Vene, vidi, vici

1. Kapitel

Schnell zieht das Mädchen die weißen Adidas Kniestrümpfe mit den neonorangenen Kringeln höher und greift nach der schwarzen Sporttasche und ihrem dunkelbraunen Handschuh.
Jetzt wird sie auch noch zu spät kommen...
Noch außer Atmen vom Training sprintet die Brünette über das Footballfeld Richtung Eingangstür; die leeren Schulflure im Erdgeschoss entlang; greift nach dem Treppengeländer und schwingt sich in hoher Geschwindigkeit auf die zweite Treppenstufe, als der Körper einer schlanken Frau mit dem ihren kollidiert.
"Oh Gott es...", Maggie, das Mädchen, sieht die junge Frau in ihren Armen direkt an als sie ihr zurück in eine aufrechte Position helfen will, "Sie."
Verwirrt wird sie von der Älteren gemustert die sich kurzerhand aus den Armen der Schutzbefohlenen löst und ihre Schultern strafft.
"Kennen wir uns?", verwirrt hebt Daniele eine Braue und rückt die Umhängetasche auf ihrer Schulter zurecht.
"Sie haben wirklich keine Ahnung wer ich bin, oder?", lachend schüttelt Maggie den Kopf und drängt sich mit einem ziemlich groben Schultercheck an der Lehrerin vorbei dir ihr nachsieht.
"Hat dir das mein verwirrter Blick verraten?", die Lehrkraft grinst und macht sich dann selbst auf den Weg zu ihrer Klasse als die Jüngere bloß den Kopf schüttelt.

Die Lehrerin.
Eine junge Frau die nicht auf dem College selbst, sondern an der anschließenden HighSchool unterrichtet.
Eine Sonderpedagogiklehrerin.
Heist das so?
Für Schüler mit besonderen Bedürfnissen.
Genervt lässt Mag sich neben ihre Freundin fallen und schenkt dem Lehrer nur einen kurzen, entschuldigenden Blick.
Ohne Bescheinigung ihres Trainers die es ihr erlaubt hätte zu spät zu kommen heißt es nun wohl Nachsitzen.
"Was ist dir denn über die Leber gelaufen?", kichernd knufft May ihrer besten Freundin seit dem Kindergarten in die Seite.
"Nicht was. Wer.", genervt rollt diese mit den Augen, "Die Olle von der HighSchool."
"Welche Olle von der HighSchool?", amüsiert sieht die 18 jährige die zwei Jahre ältere an. "Die Hippiefreundin meiner Mom", seufzend vergräbt Magdalena das Gesicht in den Händen und seufzt, "Ich hab es jetzt zwei Monate geschafft ihr nicht einmal über den Weg zu laufen, weder hier noch zuhause und jetzt? Kaum bin ich fünf Minuten zu spät dran läuft mir die einfach rein! Haben die da drüben kein Lehrerzimmer? Muss die immer mit Mom abhängen? Gestern kam ich heim und Mom stand in der Küche und hat selber Deo gemacht."
"Miss Finnigan! Ich bitte um ihre Aufmerksamkeit sollten sie nicht noch eine Stunde Nachsitzen aufgebrummt haben wollen", der Lehrer, Professor Daniels, schenkt ihr nicht einen Blick als er sie ermahnt. Jeder Lehrer erkennt sie an ihrer Stimme. Jeder Lehrer weiß wer sie ist. Nur sie nicht.
Sie weiß es nicht obwohl sie mit ihrer Mutter befreundet ist.
"Natürlich Professor", seufzend öffnet sie die Kappe ihres Füllers und notiert etwas auf ihrem Block ehe sie ihn ihrer Banknachbarin zuschiebt.

Sie wird total alternativ und will, dass Dad und ich uns nicht mehr sehen.
Ich hasse die Olle! Die hat ihr das eingeredet!

Seufzend kritzelte May ihre Antwort.

Bist du dir sicher? Was, wenn die damit garnichts zutun hat?
Wie heißt die überhaupt?

Daniele Maccallan
Setzt du jetzt deine FBI Talente ein?

Ich bin besser als das FBI, die CIA und der Mossard zusammen!

Verzeihung ihre Majestät!

Du bist doof

Ich weiß

Lächelnd legt Maggie ihren Stift beiseite und zieht sich die Kaputze ihres schwarzen Hoodies über die vom Duschen nassen, braunen Haare, stöpselt ihre Kopfhörer ein und lässt ihre Playlist auf shuffle laufen.

Penny for your thoughts but a dollar for your insights
Or a fortune for your disaster
I'm just a painter
And I'm drawing a blank

We only want to sing you to sleep
In your bedroom speakers
We need umbrellas on the inside
Get me just right

They say quitters never win
But we walk the plank on a sinking ship
There's a world outside of my front door
That gets off on being down

I could learn to pity fools as I'm the worst of all
And I cant stop feeling sorry
For myself

We only want to sing you to sleep
In your bedroom speakers
We need umbrellas on the inside
Get us right

They say quitters never win
But we walk the plank on a sinking ship
There's a world outside of my front door
That gets off on being down
They say quitters never win
But we walk the plank in a sinking ship
There's a world outside if my front door
That gets off on being down

We only want to sing you to sleep in your bedroom speakers
We only want to sing you to sleep

They say quitters never win
But we walk the plank on a sinking ship
There's a world outside of my front door
That gets off on being down
They say quitters never win
But we walk the plank in a sinking ship
There's a world outside if my front door
That gets off on being down

We're broken down on the memory lane
alone together
we are alone
We are broken down on memory lane
alone together
we are alone

Schnell schluckt die junge Frau die aufsteigenden Tränen herunter.
Sie wusste genau, was dieses Lied in ihr auslösen würde aber sie brachte es einfach nicht übers Herz es zu überspringen.
Wenn es nach ihrer Mutter geht, dann ist Maggie ein Loser der nichts auf die Reihe bekommt; schlechte Noten hat und sich sowohl zuhause als auch in der Schule nicht an Regeln hält.
Für ihre Mutter ist sie das Kind, für das man sich zu schämen hat und für das sie sich eben schämt.
Für sie ist Maggie die Schande der Familie die sie regelmäßig als Mutter vor ihren Lehrerkollegen bloßstellt.
Und genau so sieht Magdalena sich.
Ein Mädchen, das nichts was sie versucht richtig macht. Die niemals etwas richtig machen wird.
May sieht das nicht so.
May ist anders. May denkt nicht so von ihrer Freundin, wie die Mitschüler und Lehrer es tun.
Für May ist Maggie das wundervollste Mädchen der Welt die überragend Baseball spielt und einfach nur von Jedem falsch verstanden wird.

Und dann ist da noch Rick.
Ihr Vater.
Ein Mann mit eigener Anwaltskanzlei der ständig beruflich weg ist.
Der Mann, der keinen Moment im Leben seiner Tochter verpassen will und täglich mit ihr Videochattet um sie in ihrem Leben zu unterstützen.
Er ist ein Vater, der ihr größter Fan auf dem Baseballfeld ist und sie in allem unterstützt so wie kein Anderer es jemals getan hat und jemals tut.
Er und May sind der Teil in ihrem Leben, der das Leben lebenswert machen.