Kapitel 9

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„Woher hast du das Essen?", fragte mich Davin. Er war blass im Gesicht und seine Stimme klang heiser.
„Ich hab Arbeit gefunden. Eine feste Arbeit. Ab heute müssen wir keinen Hunger mehr haben.", sagte ich und lächelte. Davin runzelte ungläubig die Stirn.
„Ist das nicht illegal?", fragte er mich.
„Mach dir darüber keine Sorgen.", sagte ich und setzte mich zu ihm: „Iss was. Du musst wieder gesund werden."
Davin nickte und aß etwas. Es war nicht viel, er hatte kaum Appetit, da er so furchtbar krank war. Er bräuchte dringend ein warmes Bett, damit er gesund wird.
Hustend krümmte er sich am Boden und stöhnte auf vor Schmerzen.
„Ich hab dir Taschentücher mitgebracht." sagte ich und gab ihm eine große Packung Taschentücher. Er nickte erschöpft. Davin war so furchtbar schwach und krank, er stellte schon gar keine Fragen mehr. Ich aß etwas und packte den Rest ein.
„Morgen hole ich dir Medizin.", sagte ich und stopfte den Rand der Decke unter seinen Körper, damit sie ihn besser wärmte. Davin schien es kaum zu realisieren, so erschöpft war er. Ich verzichtete auf meine Decke und meine Jacke in der Nacht. Die Gesundheit meines Bruders war mir wichtiger als meine eigene. Ich blieb fast die ganze Nacht wach und beobachtete Davin beim Schlafen, ich machte mir zu viele sorgen um ihn und konnte deswegen nicht schlafen. Ich hatte Angst, dass er sterben könnte.

Früh am Morgen ging ich los zu dem Haus von dem Mann und klingelte. Es brauchte lange bis er aufmachte. Als sich die Tür öffnete sah er mich verschlafen an und brummte müde.
„Junge, du bist ja früh wach.", sagte er.
„Ja, ich konnte nicht schlafen.", sagte ich. Der Mann nickte und ließ mich rein.
„Trinkst du Kaffee?", fragte er mich während er die Tür schloss.
„Nein danke.", sagte ich. Der Mann brummte und bedeutete mir ihm zu folgen. Ich ging mit ihm in die Küche, die übrigens genauso alt und heruntergekommen aussah, wie der Rest des Hauses. Der Mann machte sich einen Kaffee und setzte sich an den Esstisch.
„Willst du nicht einmal Kaffee probieren?", fragte er mich. Ich sah ihn verunsichert an und überlegte.
„Na komm. Setz dich, ich mach dir einfach einen.", sagte er und stand auf. Ich setzte mich zögernd und beobachtete wie der Mann mir Kaffee machte.
„Ich mach dir Milch und Zucker rein, dann schmeckt das für dich vielleicht besser.", sagte er und stellte mir eine Tasse mit gezuckertem Milchkaffee hin.
„Danke.", sagte ich und nippte daran. Ich war mir nicht sicher ob es mir wirklich schmeckte, aber furchtbar eklig war es auch nicht.
„Du musst wach und fit sein für deine Arbeit.", sagte der Mann. Ich nickte.
„Wie heißt du Kleiner?"
„Namik. Und Sie?", sagte ich und sah ihn an.
„Nenn mich Mo und duz mich ruhig.", sagte er und trank einen kräftigen Schluck Kaffee. Es war mir ein Rätsel, wie er sich nicht den Mund dabei verbrannte. Wir tranken unseren Kaffee aus und dann ging er und holte etwas.
„Dein neues Handy, verlier es bloß nicht.", sagte er und drückte mir ein iPhone in die Hand. Staunend sah ich es an.
„Ist das nicht viel zu teuer?", fragte ich und sah ihn an. Er zuckte nur mit den Schultern und machte sich einen zweiten Kaffee. Ich machte es an und war schon fast überfordert. Mein eigenes Handy, so etwas hätte ich mir nie erträumt, nicht ehe ich in meinen eigenen 4 Wänden wohne.
„Ich hab dir nenn Vertrag gekauft, du hast 10GB und Stream On für Musik, Spiele, Social Media und Videos.", brummte er. Er schien irgendwie zufrieden zu sein, dass er mir eine Freude bereiten konnte.
„Ich pass gut drauf auf. So gut wie es geht, versprochen.", sagte ich und steckte es ein. Mo nickte und schob mir noch ein Ladekabel zu.
„Wehe ich erreiche dich irgendwann mal nicht.", murrte er, ich nickte und steckte das Kabel ein.
„Also, wann hast du immer Zeit?", fragte er mich. Ich hatte die ganze Nacht überlegt, was ich ihm darauf antworten sollte. Das beste wäre es ihn anzulügen, nicht dass er sich an mir vergreift, weil er merkt, dass mich eh keiner vermissen würde.
„Ich hab immer um 13 Uhr Schluss und brauch eine halbe Stunde bis ich hier bin schätze ich mal.", sagte ich. Mo nickte
„Das kann ich mir merken. Ab 13 Uhr kann ich dich anrufen und ab halb 2 kannst du für mich arbeiten, perfekt.", brummte er, er wirkte noch immer etwas müde, ich hingegen war wach und aufgeregt, was eindeutig am Kaffee und an neuen Handy lag.

Ich blieb noch lange bei ihm, bevor ich anfing Päckchen auszutragen und durch die Stadt zu rennen, am Abend bekam ich dann meinen Lohn, 50€. Es war deutlich mehr, als beim Zeitungen austragen verdient und ich war vollkommen zufrieden damit. Ich arbeitete zwar mit Drogen, aber immerhin verdiente ich was und konnte ab jetzt mich und meinen Bruder ernähren.

Als ich am Abend bei Davin war, schien sein Fieber noch höher zu sein. Ich hatte ihm bei einer Apotheke die Notdienst hatte, etwas Medizin geholt gegen sein Fieber und zwei Handwärmer, gegen die Kälte.
Ich gab ihm die Medizin und legt ihm einen Handwärmer an den Bauch.
„Ist es so besser?", fragte ich ihn, er nickte kaum merklich und sah mich total müde und fertig an.
„Das kann so nicht weitergehen. Du musst dringend wieder gesund werden. Ich hoffe die Medizin wirkt.", sagte ich mehr zu mir als zu Davin, aber er wusste auch, dass er wieder gesund werden musste.
Wie aßen noch was zu Abend und dann schliefen wir beide, aneinander gekuschelt auf den Karton, zwischen den Stinkenden Mülltonnen und eingekuschelt in unsere Decke, ein.

NamikWo Geschichten leben. Entdecke jetzt