Won't lose you

Kapitel 54

Die Stille im Auto ist bedrückend und der Fakt, dass ich mir Pommes und Burger reinstopfe, weil ich dazu gezwungen werde, macht es noch merkwürdiger.
"Ich dachte immer, du würdest Bram irgendwann betrügen und es tut mir Leid." brummt Lennard irgendwann.
"Wow." kann ich nur krächzen. "Ich hätte nicht gedacht, das je von dir zu hören." Kurz überlege ich und starre auf die Felder um uns, aber es fällt mir schwer. All die neuen Informationen brennen in meinem Kopf. "Und wie meintest du das wegen Maddy? Sie war der Grund?"
Geduldig beobachte ich seine sich verziehenden Gesichtszüge und kann nichts gegen die Neugier tun.
"Maddy war halt...- Du hältst dich wirklich von ihr fern, oder?" sieht er mich mittendrin erwartend an.
Langsam nickend bejahe ich, weshalb er sich wieder auf die Fahrt konzentriert. "Ihr hast du sofort angesehen, dass sie nicht die loyalste ist." fährt er fort. Ich kann nur die Lippen verziehen, weil ich gewisse offensichtliche Zeichen lange nicht erkannt habe. Aber ich schätze, er hat recht. "Sie fällt auch im Gegensatz zu dir sofort auf."
"Ich bin geschmeichelt." murmle ich, doch er geht gar nicht erst darauf ein.
"Und weil das eben so war, habe ich mich zuerst auf sie konzentriert, sobald das mit Orsin ernst wurde. Von dir habe ich tatsächlich nichts erwartet." sieht er mich wieder an und sieht aus, als hätte er mich gerade nicht beleidigen wollen. Er sieht fast bemitleidend zu mir.
"Das hattest du bereits erwähnt." brumme ich irritiert und werde wieder ignoriert.
"Immerhin hatte dich Bram vollkommen unter Kontrolle. Von dir musste ich vorerst nichts befürchten."

Es kotzt mich an, wie normal er mein Trauma durch Bram nimmt. Als wäre es nicht menschenverachtend Verhalten gewesen. Nichts womit man sofort zur Polizei sollte. Aber er wirkt gerade wie der Alte, also will ich das nicht kaputt machen. Vorerst.
"Und als Maddy ihn tatsächlich betrogen hat, konnte ich sie sofort als Lügnerin abstempeln und musste mir keine Gedanken mehr machen." macht er eine wegwerfende Bewegung. "Und es hat nicht lange gebraucht, bis ich gemerkt habe, dass Bram dir immer mehr Freiheiten gewährt und ganz blind wurde durch seine Gefühle. Und als die beste Freundin, von einer wie Maddy, war ich der Ansicht, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bevor du Bram verletzen oder gar betrügen würdest. Also fing ich an auch dir zu misstrauen."
"Nur wegen einer Freundschaft?" äußere ich empört.
"Wir ziehen an, was wir sind." zuckt er die Schultern.
"Nicht immer. Ich war nur zu nett und zurückhaltend, weshalb ich sie nicht von mir gestoßen habe." hebe ich den Zeigefinger. "Außerdem hast du sie doch dazu geführt!" meckere ich.
"Es wäre nicht passiert, hätte sie es nicht gewollt. Aber letzten Endes war sie eine Hure. Ich dachte, das hattest du damals endlich eingesehen."
"Nenn sie nicht so." murmle ich, "Ich habe es einigermaßen eingesehen, aber den Namen hat sie trotzdem nicht verdient. Außerdem war ich genauso böse auf dich."
"Wirfst du es mir immer noch vor?" äußert er genervt, was mich meine Antwort nochmal überdenken lässt.

Ich meine, ja, ich finde, er hätte das nicht tun sollen und, dass Orsin berechtigterweise für eine Zeit lang wütend auf Lennard war - auch wenn ich nicht verstehe, warum er damit irgendwann aufgehört hat. Aber ich muss daran denken, dass Bram nur noch Lennard hat. Und sollte ich verschwinden, soll wenigstens er an seiner Seite bleiben. Ich kann ihm nicht seinen letzten Kumpel vergraulen, also muss ich nachsichtig bleiben.
"Ich finde, du hättest nicht so vorgehen sollen, aber ich kann es inzwischen verstehen. Du wolltest nur deinen Kumpel schützen. Aber du musst irgendwann damit aufhören. Sie müssen am Ende selbst zurechtkommen und manchmal kann deine vermeidliche Hilfe nach hinten losgehen und ich finde, das war auch passiert." zucke ich bedrückt die Schultern. Selbst Orsin hält sich von ihm einigermaßen fern und bleibt nur aus Gepflogenheiten im Kontakt. Aber er wird nie wieder jemanden richtig vertrauen können. Der zuvorkommende Romantiker der er einst war ist gestorben. "Ich wollte dich auch immer fragen, wie es dazu kam, dass du Maddy trotzdem noch getroffen hattest. Warum es nicht nur bei dem einen Mal geblieben ist." sehe ich ihn streng an.

Er seufzt leise und wirkt mit einem Mal müde. „Ich will eigentlich nicht darüber reden."
„Ich muss es wissen." sage ich mit Nachdruck, „Wolltest du sie nur noch mehr zerstören, als sie es so schon war?"
Sofort zischt er beleidigt. „Nein. Ich hatte nur...." kurz überlegt er, während sein Blick überall hinspringt, „Ich hatte viel zu tun, als ich all die Leute ruhig halten sollte nach dem Mord auf der Insel und stand unter Druck. Und dann stand Maddy plötzlich vor meiner Tür." zuckt er die Schultern. „Und sie so kaputt zu sehen war... mies. Keine Ahnung. Ich muss zugeben, dass ich auch etwas für sie empfunden habe, bevor sie Orsin betrogen hat."
Mit erhobener Braue sehe ich ihn an. Das kommt nun sehr unerwartet. Sein Hass zu Maddy schien immer größer als der zu mir.
„Aber bis auf das eine wollte ich seither nicht mehr von ihr."