22

720 34 12
                                    

Entgeistert schaue ich ihn an. Das kann nicht wahr sein. Ich bleibe stehen, kann mich nicht mehr bewegen. „Fred! Wir müssen zu Professor Dumbledore!" ruft George verzweifelt und zieht an meinem Ärmel. Ich blicke ihn an und gemeinsam rennen wir durch das ganze Schloss, bis wir Dumbledore vor seinem Büro stehen sehen und dieser uns reinlässt. Normalerweise hätte ich das super gefunden und mir das Passwort gemerkt, um dem Büro gelegentlich einen Besuch abzustatten, aber ich bin so aus der Bahn geworfen, dass ich nicht einmal höre, welches Wort die geheime Treppe erscheinen lässt. Auch den Rest nehme ich nur schwach wahr. Alle sind am Diskutieren, die Lehrer haben sich versammelt und wollen irgendetwas unternehmen. Ich will etwas unternehmen! Aber als ich das sage, werden ich und mein Bruder nur in den Gemeinschaftsraum geschickt. Und dort sitzen wir jetzt seit mehreren Stunden. Ein Schweigen liegt zwischen uns, wie sonst nie. Seit wir aus Dumbledores Büro rausgekommen sind, hat keiner auch nur ein Wort gesagt. Verzweifelt raufe ich mir die Haare und fange an zu sprechen. Meine Stimme hört sich heiser an, aber ich lasse mich nicht beirren. „George, ich weiß nicht, ob ich das Ganze hier noch lange aushalte! Zuerst wird Ella versteinert und jetzt verschwindet auch noch unsere Schwester! Und wir, wir sitzen nur hier und machen nichts. Es bringt mich noch um. Ich kann nicht einfach Abwarten und Tee trinken!" aufgebracht laufe ich durch das Zimmer. „Mir geht es genauso Fred. Aber wir können im Moment nichts für Ginny tun. Die Einzige um die wir uns wenigstens ein bisschen kümmern können ist Ella. Wir sollten ins Gewächshaus gehen und nach den Pflanzen schauen. Ginny wird schon wieder auftauchen und alles wird gut." Er legt mir beruhigend einen Arm um die Schulter. George hat gar nicht mal so unrecht. Besser wir helfen wenigstens einer Person, als dass wir gar nichts machen. „Also los, gehen wir." Als wir am Gewächshaus ankommen, erreicht uns eine wunderbare Nachricht: Die Alraunen sind so weit, dass man sie als Zutaten benutzen kann. Als Madam Pomfrey das erzählt falle ich meinem Bruder vor Erleichterung in die Arme. „Ella! Wir können sie retten!" George lacht leise und ich löse mich von ihm. Dann zeigt Madam Pomfrey uns, wie wir die Alraunen richtig verarbeiten müssen, um den Wiederbelebungstrank herzustellen. Wir sind beschäftigt bis zum Abend, aber wir halten durch und irgendwann ist es endlich so weit. Der Trank ist fertig. Fassungslos schaue ich das kleine Fläschchen in meiner Hand an. Diese Flüssigkeit wird meine Ella Lion zurückbringen. Endlich. Erwartungsvoll schaut George mich an und nickt mir aufmunternd zu. Ich setze mich an Ellas Bett und flösse ihr den Trank vorsichtig ein. Zuerst geschieht nichts und ich will vor Enttäuschung schon die leere Flasche auf den Boden werfen, aber dann höre ich ein müdes Krächzen. Ganz leise. „Fred" ich schaue auf und blicke in Ellas wache, meeresblauen Augen. Mein Herz steht still. Wie lange ich darauf gewartet habe, in diese wunderschönen Augen zu blicken. Ich drücke ihre Hand ganz fest und streiche ihr vorsichtig eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie lächelt mich leicht an und sagt dann: „Du siehst ja richtig scheiße aus, mit Augenringen und so." Ich schüttle den Kopf, fange an zu lachen und drücke ihre Hand nur noch fester. Ich will sie nicht mehr loslassen, nie mehr. Der Moment ist so überwältigend, dass ich nichts sagen kann und deswegen antwortet mein Bruder für mich. „Tja, du hast dem armen Freddie ganz schönen Kummer bereitet, weißt du? Er konnte schon seit einer Ewigkeit nicht mehr richtig schlafen. Und du siehst auch nicht gerade toll aus." Sagt George grinsend, aber es stimmt nicht. Ella sieht wunderschön aus, so wie immer.


Ellas POV:

Es fühlt sich an, als wäre ich aus einem langen Schlaf erwacht. So muss sich Dornrösschen gefühlt haben, denke ich schmunzelnd, nur dass ich nicht durch einen Kuss wach wurde, sondern einen Trank, wie ich später erfahren habe. Kurz nachdem ich aufgewacht bin und bekannt wurde, dass jetzt so langsam alle Versteinerten wieder geheilt werden, trudeln immer mehr Leute ein und schon bald habe ich all meine Freunde um mich versammelt. Fred hält nach wie vor meine Hand und sieht müde, aber glücklich aus. Ruby ist mit George am Streiten und Noah zeigt mir seine neuesten Kunstwerke, die wie immer einfach magisch aussehen. Auch Wood schaut kurz vorbei, sagt Hallo, nimmt mich in den Arm und geht darauf wieder. Irgendwann ist es schon so spät, dass Madam Pomfrey alle herausscheucht, aber kurz nachdem alle gegangen sind, schleicht sich Fred wieder in den Krankenflügel und setzt sich zu mir. „Ich habe nicht vor, dich allein zu lassen." Meint er und setzt sich breitbeinig auf den Stuhl neben mir. Ich verdrehe die Augen. „Fred, spiel dich nicht so auf, als wärst du mein Beschützer, wir wissen beide, dass du nur zu mir kommst, weil du MICH brauchst und nicht andersherum." Lache ich. Er zuckt mit den Schultern. „Kann schon sein. Darf ich trotzdem bleiben?" „Als könnte ich deinen treuen Hundeaugen widerstehen." Sage ich mit einem Lächeln und rutsche herausfordernd ein Stück zur Seite. „Aber du legst dich neben mich. Ich habe nämlich das Gefühl, dass du dringend ein bisschen Schlaf vertragen kannst, mein Lieber." Fred willigt ein und legt sich neben mich. Ich spüre seine Wärme und seinen Atem, der immer regelmäßiger wird, bis er irgendwann ganz eingeschlafen zu sein scheint. Leise lächle ich in mich hinein. Ich bin froh wieder da zu sein.

The dreamer and the joker (Fred Weasley FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt