Wir stiegen aus dem Zug aus und ein Geruch von Pisse empfing uns. Das hier ist also Dortmund. Ich nahm Davin an der Hand und wir drängten uns durch die Menschen, wir liefen durch den Bahnhof, bis wir endlich draußen waren. Ich sah mich um und wusste nicht wohin.
„Ich hab Hunger.", sagte Davin leise.
„Is gut, wir suchen einen Bäcker und dann essen wir was."
Wir folgten einfach dem Menschenstrom und gelangten in die Innenstadt. Ich kaufte uns zwei Brötchen und einen Keks zum Nachtisch, auf einer Bank aßen wir das dann. Davin wirkte etwas glücklicher und befreiter, wir waren weg von unseren Eltern.
„Wir müssen jetzt noch weit laufen, das schaffst du oder?", fragte ich Davin und teilte den Keks in der Mitte. Er nahm den Keks glücklich und nickte.
„Na klar, ich bin ja schon groß.", sagte er mit einem Lächeln und bis in den Keks rein. Wir aßen auf und liefen dann los. Ich orientierte mich etwas an der Sonne, sodass wir nicht im Kreis liefen.
Wir landeten in einem heruntergekommenen Viertel und setzten uns unter eine Brücke.
„Bleiben wir jetzt hier?", fragte mein kleiner Bruder. Ich nickte und sagte: „Vorerst ja. Aber das schaffen wir. Ich muss Geld verdienen und dann schaffen wir das. Versprochen,"
Davin nickte und kuschelte sich an mich. Mir wurde langsam kalt, aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Davin soll meine Jacke behalten, damit er selber nicht fror. Ich nahm ihn in den Arm und dann saßen wir da. Mehrere Stunden starrten wir in die Leere und wussten nicht was wir machen konnten.
„Wird unser Leben jetzt immer so langweilig sein?", fragte Davin und sah mich an.
„Ich weiß es nicht, an manchen Tagen ja, an manchen nein. Und du hast doch bestimmt lieber Langeweile als vor Papa angst zu haben oder?"
Davin nickte und fragte: „Wie spät ist es?"
Ich zuckte mit den Schultern. Es würde schwierig werden herauszufinden wie spät es war, weil ich erst nach der Schule arbeiten gehen konnte, wenn überhaupt jemand Hilfe im Haushalt brauchte. Wer ließ schon einen Ausländer ins Haus?Am Nachmittag ging ich los um etwas Geld zu verdienen. Zumindest glaubte ich, dass es Nachmittag war, da die Sonne recht tief stand und mehr Verkehr auf den Straßen war.
Ich klingelte am ersten Haus. Mein Herz pochte laut vor Aufregung, ich hatte solche Angst, dass jemand herausfinden würde, dass ich kein Zuhause mehr hatte.
Eine alte Dame öffnete und sah mich an. Ich lächelte sie freundlich an.
„Gute Tag. Ich wollte Sie fragen, ob Sie nicht etwas Arbeit für mich hätten.", sagte ich und versuchte mich nicht vor Nervosität zu verhaspeln. Die alte Dame musterte mich kritisch .
„Warum sucht denn jemand wie du Arbeit?"
„Ich wollte etwas verdienen, da meine Mutter nicht so viel Geld hat und sich nicht so viel leisten kann. Bald ist ihr Geburtstag und ich will ihr zusammen mit meinem Bruder was schenken.", antwortete ich. Ich hatte mir die Geschichte zusammen mit Davin ausgedacht, damit die Leute vielleicht etwas Mitleid mit uns hatten.
„Oh, wohnt ihr mit eurer Mutter ganz allein?", fragte die alte Dame weiter. Ich nickte.
„Ja, leider."
„Komm rein. Es gibt bestimmt einige Sachen, wobei du mir helfen kannst.", sagte sie und ließ mich in ihr Haus. Ich ging rein und es roch nach Oma. Ich sah runter auf den Teppich und auf mein Schuhe.
„Soll ich meine Schuhe ausziehen?", fragte ich die alte Dame.
„Ach nein, du sollst ja nicht krank werden.", antwortete sie und schloss die Tür: „Komm mit, ich glaube ich habe da was für dich."
Sie führte mich ins Wohnzimmer und zeigte auf den Fernseher.
„Ich weiß nicht, ob du mir da wirklich helfen kannst, aber der Fernseher funktioniert nicht mehr und der Techniker ist zu teuer.", sagte die Dame.
„Nicht dass ich da was kaputt mache."
Die Dame schüttelte ihren Kopf: „Das wäre nicht schlimm, der ist eh schon Schrott."
Ich nickt und fing an den Fernseher auseinander zu nehmen. Die alte Dame ging in der Zeit in die Küche. Ich brauchte nicht lange und fand ein loses Kabel und gerade als ich nach der Dame rufen wollte, kam sie schon mit einen kleinen Werkzeugkoffer ins Wohnzimmer.
„Danke.", sagte ich und fing an das Kabelende zu befestigen.
„Ihr jungen Leute könnt sowas viel besser.", sagte sie mit einem Lächeln und setzte sich in den Sessel.
„Für so eine nette Dame mach ich doch sowas gerne.", sagte ich mit einem Lächeln und stellte den Fernseher wieder auf. Ich nahm die Fernbedienung und gab sie der alten Dame, sie drückte auf den Knopf und der Fernseher ging an.
„Wie toll du das gemacht hast.", rief sie begeistert und machte den Fernseher wieder aus. Ich lächelte. Etwas stolz war ich schon auf mich, weil ich niemals erwartet hätte, das reparieren zu können.Ich verbrachte den ganzen Nachmittag bei der alten Dame und half ihr bei dem gesamten Haushalt und half ihr an manche Sachen heran zu kommen. Spät am Abend, es war schon nach 9 Uhr, drückte sie mir zwei 50€ Scheine in die Hand. Mir großen Augen sah ich auf das Geld in meiner Hand.
„Das hast du dir verdient, du hast mir so fleißig geholfen.", sagte sie und machte die Tür auf: „Geh jetzt lieber nach Hause, deine Mutter macht sich bestimmt schon sorgen. Du darfst gerne wiederkommen."
„Vielen Dank.", sagte ich mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht und trat raus in die Nacht: „Ich komme gerne wieder."
Die alte Dame lächelte und schloss dann die Tür. Ich rannte los zu der Brücke, wo ich Davin gelassen hatte. Er war so lange allein gewesen, ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn ihm was zugestoßen wäre.
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Namik
Teen FictionIhr Vater schlägt sie und hat oft Wutausbrüche. Als der große Bruder vom Vater totgeschlagen wurde, muss Namik die Stelle vom großen Bruder einnehmen. Er flieht mit seinem jüngeren Bruder Davin und kämpft um deren Überleben, denn es gibt viele gefäh...