Kapitel 9: Fehler - Groß und Klein und doch fatal

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Bereits drei Tage waren seit dem verhängnisvollen Streit vergangen. Konnte man es überhaupt Streit nennen? Jungkook hatte mehr oder weniger nur mit den Worten um sich geworfen. Aber er tat wirklich sein Bestes um Taehyung tunlichst zu vermeiden. Eventuell war er bisher sogar nicht einmal mehr in der Schule aufgetaucht.

Seinem Handy konnte er auch keine Aufmerksamkeit mehr schenken. Ihm war bewusst, dass es bestimmt schon von Nachrichten überflutet wurde. Doch so recht konnte er es nicht übers Herz bringen, Taehyung zu blockieren. Aber antworten wollte er ihm genauso wenig.

Er wusste, dass Taehyung versuchte herauszufinden, warum er ihn auf einmal so von sich stieß. Wahrscheinlich suchte er auch die Schuld gerade bei sich. Darauf folgten auch nur die vielen... sehr vielen Entschuldigungen. Diese wollte er vor allem nicht zu hören bekommen.

Es tat ihm ein wenig leid, ihm nach der ganzen Zeit so vor den Kopf zu stoßen. Jedoch empfand er es als beste Entscheidung, nun für ein und alle mal einen Keil zwischen sie zu setzen. Sie wären niemals gut füreinander oder vielmehr... Taehyung nicht gut für sein Herz.

Alles war doch nur eine Frage der Zeit. Irgendwann wäre er eh in alte Muster zurückgefallen. Jetzt... passierte es vielleicht etwas eher, aber Jungkook war aus der Schussbahn. Ihn konnten weitere seiner Handlungen nicht mehr beeinflussen. Zumindest hoffte er das.

Er befürchtete, dass es wohl etwas schwieriger werden würde, seine gedanklichen Vorsätze in die Tat umzusetzen. Jungkook bemühte sich wirklich, den Jungen mit dem süßen Kastengrinsen aus seinem Kopf zu schlagen. Seitdem er sein Machogehabe abgelegt hatte, kamen auch seine charmanten Seiten zum Vorschein. Auf einmal war er ein ganz normaler Junge mit seinen Eigenarten.

Leider stellte es sich als ziemlich schwierig heraus, auf andere Gedanken zu kommen, wenn man stets von seinem Schuldbewusstsein verfolgt wurde und irgendwie... hatte er sich eventuell ein wenig an Taehyungs Gesellschaft gewöhnt. Es war angenehm nicht mehr alleine in der Mensa sitzen zu müssen. Er fühlte sich nicht mehr wie der größte Außenseiter, wenn jemand vor dem Klassenzimmer auf ihn wartet, als wären sie die besten Freunde.

Unglücklicherweise betrug die Existenz von wirklichen Freunden in seiner Nähe Pi mal Daumen ungefähr null. Er hatte niemanden, dem er sich anvertrauen wollte. Klar... Es war seine eigene Entscheidung und trotzdem war es nicht weniger einsam.

Doch... eine einzige Person gab es und diese brauchte er mehr denn je. Yoongi konnte ihm bestimmt ein gutes Gewissen einreden. Ihm sagen, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Er war der ehrlichste Mensch, den er kannte. Bestimmt hatte er ein paar hilfreiche Tipps.

Gesagt getan. Ein paar Minuten später saß er vor seinem Computer. Auf dem Bildschirm tauchte ein schwarzer Haarschopf auf. Müde Augen blickten ihm entgegen. Yoongi sah auch schon wieder so aus, als wäre das ganze Leben an ihm vorbeigezogen. „Hey Kook." Er hörte sich selbst so an.

Zugegebenermaßen fiel es Jungkook oftmals schwer, die richtigen Worte zu finden. Dementsprechend hatte er nach der Begrüßung für eine Weile geschwiegen und nervös mit den Fingern gespielt. Doch Yoongi drängte ihn zu nichts, wofür er ihm unendlich dankbar war. Er wusste bereits, was in ihm vorging, dass er oft Zeit brauchte, um sich zu sortieren.

„Ich habe jemanden kennengelernt, Hyung", begann er schließlich. Yoongi hob leicht die Augenbrauen. „Nicht so!", wandte Jungkook schnell ein, „Es ... ist nur jemand aus meiner Uni und er... wir ... sind..." Bekannte? Ja was waren sie eigentlich. „Du siehst nicht gerade so aus, als würdest du dich freuen", erwiderte der Ältere. Um ehrlich zu sein wusste Jungkook nicht einmal mehr, was er überhaupt fühlen sollte.

So begann er von seiner ersten Begegnung mit Taehyung zu erzählen. Von seinem Ruf in der Schule, von seinem Verhalten und davon, dass Jungkook nichts anderes als ein soziales Projekt für ihn war. Bis zu dem Zeitpunkt, als Taehyung begann aus sich herauszukommen und aus dem Rahmen ausbrach, in den ihn die Gesellschaft gesteckt hatte. Auf einmal schien er tatsächlich den Drang zu haben, sich zu bessern.

Perfectly Imperfect - TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt