Kapitel 23 (Treffen)

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Stutzig sehe ich um mich, als wir auf einem Parkplatz am Rande von New York stehen bleiben.
Schnell legt Lennard den Rückwärtsgang ein und legt den Arm plötzlich um meinen Sitz um nach hinten zu sehen.
„Lennard, du hast eine Kamera die dir anzeigt was hinter dir ist." brumme ich mit starrem Blick auf genau diesen Monitor.
„Ist mir scheiß egal. Ich habe gelernt ohne zu fahren und bleibe dabei. Ich bin kein fauler Sack." brummt er unberührt zurück und lehnt sich noch weiter nach hinten um besser sehen zu können.
An sich ist er flink, aber für mich nicht flink genug, denn ich rieche sein leichtes Parfüm und fühle mich bei solcher Nähe zwischen uns beiden unglaublich unwohl.
Deshalb springe ich aus dem Auto sobald er stehen bleibt und laufe einige Schritte vor den Wagen bevor ich mit dem Rücken zu ihm alles besser begutachte. Zwar sind weiter weg genug Wolkenkratzer aber wir befinden uns in einer Umgebung mit niedrigeren Gebäuden aus Glas. Darunter ein edles Restaurant auf dessen Parkplatz wir nun stehen.

Verwirrt drehe ich mich zu Lennard der desinteressiert in meine Richtung kommt.
„Warum willst hier rein?"
„Um zu Frühstücken. Wir haben einiges zu bereden." geht er die Autoschlüssel einpackend an mir vorbei.
Nervös folge ich ihm mit kleinem Abstand und bekomme von ihm die gläserne Tür aufgehalten, wo uns ein Kellner entgegennimmt und zu einem angebrachten Tisch Abseits führt.
Dieser hält mir den Stuhl bereit, um mich völlig fehl am Platz fühlend setzen zu lassen. Fast jede Wand besteht aus Glas und lässt den Sonnenschein von draußen rein scheinen. Zusätzlich sind die Decken so hoch, dass überall Kronleuchter befestigt wurden.
„Worüber willst du reden?"
„Du kommst gleich zur Sache." kichert er, „Das mag ich."
„Ich schwöre bei Gott, wenn du mir ein perverses Angebot machst damit du die Klappe hältst bin ich weg."
Wieder lacht er und greift nach der Karte. „Ich bin nicht mehr so wie früher, Willow. Okay. Nicht mehr ganz." sieht er dabei auf die Karte, „Ich werde dir noch kein solches Angebot geben."
Würg.
„Das ist vielleicht eine einmalige Chance dich zu bestechen, da gebe ich mir mehr Zeit zum Bedenken. Denn ich glaube so schnell wirst du Bram nicht mehr betrügen." gibt er es mit einem markanten Lächeln von sich.
„Ich habe ihn nicht betrogen." zische ich. „Ich wollte ihn nur nicht besorgen, während ich mir eine neue Arbeit aufbaue."
Nun sieht er mich endlich an. Jedoch völlig selbstgefällig. „Oh, Süße.-„ „Lass die scheiß Spitznamen!" „-Wäre es wirklich so, wie du sagst, wärst du nicht so ausgeflippt und hättest ihn so lange angelogen. Vor allem, weil du das nie so gemacht hast."

Etwas überfordert suche ich nach den richtigen Worten um mich rauszureden. „Ich habe ihn nie angelogen. Er hat nie danach gefragt, also wie kann ich ihm etwas erzählen nach dem er nicht fragt?"
Auf meine unsichere Antwort lacht er laut, dass sich einige der feinen Gäste zu uns drehen.
„Du bist so süß."
Meine Hände formen sich unter dem gedeckten Tisch zu Fäusten, während ich Schwierigkeiten habe meine Wut zu bändigen.
Es ist offensichtlich, dass er mir nicht glaubt.

„Darf ich schon die Bestellung entgegennehmen?"
Ich hatte mir nichts angesehen, aber ich war schon so oft mit Bram wo frühstücken, dass ich weiß, dass sich die Karten meistens gleichen.
Ich sehe den jungen Kellner an, der keinem Preis gibt, was er wirklich von allen hält, doch da spricht der nervige beste Freund meines Freundes auf.
„Wir nehmen das Frühstück für zwei. Bitte schon vorbereitet. Ich nehme einen Espresso und die Dame einen Orangensaft."
Sofort schellt mein Blick zu Lennard. „Ich hasse Orangensaft." Seit ich einen als Jugendliche durch die Nase geschossen bekommen habe, weil Jona mich erschrocken hatte kann ich das Brennen der Säure nicht ausstehen. Dabei frage ich mich, wie es meinem Bruder geht. Durch die Uni ist er so beschäftigt, dass man nichts von ihm hört. Aber wir haben in unserem Leben selten miteinander geschrieben oder telefoniert. Ich dachte nur, dass alles schöner wird sobald Bram alles regelt.

Während ich deprimiert werde lenkt Lennard mich wieder ab.
„Dann einen Lycheesaft? Als Aufpasser will ich Bram nicht erklären wollen, warum du nicht so stark bist."
Tödlich sehe ich ihn an.
„Du kannst mich mal." meine ich blank und merke, wie sich der Kellner versteift, „Ich habe Lust auf Alkohol. Bringen sie mir Champagner."
Wieder lacht Lennard laut und ich kann ab diesem Punkt nur die Augen rollen. Das alles reizt mich bis zu meinen Grenzen. „Du wirst keinen Alkohol trinken. Ich brauche dich bei klarem Verstand, kapiert?"
„Bram und ich trinken gerne hin und wieder Champagner zum Frühstück also mach dir keine Gedanken. Ich werde dir mit vollem Bewusstsein zur Verfügung stehen." Leider.
Mit einem überheblichen Lächeln entnehme ich Lennard die Karte und reiche sie dem Kellner, der deutlich unwohl dasteht. Überfordert nimmt er die Karte entgegen bevor er wieder in seine Rolle findet und atemberaubend lächelt. „Kommt sofort."

„So erlebe ich dich zum ersten Mal seit wir uns kennen."
Genervt sehe ich zu ihm doch erkenne keinen Hohn noch sonst einen negativen Hintergedanken. „Was soll das heißen?"
Dazu zuckt er nur die Schultern und entfaltet die Servierte um sie auf seinen Schoß auszubreiten. „Dass du vorlauter bist als sonst. Ich frage mich, was Bram davon hält."
Versteifend wende ich den Blick ab. Wir beide wissen, dass er es nicht ausstehen kann. Ich weiß selbst nicht warum mir alles plötzlich so auf die Nerven geht.
„Bist du schwanger?"
Aus allen Wolken gefallen schellt mein Blick zu ihm. „Die Frage ist wirklich ernst gemeint, oder?"
Doch er lehnt sich nur entspannt nach hinten und grinst.
„Bin ich nicht." zische ich angepisst. „Jetzt sag endlich, was du bereden wolltest."

"Wie lange ist es her, seit du von Mr. Chester gehört hast?"
Zähne knirschend starre ich ihn nieder. „Warum willst du das wissen?" Ich traue ihm nicht. Niemals.
„Gott, Mädchen." meint er fast bemitleidend, „Ich weiß über alles Bescheid. Keine Sorge. Ich möchte nur deine Seite kennen. Denkst du wirklich ich habe nichts von Bram gehört?"
Die Lippen schürend starre ich ihn an ohne weich zu werden. „Vor ungefähr einem Monat. Wieso?"
„Hat er dich gesehen?"
„Was soll das?" halte ich es nicht mehr aus.
Er seufzt und stützt sich auf dem Tisch ab. Als er den Mund öffnet kommt der Kellner und stellt unsere Getränke ab. „Prost. Das Essen ist jede Sekunde fertig."
Wir nicken dankend bevor ich mich wieder zu Lennard lehne. „Bestimmt nicht. Seither hatte Bram sich aber geweigert mir irgendetwas davon zu erzählen. Weißt du etwa was?" frage ich leise und gefährlich. Ich schwöre bei Gott, wenn Bram ihm aber mir nichts erzählt hat, werde ich ihn umbringen.
„Nein. Nicht wirklich." verzieht er schmerzvoll die Lippen. Verräterisch schmerzvoll.
„Wieso fragst du dann? Ich halte deine Scheiße nicht mehr aus, Lennard."

Er seufzt und lehnt sich wieder desinteressiert zurück.
„Weil ich weiß, wofür der Sack da war."
Erstarrend reiße ich die Augen auf. Worauf wartet er?
„Ich bringe dich um."
Abwehrend hebt er die Hände. „Er hatte Bram-„ „Das Essen." ist der Kellner plötzlich mit beladenem Servierwagen bei uns und stellt das gesamte Essen ab, während ich drohe zu explodieren. „Guten Hunger."
Der Kellner braucht sich nur umzudrehen, als ich ihn schon dränge weiterzusprechen.
„Er hatte Bram wegen Elena angesprochen."
„Was?"
„Scheinbar hat die langweilige Tussie nicht aufgegeben und will es nochmal versuchen." verrät er seelenruhig und nimmt einen Schluck von seinem Espresso bevor er sich über die belegten Brötchen hermacht. „Mr. Chester ist dabei ihm eine neue Chance zu geben und er nimmt sie an."

Dieser Arsch hatte es mir verschwiegen. Dabei hatte ich ihn gebeten es zu erzählen sollte es um Elena gehen. „Ich glaube nicht, dass er die Chance einfach so annimmt." krächze ich im Versuch stark zu wirken.
Dazu zuckt er nur die Schultern. „Er tut doch nichts dagegen."
„Woher willst du das wissen?"
„Weil er genau heute einen Termin mit seinem Vater und Elena hat." kaut er weiter während mir der Hunger vergangen ist.
Bram meinte, er hätte Kontrolle über die Situation.
Er hatte es versprochen.
Zerstört weiß ich nicht, was ich sagen soll. Alles bewegt sich in meinem Kopf und ich spüre das Verlangen zu weinen ohne zu wissen warum.
„Woher weißt du das?"
„Ich bin gut darin Dinge zu erfahren ohne sie direkt gesagt zu bekommen. Normalerweise erzählt mir Bram auf welche Termine er geht und verschiebt sie auch, aber heute hat er es nicht getan."

„Vielleicht liegt es daran, dass du die Scheiße an deinem Geburtstag abgezogen hast!" knurre ich und spüre den Schmerz in meinen Muskel als ich meine Arme noch mehr anspanne.
„Naja, egal. Iss was."
„Mir ist der Appetit vergangen."
Wie kann er nur so gleichgültig sein?
„Ich habe dich aber auch aus einem anderen Grund mitgenommen." kaut er und leckt sich den Finger. „Mir war klar, dass du mir nicht wirklich glauben wirst und Bram sicherlich alles abstreiten wird. Also biete ich dir an, es mit eigenen Augen zu sehen."

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