Kapitel 4- Kopfgeldjäger des Todes

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Lir ließ sich in einen sehr bequem aussehenden Sessel fallen und seufzte. „Es ist eine lange Geschichte, aber wie jede hat sie einen Anfang. Wie mein Lehrling Nile noch nicht weiß, war ich fast zehn Jahre an der Schule, zusammen mit meinem besten und einzigen Freund Silon."

Dieser nickte bestätigend. „Ich galt als Wunderkind, obwohl ich ja schon über zwanzig war. Ich war begehrt, einerseits wegen meines unglaublichen Charmes..." Silon hüstelte leicht zweifelnd, schwieg aber. „...und andererseits, weil es jemanden wie mich nicht geben sollte. Rein schon von der Mathematik her nicht. Man sah in mir den nächstengroßen Magier des Jahrtausends. Und um es mal nett auszudrücken:Ich wollte es nicht. Die Hälfte aller meiner Bekannten, waren Schleimer, die mich nach Strich und Faden ausnutzen wollten. Die anderen wollte mir helfen, in der Hoffnung, auf diese Gefallen zurückgreifen zu können, wenn ich mächtig, mächtiger als jeder andere wäre. Daher verließ ich eines Nachts die Schule. Ach ja, und noch etwas: Ich hatte damals tatsächlich vor, aufzuhören. Mit allem. Doch dann...es ist schwer zu erklären, ich begreife es ja selber kaum. Ich ging zum Piratenfelsen, der Kreidefelsen am nördlichen Ende der Insel und wollte von dort aus springen. Aber kurz bevor ich dazu kam...Eine Präsenz tauchte auf einmal auf, eine Präsenz, so dunkel, dass die Nacht wie ein Leuchtfeuer erscheint. ER war es. Der Tod persönlich. Er..."

„Warte mal eine Sekunde." Silon sprang auf. „Du sagst gerade, du bist dem Tod begegnet? Persönlich? Und dennoch stehst du hier?" Er ließ sich wieder zurückfallen. „Das sollte nicht möglich sein."

„Bei mir sollte vieles nicht möglich sein. Aber wir kommen vom Thema ab. Also: Er hatte eine wage menschliche Gestalt, das war alles, dass ich durchdie dichte Wolke an Dunkelheit, die ihn umgab, erkennen konnte. Und dann fing er an zu reden..." Lirs Blick ging ins Leere, er hingganz in der Erinnerung fest und reagierte auch nicht, als ich meineHand vor seinen augen bewegte.

„DieStimme...dunkel, kalt wie Eis und gleichzeitig betörend undirgendwie klebrig wie Sirup. Er machte mir ein Angebot...Wisst ihr,es gibt alle paar Jahre jemanden, der eine Idee hat, wie er den Todaustricksten kann und meistens kommen sie damit auch durch. Der Todwill das natürlich nicht, denn er hat einst mit den Erschafferndieser Welt einen Pakt geschlossen, der besagt, dass alle Seelenirgendwann in sein Reich übergehen. Nach einer bestimmten Zeit,damit niemand unglaubliche Macht erlangt. Falls er das aber alleinenicht schafft...haben sie ihm das Recht gebilligt, dass er Menschenals Kopfgeldjäger anheuern darf. Ich bin als praktisch einKopfgeldjäger des Todes." Lir kicherte leicht hysterisch. „Ichmuss noch nicht mal jemanden umbringen, nur die Betreffende Personnotfalls mit Gewalt festhalten, bis der Tod kommt. Und dich..."Seine Augen waren wieder klar und er zeigte auf mich. „...Und dichhaben diese Trottel als Handlanger des Todes bezeichnet."

"Nimm es mir bitte nicht übel, alter Freund," sagte Silon zögernd, "aber die Geschichte klingt jetzt wirklich mehr als unglaubwürdig."

"Nicht wahr." Lir kicherte immer noch. "Aber deswegen bin ich nicht hier. Glaub es oder nicht, dein Problem. Nein, mein Lehrling hier ist magisch begabt und ich bitte dich, ihn an deiner Schule aufzunehmen. Bitte."

"Darüber reden wir morgen," meinte Silon und ging zur Tür. "Ich muss jetzt erst einmal nachdenken. Folgt mir bitte zu eurem Quartier für die Nacht und bitte, BITTE verlasst euer Zimmer nicht. Es könnte zu ungebetenen...Komplikationen kommen." Er öffnete die Tür und wir folgten ihm zu einem Zimmer, das in einem unbenutzt aussehenden Flügel sich befand.

"Was denkst du von ihm," fragte Lir und schüttelte die Kissen für das Bett aus. Ich überlegte kurz und meinte dann: "Er wirkt wie ein mächtiger Magier, der in die Jahre gekommen und ein Bürokrat geworden ist."

"Trifft es perfekt. Nach mir war er der Beste an der Schule, es hat ihm aber nie was ausgemacht, in meinem Schatten zu stehen. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mit dir jetzt so viel wie es geht hier über die Schule zu reden, aber das Bett ist soooo gemütlich...

Wir und das Ende der WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt