1. ~ Feathered Idiot

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Vier Tage waren vergangen seit sie Cas verloren haben und nicht nur ihn. Chuck hat alle Menschen wortwörtlich ins Jenseits befördert bis auf Dean, Sam und Jack, damit diese leideten. Die ganze Welt stand still und es existierten nur noch die drei. Es gab keine Menschheit, keine Hoffnung gar nichts, was sie noch auf dieser Welt hielt.

Dean hatte sich seit sie nach dem Tod seines besten Freundes nach Hause gekommen waren in seinem Zimmer eingesperrt und verließ es nur noch, um sich Essen oder Alkohol zu besorgen. Sein Zimmer schaute aus wie die letzte Müllhalde - das war zwar nichts neues, aber gerade jetzt war es besonders unaufgeräumt. Überall lagen getragene Wäsche und leere Flaschen auf dem Boden verteilt, auf dem Nachttisch waren dreckige Teller und Schüsseln gestapelt, sein Bett war nie gemacht und sein Spiegel war zerschlagen... Er hatte seine Wut daran auslassen müssen. Seine lodernde Wut auf Chuck, seine Wut auf Jack, der ein Nephilim war, der seine Kräfte verloren hat und ihnen nun auch nicht weiterhelfen konnte, seine Wut auf Sam, der einfach nicht die Hoffnung aufgab und seine Wut auf Cas, der sich schon wieder für ihn geopfert hatte.

Wie konnte er sie nur wieder alleine lassen? Wie konnte er diesen dämlichen Fehler begehen und den Deal mit der Leere abschließen? Und vor allem, wie konnte er das nur vor Dean verheimlichen?

Diese Wut hatte sich über die Tage aber in Gleichgültigkeit, Depression und Reue verwandelt. Dean dachte jeden Tag, jede Stunde über Cas' Worte nach und ließ sie immer wieder durch den Kopf gehen. Er konnte immer noch nicht fassen, dass Cas den glücklichsten Moment in seinem Leben erreicht hatte, indem er ihm, Dean sagte, dass er ihn liebte.

Die beiden hatten schon immer eine merkwürdige, aber besondere Verbindung, was nicht nur daran lag, dass Cas ihn aus der Hölle gerettet hat. Dass er ihn aber wirklich liebte, hatte ihn aus der Bahn geworfen. Er erinnerte sich noch genau daran, als bei diesen Worten für eine Sekunde sein Herz stehen blieb. Er hat weder Zeit gehabt das Gesagte zu verdauen noch Cas eine richtige Antwort zu schenken und ehrlich gesagt wusste er bis jetzt nicht, was er ihm in dem Moment hätte sagen können.

Er setzte sich in seinem Bett auf und rieb sich müde übers Gesicht. Wie immer glitt sein Blick sofort zu dem Stuhl, über dem sein Hemd hing, welches er an dem einen Tag anhatte. Ein dunkelroter Abdruck zeichnete sich darauf ab - Castiels Blut. Dort, wo ihn Cas an der Schulter gepackt und zu Boden geworfen hatte. Dean brachte es einfach nicht über sich das Hemd zu waschen. Stattdessen griff er wie jeden Abend danach, als wäre es das letzte, was ihn noch an der Oberfläche hielt und schloss seine Augen. Es ist eine Art Ritual geworden, denn er betete jeden Tag verzweifelt zu Cas in der Hoffnung er würde irgendwann sein Gebet erhören, doch langsam fing auch er an daran zu zweifeln.

In diesem Moment schlief der Engel ganz bestimmt tief und fest in der Leere und durchlebte die Situationen, die er in seinem Leben am aller meisten bereut immer und immer wieder. Zwar hat es Jack damals schon einmal geschafft Cas dort rauszuholen, indem er ihn mit seinem Ruf geweckt hatte, aber Dean wusste genau, dass er nicht einmal halb so stark ist wie Jack es damals war. Und trotzdem glaubte er tief in seinem Inneren, dass es doch noch ein Fünkchen Hoffnung gab und seine ungewöhnliche Verbindung zu Cas mächtig genug war, dass er ihn wenigstens hören konnte.

"Cas, Kumpel, hier bin ich wieder. Sam und Jack sind immer noch unterwegs, um vielleicht doch noch irgendwelche Menschen oder Chuck zu finden, aber ich denke nicht, dass sie überhaupt noch Erfolg haben werden. Ich halte das nicht mehr aus Cas, ich kann nicht mehr. Wie lange soll das noch weiter gehen? Wie lange sollen wir hier noch einsam verrotten?", Dean schluckte schwer und stellte sich vor seinem inneren Auge das verwirrte Gesicht des Engels vor, das er an ihm so mochte. Dieser verwirrte Blick und das Schieflegen seines Kopfes, wenn Cas mal wieder nicht verstand, was Sache war. Das war eine Besonderheit von ihm etwas, was ihn von den anderen unterschied, aber nicht nur das. Das entscheidende war sein gutes Herz, sein Mut, seine Stärke, Loyalität und die Bereitschaft alles für seine Familie zu tun, selbst wenn es sein Leben kostete.

"Wir brauchen dich, Cas", er holte tief Luft und stieß sie mit dem nächsten Satz wieder aus: "Ich brauche dich."

Einige Zeit verging, ehe er mit deutlich erhobener Stimme weitersprach. "Hörst du mich du gefiederter Idiot? Ich brauche dich! Beweg deinen himmlischen Arsch hierher oder ich mache die Hölle heiß, um dich zu holen und wenn ich das erst mal geschafft habe, dann kille ich dich noch mal höchstpersönlich!", brüllte er und schlug mit dem Hemd in seiner Faust auf seine Matratze ein, bevor er die Augen öffnete, sich wütend aufrichtete und im Zimmer auf und ab lief. Er wollte gerade voller Wucht seine Lampe und anderen Kleinkram vom Nachttisch fegen, als ihm auf einmal wieder die Worte von Cas einfielen.

Du siehst dich genauso wie unsere Feinde dich sehen. Du bist zerstörerisch, du bist wütend und du bist gebrochen...... Und du denkst, dass Hass und Wut das ist, was dich antreibt, dass es das ist, was du bist... Das stimmt nicht.

Er spürte, wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete, legte seinen Kopf in den Nacken und fuhr sich mit beiden Händen aussichtslos über seine Haare. Danach blieb sein Blick wieder an dem einen Hemd hängen, welches er erneut in die Hände nahm. Das war das einzige, was er von Cas hatte. Damals hat er wenigstens seinen Trenchcoat gehabt, an dem er sich festhalten konnte, aber dieses Mal gab es nur Deans Hemd mit dem Blut des Engels drauf.

Der Jäger hielt diese Schmerzen in seiner Brustgegend nicht mehr aus, er brauchte wieder Alkohol - sehr viel davon. Achtlos warf er das Hemd auf den Stuhl und suchte seinen Raum nach Flaschen ab, die nicht leer waren, aber fand keine. Dann musste er wohl oder übel in die Küche laufen.

Langsam öffnete er die Tür, lauschte kurz und machte sich dann auf den Weg. Scheinbar waren sein Bruder und Jack noch nicht zu Hause, denn es herrschte Totenstille.

Im Esszimmer angekommen, lugte er kurz in den Kühlschrank und entdeckte paar Flaschen Bier, aber das war nicht das, was er brauchte. Er schnappte sich in einem Regal daneben Whisky und drehte sich zufrieden um, jedoch machte er die Rechnung ohne seinem Bruder, der unmittelbar hinter ihm stand und mit verschränkten Armen am Tisch lehnte und ihn beobachtete.

Erschrocken zuckte er zusammen und ließ fast seine Beute fallen. "Verdammte Scheiße, Sammy!"

"Was machst du da?", der Braunhaarige beäugte misstrauisch die Flasche Whisky. "Denkst du nicht, es reicht langsam mit Alkohol?"

"Nein", antwortete Dean bloß und wollte gerade stur aus der Küche spazieren, als Sam ihn am Arm festhielt. "Dean, ich weiß, dass du es nicht leicht hast - wir alle haben einen guten Freund verloren, aber wir dürfen jetzt nicht aufgeben. Cas hat sich nicht umsonst für dich geopfert, er wollte dass wir das zu Ende bringen und Chuck besiegen."

Dean schloss genervt die Lider und drehte sich schwer atmend zu seinem Bruder. "Chuck kann man nicht besiegen Sam - er ist Gott! Wir haben es versucht und was haben wir davon? Genau, Jack hat seine Kräfte verloren, alle Menschen auf diesem Planeten sind spurlos verschwunden und Cas... Cas ist tot!", brüllte er und schüttelte Sams Hand ab. Störrisch starrte er ihm in die Augen.

So standen sie noch einige Zeit da, bis der Größere nachgab und aufseufzte.

"Dean?", ertönte es auf einmal vorsichtig von der Tür. Es war Jack, der ihn mitfühlend und voller Trauer in den Augen ansah.

Jack hatte es fast genauso schwer wie der Jäger. Schließlich hat Castiel für ihn eine Art Vaterrolle übernommen und hat ihn seit er im Bauch seiner Mutter war vor allen Gefahren beschützt, die ihn verfolgt haben, weil er nicht bloß ein sehr starker Nephilim - halb Engel, halb Mensch - war, sondern auch noch ausgerechnet Luzifers Sohn. Allerdings war er nicht so wie sein Vater, weil er von den Winchester-Brüdern und Castiel erzogen wurde.

"Hey Kleiner", gab Dean mit einem Nicken zurück und schritt zur Tür.

"Dean!", rief Sam ihm hinterher. "Du hast uns immer noch nicht erzählt, was Cas dir gesagt hat."

"Ein andermal", erwiderte er knapp während er Jack kurz auf die Schulter klopfte, den Raum verließ und in seinen schlenderte. Doch er wusste ganz genau, dass er es ihnen nie verraten wird. Er konnte Sam einfach nicht von Cas' Geständnis erzählen. Er wusste nicht, wie er das anstellen sollte und er wusste auch nicht, wie die beiden darauf reagieren würden. Außerdem machte ihn der Gedanke daran aus irgendeinem Grund nervös und ein Teil von ihm schämte sich irgendwie dafür. Warum, wusste er nicht so genau. Jedenfalls war es etwas persönliches und zu intimes, etwas, was er mit niemandem teilen wollte, etwas, was für immer sein Geheimnis bleiben wird.

Never Meant To Be (Supernatural FF) ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt