Kapitel 1

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Es war mitten in der Nacht als ich von Gepolter wach wurde. Seufzend setzte ich mich langsam auf die Bettkante und realisierte, dass ich langsame Schritte vernahm. Ich rieb mir zunächst die Augen, sodass der Schlaf wegging und stand vorsichtig auf. Auch meine Schritte glichen wie die von denen, die ich hören konnte. Wer das wohl war?

Ich schlich aus meinem Zimmern und wanderte lautlos hinter den Schritten her. Meine Augen hatten sich schon an die Dunkelheit gewöhnt, damit fiel es mir leichter kein Aufsehen zu erregen. Diese Schritte gingen an die Schatzkammer vorbei, doch auch Smaug konnte es anscheinend nicht hören, da er friedlich in dem Gold schlummerte. Lächelnd nahm ich das zu Kenntnis und lief noch immer hinter denjenigen her.

Ich wusste nicht, was mich erwarten würde, dennoch hoffte ich, dass dieser Einbrecher nichts Grausames vor hatte. Allerdings ahnte ich, wohin ich diese Schritte folgte. Wir liefen tiefer in den Berg und mir wurde nun bewusst klar, dass wir nicht zu den Zellen gingen sondern zu den Gruften, die sich weit unter diesem Anhöhe befanden. Als ich hörte, dass eine bestimmte Tür aufging, erschauderte ich:

Was wollte derjenige vom Grab meiner Mutter?

Zögernd, ob es wirklich gut wäre alleine dorthin zu gehen oder es einfach nur Thorin sei, der vor Trauer gar nicht mehr richtig schlafen konnte, nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und lief dennoch zu dieser Tür. Oder vielleicht war es Kili, der sich sicher sein wollte, dass sie wirklich Tod war, weil er es einfach nicht verstehen konnte. König Thorin und Kili waren seit ihrem Tod nur Ernst und wenn sie mich einmal sahen, dann blickten sie nicht mich an sondern meine Mutter. Ich fühlte mich in den letzten achtzehn Jahren irgendwie Fehl am Platz. Jedes Mal wurde durch mich hindurch gesehen als wäre ich keine eigene Persönlichkeit sondern nur eine Kopie.

Ich wollte in diesem Berg leben, weil ich dort meine Mutter beigesetzt war. Mein kleines Herz damals hatte beschlossen, dass ich hier bleiben sollte, wenn ich meine Mutter näher wie zuvor sein wollte. Schließlich wusste ich, dass sie immer bei ihrem Thorin bleiben würde. Kein Schritt ging er ohne sie, dass spürte ich tief in mir. Doch, wenn man Smaug glauben schenken dürfte, dann würde sie uns sehen mit all dem Schmerz, der Trauer und dem Verlust, welches sie mit ihrem Tod hinterließ. Nur wir hatten noch die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit, die sich bei mir festklammern wollte, doch irgendwie je länger diese Zeit her war, desto mehr erlöscht sie.

Damals war ich schließlich ein sechsjähriges Kind, welches ihre Mutter an Azog, den Schänder verlor. Ich vermisste sie und ihre aufmunternde Art. Hätte ich schneller verstanden, was auf dem Rabenberg vor sich ging, dann hätte ich es niemals zugelassen. Vielleicht war es auch nur das denken, mit dem wenn oder aber... Vielleicht war es auch nur eine Art von mir, damit besser klar zu kommen.

Meine Füße trugen mich alleine durch die Dunkelheit zur Tür, die meist abgeschlossen war. Der König selbst, sah jeden Abend danach, dass sie auch wirklich verschlossen war. Langsam drehte ich den Knopf um und öffnete diese. Erschrocken, dass sie nicht abgeschlossen war, trat ich ein und sah nur den Sarg von meiner Mutter.

„Mein Kind, wie lang ist es schon her?"

Ich erkannte diese Stimme. Auch wenn sie schon vor einiger Zeit in meinen Gedanken erloschen war, wusste ich, dass es nur eine männliche Stimme war, die ich nach meiner Geburt bis zu meinem dritten Lebensjahr immer wieder wahr genommen hatte. Ich hatte diese Stimme schon in allen Gefühlslagen wahr genommen.

„Vater? Wo bist du?"

Ich sah mich um und doch erkannte ich nicht Festes.

„Du bist mir gefolgt, weil ich wollte, dass nur du mich hören kannst. Es tut mir unfassbar leid, dass was wir dir angetan haben. Ich hoffe es geht dir trotzdem gut?"
„Ja, mir geht es gut, mach dir keine Gedanken. Aber wieso wolltest du, dass ich hier in die Totenhalle meiner Mutter komme?"

Es blieb still, anscheinend dachte er nach, wie er mir etwas mitzuteilen hätte.

„Die Welt in der wir alle gelebt haben, wird erneut zu einer Katastrophe ausarten und nur du alleine kannst es aufhalten, mein Kind. Ich hatte dich hierher gebracht, damit ich mit dir alleine reden konnte ohne Aufpasser und Zuhörer. Du kennst nicht die ganze Geschichte von mir. Deine Mutter konnte mich einst nicht lieben wegen Thorin, ihrem Verlobten. Und ich konnte Emilia nicht lieben, weil mein Herz an der Freiheit gebunden war."
„Aber, mein Vater, was meinst du damit?"

Ich setzte mich auf die Steinbank im linken Bereich und blickte mich noch immer fragend um.

„Nur das Feuer kann sehen, was das Feuer birgt. Nur der Schatten kann sehen, was im Schatten läuft."
„Das sind die letzten Zeilen der Zwergenlegende."
„Genau, Sirenia, du solltest wissen, dass diese Zeilen deine Aufgabe für deine bevorstehende Reise ist."
„Aber dennoch, Vater, bevor wir hier weiter machen, was meinst du mit Freiheit?"
„Mein Kind, ich bin Amrod, nicht der Elbenprinz von den dürren Heiden, sondern..."

Die Tochter des Arkensteins *beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt