Kapitel 30

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Mit aller Kraft biss ich dem Anführer in den Arm, riss mich los und rannt in die entgegengesetzte Richtung. Ich musste hier raus, um jeden Preis.
„Bleib stehen du kleine Mistmade!", schrie der Anführer total wutentbrannt hinter mir. Ich rannte so schnell ich konnte und kam mit dem Atmen kaum noch hinterher. Da war die Tür um in die Halle zu kommen, da musste ich durch. Ich rannte und rannte. Der Klang von Schüssen und Schreien war zu hören. Etwas Putz platzte plötzlich vom Türrahmen ab. Die schossen in der Halle. Das wäre mein Tod vielleicht. Egal, ich musste hier raus, wenn Mo mich wirklich im stich gelassen hat, dann wäre dieser Angriff die einzige Chance zu fliehen. Außerdem würde der Anführer mir niemals folgen. Also nahm ich all meinen Mut zusammen und rannt in die Halle, mitten in den Schusswechsel. Ich sah nach links, da waren die Männer vom Anführer. Ich sah nach rechts, da waren andere Männer, ich kann sie alle nicht. Die linke Seite würde mir auf jeden Fall wehtun, aber die Rechte, die war unberechenbar. Also rannte ich bis zum Ende der Halle und dann nach draußen. Ich hatte es geschafft, ich war draußen. In der Halle tobte der Krieg und am anderen Ende stand ein wütender Anführer, diesmal würde er mich ganz bestimmt nicht wieder einfangen. Ich lief los, ich musste wieder nach Hause finden. Als erstes lief ich von Gelände runter und dann rannte ich irgendwelche Nebenstraßen entlang, in der Hoffnung eine wieder zu erkennen, aber alles kam mir so fremd vor und ich fühlte mich ganz alleine. Außerdem taten mir die Füße weh, weil ich weder Socken, noch Schuhe an hatte. Und Kalt war es auch, es war ja auch Dezember. Alles an mir zitterte vor Kälte, aber ich war frei, das war die Hauptsache. Jetzt konnte ich in Ruhe Mo und Davin suchen.
Der Plan ging nicht so ganz auf. Ich irrte einsam und allein durch die Stadt, bei einem überfüllten Altkleider-Container suchte ich mir einen Pullover und Schuhe raus. Der Pullover war mir etwas zu klein und die Schuhe zu groß, aber es war besser als gar nichts. Ich kauerte mich in eine Ecke und schloss erschöpft meine Augen. Wir sehr ich doch mein Zuhause vermisste, mit Davin und Mo. Ich ließ mich in meinen Erinnerungen etwas versinken und die Realität vergessen. Ich hatte so viel schönes mit Mo erlebt. Und auch mit Davin, seitdem wir bei Mo lebten. Es war das perfekte Zuhause für uns.
„Hier ist er!", hörte ich plötzlich eine Stimme rufen. Ich schreckte hoch und sah einen Mann, der auf mich zukam. Es war zu dunkel, um ihn erkennen zu können, aber ich wollte mich ganz bestimmt nicht wieder einfangen lassen. Ich sprang auf und lief los. Ich rannte. Plötzlich tauchte da noch einer auf, am Ende der Straße. Ich musst das trotzdem durch.
„Bleib stehen! Wir tun dir nichts!", rief der Mann hinter mir, aber das glaubte ich ihm nicht, dass konnte nun wirklich jeder sagen.
„Haut ab!", schrie ich. Ich war jetzt bei dem zweiten Mann angelangt. Er war direkt vor mir. Ich täuschte an, nach rechts auszuweichen und schlug dann scharf nach links ein. Der Mann fiel drauf rein, aber unglücklicherweise brachte mir das recht wenig. Mein Schuh drehte sich um meinen Fuß, ich rutschte raus und fiel auf den Asphalt gegen den Mann gegen. Ich wollte sofort wieder aufstehen und weiter laufen, aber da spürte ich schon die Hände an meinem Rücken und meinen Armen.
„Lasst mich los! Ihr habt nicht das Recht mich mitzunehmen!", schrie ich, die Männer lachten nur amüsiert.
„Das Recht, hast du das gehört?", rief der erste Mann und beide fielen in ein lautes Gelächter ein. Ich trat und versuchte mich zu befreien und zu drehen, aber nichts half, ich war wieder gefangen.
„Beruhig dich Kleiner, du bist doch Namik oder?", fragte der zweite Mann.
„Das geht euch gar nichts an! Lasst mich los! Mo wird euch alle fertig machen, wenn er erfährt, was ihr mir antut!", schrie ich und strampelte weiter heftig mit den Füßen.
„Mo? Der wollte doch, dass wir dich mitnehmen.", rief der Mann und lachte. Ich hörte auf mich zu wehren und sah den Mann fassungslos an. Das waren Mo's Männer? Und Mo hatte mich wirklich nicht im Stich gelassen? Ich lächelte und konnte nicht mehr aufhören. Endlich würde ich nach Hause kommen zu Mo und Davin, meiner Familie.
„Dann bringt ihr mich nach Hause?", fragte ich hoffnungsvoll. Der Mann nickte, hörte auf mich festzuhalten und half mir hoch auf die Beine. Sie zitterten etwas vor Aufregung, aber ich konnte mich darauf halten. In meinem Bauch tanzten gefühlt gerade tausend Schmetterlinge wild durcheinander. Noch nie in meinem Leben war ich so glücklich, wie jetzt.
Die Männer brachten mich zu einem Auto und fuhren los. Ich durfte Vorne sitzen und die warme Sitzheizung und die Lüftung genießen. Wir fuhren sehr lange und ich machte mir schon fast Sorgen, dass die Männer doch Entführer waren. Der Wagen hielt und ich sah raus. Das hier war alles so fremd, wir waren definitiv nicht bei Mo's Haus. Die Männer stiegen aus und ich stieg auch aus, etwas zögernd. Der eine Mann klopfte und wenig später machte jemand auf. Mo kam raus und all meine Sorgen, dass die Männer vielleicht doch Entführer waren, verschwanden. Ich rannte zu ihm und fiel ihm in die Arme. Er nahm mich fest in den Arm, wirklich ganz fest, so wie es nur ein Vater tun würde. Freunden Tränen kullerten über mein Gesicht und ich fing an zu weinen, weil ich endlich wieder Zuhause war.
„Ich hab dich so vermisst.", flüsterte ich leise.
„Ich dich auch und Davin auch, wir waren krank vor Sorge.", antwortete er und küsste mir auf den Kopf. Das tat so gut. Nach einer Weile ließ er mich los und führte mich in das neue Haus, es war wesentlich schön als das alte und viel moderner eingerichtet.
„Namik!", schrie Davin und kam mit Tränen in den Augen runter gerannt und fiel mir in die Arme. Ich nahm ihn fest in den Arm.
„Ich hab dir doch gesagt, dass ich da schon irgendwie rauskomme, Bruderherz.", sagte ich mit einem Lächeln im Gesicht. Mein kleiner Bruder, wir sehr ich ihn doch vermisst hatte. Aber jetzt war ich wieder da, bei meiner kleinen Familie.

NamikWo Geschichten leben. Entdecke jetzt