus den Augen holt.

All das hatte ich versucht zu präventieren. Nur damit sie nach zwei Jahren ohne mein Wissen dorthin düst. Mir gefällt der Gedanke nicht, was alles währenddessen in ihrem Kopf passiert sein könnte.

2 Jahre zuvor Bram pov

„..sollen wir Anfangen oder kommt noch jemand?"
Mit emotionslosem Blick sehe ich vom Sarg in seinem Loch auf zu dem Bestatter.
„Nein, fang an."

Er nickt mit merkwürdigem Gesicht und setzt sich in den Bagger, um den Erdhaufen über den Sarg zu schaufeln. Mit angespannter Brust nehme ich mir selbst ein wenig Erde in die Hand und werfe sie aus Respekt mit hinein.
Niemand ist gekommen. Keiner ist zu deiner Gott verdammten Beerdigung gekommen. Nur ich, der Fremde, der dein Lebensende bestimmt hat.
Ich schwöre bei Gott, hätte Willow sich nicht dazu entschieden diese Kugel abzuschießen hätte ich es selbst gemacht. Und doch bin ich ihr für alles dankbar. Ohne sie hätte ich das mit Willow wohl nie so gut hinbekommen. Ohne sie hätte ich nichts zerbrochenes in den Händen gehabt, das ich so zusammenstellen konnte, wie es bestimmt war.
„Du Hure hattest einen guten Nutzen." brumme ich leise, sodass es im Lärm des kleinen Baggers untergeht.

Deine Tochter hasst dich. Genauso dein Sohn, der immer noch denkt du wärst an einer Überdosis verstorben. Und den Rest der Familie hast du vergrault bis sie verstarben.

Hier bist du wenigstens weit außer Reichweite. Willow wäre es wahrscheinlich sogar Recht gewesen, dich einfach im nächst besten Feld abzuwerfen, aber ich gab dir ein richtiges Grab. Als kleines Danke. Und als Zeichen meines Respekts. Schade, dass du ihn mir nicht zurück erweisen kannst.

Als die meiste Erde schon wieder an seinem Ort ist blicke ich zum Himmel auf, wo die Sonne dabei ist unterzugehen. Tief atme ich durch. Es ist zu viel scheiße in letzter Zeit passiert. Ich musste eine weitere Leiche entsorgen lassen und zusätzlich noch 50 Zeugen zum Stillschweigen bringen. Ich muss mich immer noch um die letzten Idioten kümmern, die Erics Mord mitbekommen haben und nicht schweigen wollen. Aber all das wäre ohne Lennard wohl nie so gut verlaufen. Vor mir haben die Leute Angst. Vor ihm Achtung. Für die meisten war es nicht sonderlich schwer für ihn den Mund zu halten. Andere musste er mit seinen Kontakten bestechen oder bedrohen. Bei vielen hatte er durch seine Eltern noch was gut. Und die letzten möchtegern Rechthaber werden wir auch noch umstimmen. Wenn es sein muss werden wir sie verschwinden lassen.

Die Luft anhaltend pausiere ich meinen Gedankengang. Ich wollte damit vorsichtiger werden. Der letzte Mord hat mir gezeigt, wie schwierig das für mich und Willow werden könnte. Wie schnell uns sowas zerstören könnte. Ich will damit aufhören, aber sobald man es einmal zugelassen hat wird man die Lust danach nicht mehr los. Man wird immer an den leichteren Weg denken müssen, den, der einem alles gibt, was man sonst nur teils mit den anderen verhandeln würde.

Und neben all dem kam dann noch die Planung für diese Beerdigung dazu. Wieder ausatmend gehe ich mir durch die Haare. Wenigstens konnte ich Willow vor all dem fernhalten.
Auch jetzt sitzt sie sicher in unserem Penthouse, welches wir aber bald wohl wechseln müssen.
Mein Vater würde mir die Hölle heiß machen, sobald er Willow nur in meiner Nähe sehen würde nachdem ich Elena in die Wüste geschickt habe. Jedenfalls für mich selber. In der Öffentlichkeit muss ich wahrscheinlich trotzdem mit ihr gesehen werden, weil ich mir jetzt nicht leisten kann auch noch Stress mit meinem Vater zu haben. In seinen Augen sieht es aus als würde ich planen, keinen Erben auf die Welt zu setzen, der seine Firmen weiterführt. Einen Erben, der seinen hasserfüllten Sohn von der Bühne fegen kann.

Mit knirschenden Zähnen ordere ich mich an ruhig zu bleiben. Ich sollte mich eher auf Willow konzentrieren, die Zuhause auf mich wartet und kaum von mir ablassen kann. Sie ist inzwischen vollkommen auf mich fixiert und das sollten wir mit einer neuen Wohnung feiern.

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"Du machst das nie wieder. Hast du das verstanden?" brumme ich, was sie schnell nicken lässt.
Mir gefällt all das ganz und gar nicht.
Nicht wirklich bei mir lege ich meine Hand auf ihre Schulter und führe sie bis zu ihrem Hals hoch. Ich würde jetzt am liebsten alles mögliche anstellen. Diese Tränen gehören nicht in ihr Gesicht und doch machen sie mich an. Die geschwollenen Lippen, die klaren Augen und dichten Wimpern. Fuck.
Ich drücke minimal zu bevor ich sie knurrend loslasse. "Geh dich umziehen, Babe."
Wieder nickt sie nur und scheint die Tränen immer noch nicht zurückhalten zu können.

Mit den Händen in den Hosentaschen schaue ich ihr hinterher. Für solche Momente hasse ich die Hure einer Mutter dann doch. Bis heute bereitet sie Willow Schmerzen. Meiner kostbaren Willow.

Won't lose youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt