Wunden

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Dies waren die Jahre des Wachsamen Friedens. Sauron hatte sich im Osten zurückgezogen und weilte dort für beinahe vierhundert Jahre. Mordor wuchs und gedieh, Orodruin war zerstört, doch war in einer Stadt, weit in den kalten Wüsten und den endlosen Steppen, Rauch aufgestiegen; Altare, die für Opfergaben missbraucht wurden, Trommeln, die in jenen Tempeln Unheil verkünden ließen - Tashon Narr waren jene boshaften Tempel, die den Dienern Saurons Schutz boten ihre Opfer dar zu bringen.
 
Sauron schaute unberührt zu, als Organe, triefende Organe, die vor frischem Blut rot glänzten und Pfützen auf dem Boden hinterließen, aus den Leiben der Gefangenen gerissen wurden, jene, die schrien und weinten und ihre Menschlichkeit, ihre Würde vor ihrem Tod verloren. Mit jedem Tod wurde sein Geist reicher an Macht, denn er sehnte sich, nach dem schwarzen Land und seiner Rückkehr, und so wartete er und nahm die Opfer an. Ein langsamer Prozess, doch ein wahrhaftiger. Es gab einen schnelleren Weg...
 
Eine dampfende Schüssel wurde vor ihn gehalten, der Priester, sich verneigend, wartete auf die Gutheißung der Gabe. Die Gabe hatte eine bemerkenswert lange Zeit überlebt, nachdem man den Nabel durchtrennt hatte, den Darm hinausgerissen hatte, der nun um eine hohe Säule gebunden war, seine Eingeweide sich nun auflösend. Grausames Geschrei war aus ihm ertönt, bis seine Stimme ihn verließ, dann seine Kraft und schließlich sein Leben verblasste.
 
Sauron hob eine Hand und die Gabe wurde in die glühenden Kohlen eines riesigen
Kohlebeckens getaucht. Ein fauler Geruch stieg empor, ein Gong ertönte. Priester, gekleidet in Roben aus Schwarz und Rot, eilten aus dem Schatten herbei.
 
Ketten klirrten, als Vanimórë sich rührte, seine Augen vor Zorn beinahe Blind, funkelten in den Schatten der Feuer gefährlich und warteten auf den richtigen Augenblick. Während des Wachsamen Friedens, hatte Sauron seinen Sohn, Vanimórë, oft mit sich weilen lassen, außer er war auf eine Reise in die anderen untergebenen Regionen gesandt worden. Nackt, herrlich, seine Haare lose bis zu seinen Knien fallend, gab es nichts schöneres, als Sex, um solche Opfergaben abzuschließen - und dem eisernen Willen, an dem Sauron sich Satt fressen konnte, wie an seinem Blute.
 
Vanimórë wehrte sich, doch selbst er hatte einen Punkt, an dem er zu brechen begann; meist war es ein Kind, und Sauron wartete, bis er sich selbst anbot, den stolzen Kopf neigte. Er würde sich auf seines Vaters Schoß setzen, sich auf alle viere knien, oder sich auf den Rücken niederlegen, wie es ein Liebhaber tat, außer, dass seine Zähne fest aufeinander gepresst waren, seine Augen wild vor Zorn.
 
Es hatte niemanden je gegeben, der Sauron hätte so viel Freude bereiten können, wie sein eigener Sohn. Sein Hass, sein unzerstörbarer Stolz und diese Schönheit waren wie eine Droge, die Saurons Sinne berauschten. Er zog an den Ketten, brachte Vanimórë nach vorn, näher zu ihm, bis er vor dem großen Thron stand. Die Trommeln wurden schneller, lauter; denn die Priester wussten, was ihm bevorstand.
 
"Küss mich." neckte ihn sein Vater, der wusste, dass sein Sohn jene Tat verabscheute. Ein Kuss war viel intimer, als Sex; Huren verkauften ihren Körper, nicht ihren Kuss, der sanft war und Liebe darbot. Solche Emotionen waren Sauron fremd, auch wenn er nach Melkor gelüstet hatte - er sehnte sich nach ihm und hasste ihn gleichermaßen. Und so verstand er Vanimórë sehr gut, wusste, dass er erzwungene Liebkosungen mehr verabscheute, als die Misshandlung des Körpers. Nie würde es den selben mentalen Schaden anrichten, wie eine Vergewaltigung, denn war dies viel tiefgründiger und weitreichender, denn es zwang ihn dazu, Teil seines Verderbens zu werden.
 
Oh, Sauron verstand ihn sehr gut, wie es war, durch den Geist eines mächtigeren gefangen zu sein und er war klug genug, um zu wissen, dass er es nicht erfragen musste. Für ihn, jemandem zu erlauben die eigenen Erfahrungen zu durchleben, Kälte und Schmerzen auszuteilen, weil man selbst darunter litt, waren jene Taten ein Kreislauf des Bösen. Außerdem, so dachte Sauron, schien es, als würde seinem Sohn nicht auffallen, wie ähnlich sich beide sein mochten. So wusste er dennoch, dass zu ihm die Rolle eines Liebhabers nicht gepasst hätte.
 
Dennoch war Vanimórë sehr begabt. Jeder, der zusah, glaubte, er sehnte sich nach seines
Meisters Berührung. Seine Lippen schmolzen mit denen des Vaters zusammen und wurden Eins, trennten sich kurz, damit ihre Zungen um Dominanz kämpfen konnten, schließlich hinab glitt, Zähne sanft über die reine Haut Saurons strichen, von seiner Kehle bis zu seiner Brust, über die Nippel, die sich verhärteten, von dem Mund eingesogen wurden, weiter nach unten... Und die ganze Zeit, während Sauron mehr und mehr in den Bann der Lust gezogen wurde, spürte er den Zorn des jüngeren, sein Geschrei und seine Flüche, die er hinter festen Mauern seines Geistes zu verstecken mochte.
Die markanten, weißen Zähne hätten viel Schaden anrichten können, doch wollte er seinem Vater jenes nicht antun. Andere hätten den selben Preis bezahlt, wie er...
 
"Fühlst du den anderen, einsamen Elben noch?" flüsterte Sauron, als seine Hände den schwarz behaarten Schädel umfassten. Es war ein harter Kampf, seine Wut zu unterdrücken, während er seinen Kopf immer wieder von hinten nach vorne bewegte, seinem Vater auf dem Weg zur Erlösung half. Die Finger griffen stärker zu, verkrampften, sein Atem wurde schneller.
"Stellst du ihn die manchmal so vor?"
 
Der herausspritzende Samen füllte Vanimórës Mund und er schluckte reflexartig, bevor Sauron sich zurückzog, er noch immer dort kniete.
 
Ich denke überhaupt nicht mehr an ihn! Er ist frei...
 
"Frei und ängstlich, einsam... du hast ihn zu fest an dich gebunden, mein Sohn."
 
Ich hatte ihm nichts zu bieten.
 
Saurons Hand griff nach dem Kinn und drückte es nach oben, sodass er ihn eines Blickes bedachte. "Du bist ein Lügner. Fast besser als ich selbst." Er zog an den Ketten, während er sich drehe, und führte Vanimórë, wie einen Hund an der Leine, aus der Kammer.
 
 
 
 
 
~ ~ ~
 
 
 
Elgalad kniete neben dem kleinen Bach, trank und säuberte seine Wunde. Er fühlte sich leer, wie ein Rad, durch das der Wind blies, nachdem man es von seinem Gefährt trennte.
 
Was bin ich?
 
Hatte er gedacht, dass er ein Zuhause in dem Königreich des Waldes gefunden hatte? Er hatte getan, was er konnte, und es war nicht genug.
 
Sie bemitleiden mich...
 
Er dachte, er würde an dem Gedanken ersticken.
 
Mein Herr, wo bist du?
 
Niemals kam je eine Antwort. Es würde niemals eine geben.
 
Die Sonnenstrahlen tanzten auf der Oberfläche des Baches, als würden sie sein Leid belächeln und er schloss die Augen. Alle Elben trugen tief in sich eine tiefe Verbundenheit mit dem Ort an dem sie geboren waren oder lebten, mehr als jeder Sterbliche es könnte. Als er mit seinem Herrn gereist war, hatte er es nicht wahrgenommen, doch spürte er es nun, da er alleine war, umso mehr, denn er hatte den Wald als einen Anker seines Geistes gesehen und liebte jenen Ort aus ganzer Kraft. Für Elben war es ungewöhnlich einen solchen Ort nicht zu haben, weshalb sie Mittelerde verließen, um in den unendlichen Landen zu leben.
 
Das Geräusch des Wassers beruhigte ihn etwas, so wie es das immer tat. Eine süße Stimme schien damit zu verschmelzen, und als er seinen Kopf hob, dachte er roch Sole, obwohl die See weit entfernt lag...
 
Die Stimmen verschwammen in dem Plätschern des Baches, das über Steine floss und sich seinen Weg hindurch bahnte. Er hörte das Geklapper der Hufe einiger Pferde. Er stand auf, sein Herz wild in seiner Brust schlagend und drehte sich, schaute in die Richtung, aus welcher jene Geräusche kamen. Im Norden erklommen dichter Tannen der Wälder die grünen Hügel. Er begann zu rennen.
 
Jemand rief ihn, doch schaute er sich nicht um, obwohl er wusste, dass die Pferde ihn beinahe eingeholt hatten. Eine Hand griff plötzlich nach ihm und hob ihn an, als wäre er ein hilfloses
Kind. Wildes, goldenes Haar fiel in sein Gesicht und jemand sagte: „Friede, Elgalad.“
 
Die Pferde hielten an und Elgalad wurde abgesetzt und sah, dass jener der ihn hielt, kein geringerer war als Glorfindel, dessen Griff so stark war, dass er wusste, er würde nicht losgelassen. Und auch wenn sein Griff dem einer eisernen Kette gleich kam, so war sein Ausdruck sanft und gutmütig. Seine Hand berührte die Wange, jene, die Malthador verunstaltet hatte und es schien, als würden der Schmerz und die Hitze der Wunde aus seinem Körper weichen.
 
„Wohin gehst du, Elgalad?“ fragte Glorfindel sanft.
 
Elgalad versuchte seinen übrig gebliebenen Mut zu sammeln, stotterte, als er Legolas erblickte.
„Vergebt m-mir! I-ich… hätte Schand-de über euch gebracht… Ich verlor m-mein Talent, bbin eines Kriegers nicht m-mehr w-würdig. Ich wünsche nicht, euch w-weiter zu beschämen. Lass-st m-mich gehen, auf das ich meinen Herrn finden kann!“
 
Glorfindel richtete seinen Blick auf Legolas.
Man hat ihn geschlagen. Ich denke, es war Malthador. 
 
Der Ausdruck auf des Prinzen Gesicht war rot vor Wut, als er eine Hand ausstreckte und sie auf Elgalads Schulter legte. „Deinen Herrn? Weshalb jetzt? Weißt du, wo er ist?“
 
Der silberne Kopf schüttelte sich.
„Ich sp-püre ihn n-nicht mehr. Dennoch werde ich ihn f-finden! Deines Vaters Reich ist kein
Ort für m-mich, mein P-prinz. Ich…“ 
 
„Doch das ist es.“ Sagte Legolas bestimmend. „Dein Begleiter rettete mir das Leben und brachte dich zu mir, damit du sicher wärst. Ich würde meine Schuld nicht begleichen, sollte ich dich gehen lassen, Elgalad. Und du bist mein Freund. Ich habe dich sehr gern. Und diejenigen, die ich gern habe, lasse ich nicht so einfach gehen.“
 
„Er wünschte, dass ich unter meinesgleichen w-weile. Doch… w-was kann ich tun? Ich wwäre lieber tot!“ Sein Weinen war grauenvoll. „Ich würde nach M-mordor, doch sagt m-man, dass der dunk-kle Herr fort ist und wenn er nicht dort ist, so wird m-mein Herr dies auch nicht sein…“
 
Es gab eine lange Phase des Schweigens und plötzlich errötete Elgalad, denn ich dämmerte, was er verriet. 
 
„Er ist sehr groß; schwarzes Haar, welches bis zu seinen Knien fällt, schön, wie eine Flamme in einer kalten Winternacht, und Augen, welche Farbe ich noch nie zuvor an anderen sah. Tiefes Violet.“ Sagte Glorfindel und beobachtete, wie sich der Ausdruck auf Elgalads Gesicht veränderte.
„Ja, ich habe ihn kennengelernt, genau wie Istelion und Elrond. Du hast uns nichts gesagt, was wir nicht schon wussten.“ Er schaute zu Legolas, der nickte.
„Er wurde in Barad-Dûr gefangen genommen und war unser Gefangener für sieben Jahre. Er sieht aus, wie ein Noldor, doch ist er an Saurons Geist gebunden. Nach dem Sieg ging er in den Süden.“
 
Tindómion war still, seine Augen wild, als würden sie sagen: Welcher Sieg, wenn der Ring nicht zerstört wurde. Mein König war tot… stattdessen wand er sich ab.
 
„Ich weiß nicht wer er ist,“ sagte Glorfindel. „Doch war es gut, dass er dich zu uns brachte, Elgalad.“
 
„Du gehörst zu uns und du hast uns niemals beschämt.“ Die Arme hebend sagte Legolas: „Komm.“
 
„N-nein… Ich k-kann nicht. Bitte! Ich k-kann nicht zür-rück!“
 
„Es gibt nichts zu fürchten.“ Sagte der Prinz, als er in den Osten, nach Imladris, schaute, schließlich auf Glorfindel blickte. „Ich verspreche es dir.“ Er rann seine Finger durch das silberne Haar und zog Elgalad näher an sich heran. Nach einer kurzen Weile, nahm er die Umarmung an und lehnte sich an Legolas, sein Gesicht in die Halsbeuge des Prinzen gedrückt, wie ein Kind es tut, wenn es Trost sucht.~

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