Kapitel 12

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Ich wachte gefühlt in einer weichen Wolke auf und es war so schön warm, dass ich schon fast dachte, ich wäre im Himmel. Ich drehte mich zu Davin und legte meinen Arm um ihn. Er glühte und ich spürte die Hitze von seinem Körper auf meiner Haut.
„Guten Morgen.", flüsterte ich ihm zu und ich überlegte, ob ich nicht einfach weiterschlafen sollte. Davin schlief noch fest, seine Fieberträume hatten mich in der Nacht ein paar mal geweckt, wobei er selber kaum etwas davon mitbekommen hatte. Ich blieb eine Weile noch im Bett liegen, bis mir zu warm wurde, da Davin echt unnormal heiß war. Ich stand auf, schlüpfte in meine Hausschuhe und ging runter in die Küche. Mo saß an Küchentisch und tippte auf seinem Handy rum.
„Na, bist du auch mal wach.", sagte er mit einem grinsen. Ich sah auf die Uhr, halb 9, ich musste auch grinsen.
„Mit einem Dach über dem Kopf schlägt man besser.", sagte ich und gähnte, obwohl ich eigentlich gar nicht so müde war.
„Hör zu, wir kümmern uns abwechselnd um deinen Bruder.", sagte er mit ernster Miene: „Ganz umsonst lasse ich dich hier doch nicht wohnen, das pack ich nicht."
Ich nickte und setzte mich zu ihm an den Küchentisch.
„Ich mache die großen Sachen, mit den gefährlichen Leuten und dir überlasse ich den Verkauf, an den kleinen Mann.", sagte er und nahm einen Schluck Kaffee.
„Nach und nach werde ich dir immer mehr Verantwortung überlassen und dich immer mehr eigenständiger Handeln lassen. Und irgendwann sind wir das perfekte Duo.", fuhr er fort und lächelte, so als sei er zufrieden mit seinen Plan.
„Und wenn ich etwas verbocke?", fragte ich etwas verunsichert nach. Klar konnte ich mit Verantwortung umgehen, mir machten eher die Leute Angst, mit denen ich zutun haben sollte. Ich war 14 und die waren viel älter.
Mo sah mir tief in die Augen und sagte: „Dann erzählst du mir alles und ich rück das wieder gerade. Aber du machst das schon, keiner legt sich mit mir an, und du unterstehst ab sofort meinem Schutz."
Ich lächelte glücklich. Endlich ein sicherer Ort für mich und meinen Bruder.
„Dein Bruder kann mir dann ja auch helfen, wenn er gesund ist.", fügte Mo eher beiläufig hinzu, aber für mich fühlte es sich an wie ein Schlag ins Herz.
„Nein, bitte nicht. Davin soll wie ein richtiger Junge aufwachsen, er soll nichts mit den illegalen Geschäften zutun haben, bitte Mo."
Er sah mich etwas überrascht an.
„Dein Bruder steckt aber in der gleichen Scheiße wie du Namik.", sagte er. Ich schüttelte den Kopf.
„Davin soll das nicht machen. Ich arbeite doppelt so hart, bitte. Davin soll was richtiges machen, aus ihm soll was werden. Bitte Mo.", flehte ich ihn an und meine Stimme zitterte leicht. Mein Bruder durfte nicht auch zum Dealer werden. Ich steckte schon drin, aber ich hab auch keine Wahl, Davin wollte ich die Wahl lassen, was er werden will.
Mo brummte missbilligend und sagte: „Solang er dafür den Haushalt macht..."
„Macht er, versprochen. Danke danke danke.", rief ich begeistert, Mo murrte nur und trank seinen Kaffee weiter. Wirklich begeistert schien er ja nicht zu sein, aber er musste es ja auch nur tolerieren.
Wir frühstückten gemeinsam und anschließend schickte er mich los, um zu dealen. Kein normaler Mensch würde ein Kind zum Dealen schicken und zudem noch allein, aber Mo vertraute in seinen Ruf und in seine Kunden, dass mir nichts passieren würde und ich ihn auch nicht bestehle.
Ich ging in eine Seitengasse, eine Gruppe von Männern stand da. Müsste ich sie nicht beliefern, würde ich sie als Assis abstempeln und einen großen Bogen um sie machen, aber dieser Haufen gehörte leider zu meinen Kunden. Aber um ehrlich zu sein, sahen sie auch aus, wie Drogenjunkies, zumindest wenn man näher dran war.
Also ich ging zu dieser Gruppe aus 5 Männern, mein Herz schlug mir bis zum Hals, da diese Leute irgendwie gefährlich wirkten, so als hätten sie keine Hemmschwelle und hätten Spaß daran wen zu verprügeln, einfach weil ihr Leben kacke verläuft und sie irgendwo ihrem Ärger Luft machen müssen.
„Ein Knirps?", hörte ich den einen sagen, ich ignorierte es und versuchte selbstbewusst zu wirken. Ich durfte mich nicht einschüchtern lassen.
„Ich suche einen Moritz.", sagte ich und versuchte so selbstbewusst wie irgend möglich zu wirken.
„Hey Moritz, der kleine will was von dir. Hast du neuerdings einen Sohn, vielleicht hat ja eine deiner Nutten ein Kind gekriegt.", rief er lachend und stupste den Typen neben sich an. Der Typ murrte, er sah am gefährlichsten von allen aus. In seinem Kleidungsstil war noch etwas Punk oder so dabei und er trug eine Lederweste mit Nieten.
„Was willst du Kleiner?", fragte er in einem sehr abwertenden Tonfall, so als wäre ich Dreck.
„Mo schickt mich.", sagte ich und sah ihn finster an. Es passte mir nicht wie er mit mir sprach.
„Mo? Ich wusste gar nicht, dass der Knirpse einstellt.", sagte er und lachte. Die anderen fielen ins Gelächter ein.
„Dann kriegst du halt nichts, Mo hat genug an andere Kunden.", sagte ich und wandte mich zum gehen. Grob packte mich Moritz an der Schulter.
„Hier geblieben Knirps!"
„Ich bin kein Knirps!", fauchte ich ihn wütend an, die Angst gegenüber ihm war weg.
„Is gut Kleiner. Gib mir den Stoff.", knurrte er.
„Zuerst will ich das Geld sehen.", sagte ich, Moritz sah mir wütend in die Augen und holte sein Portemonnaie raus. Ich griff nach dem Tütchen mit den Pillen drin, während Moritz das Geld abzählte. Er gab es mir und ich gab ihm die Pillen.
„Beschissener Knirps.", hörte ich ihn murmeln. Ich tat so als hätte ich es nicht gehört und ging.
Andere würden jetzt sagen, dass ich mich doch nicht so anstellen soll und mich aufs Geschäft fokussieren sollte, aber ich wollte Respekt. Ich meine, fast jeder behandelt mich so wie dieser Moritz, als wäre ich ein kleines hilfloses Kind. Aber das war ich nicht. Ich war zwar erst 14, aber ich war alt genug zum arbeiten und ich will zumindest, dass sie mich mit dem gleichen Respekt behandeln, wie ich sie. Aber jeder nannte mich Knirps, nur weil ich noch so jung war. Es störte mich. Sogar sehr.

NamikWo Geschichten leben. Entdecke jetzt