Kapitel 22: Geständnis - Das Verlangen gehört zu werden

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Der Körper neben ihm verspannte sich von eine Sekunde auf die andere. Langsam wich Jungkook zurück, als die Arme sich von seiner Hüfte lösten. Mit einem dumpfen Laut fiel die Hand auf die Matratze. „Jungkook... Ich-" Wahrscheinlich hatte er sich in Sicherheit gewogen. Er war Minuten davor, der Realität zu entfliehen. Der Schlaf hätte seine Wünsche eingehüllt und in den schönsten Träumen zur Wahrheit gemacht. Doch jetzt...

Jungkook stützte sich leicht mit den Armen auf. Er griff hinter sich und tatschte nach dem Schalter seiner Nachttischlampe. Als er diesen erwischte, erhellte ein schwaches, aber dennoch warmes Licht den Raum. Da sein Kopf sich nicht von Taehyung abgewendet hatte, sah er in das dunkle Augenpaar, in dessen Mitte die Angst hervorstach.

„Taehyung, du kannst nicht-" Er unterbrach sich selber mit einem frustrierten Aufseufzen. Was sollte er überhaupt sagen? Er hatte schließlich nicht damit gerechnet in diese Situation zu geraten. Jetzt fühlte er sich einfach vollkommen überfordert. Aufgebracht legte er sich die Hände auf den Kopf und starrte vor sich auf die Decke. Wie sollte er reagieren?

„Ich kann was nicht? Dich lieben?" Abrupt sah er wieder zu Taehyung, der ein weiteres Stück von ihm gewichen war. Noch immer schimmerte die Unsicherheit in seinen Augen. „Ist das so verwerflich, Jungkook?" Jungkook schluckte leicht. Er wusste, dass Taehyung jedes seiner gewisperten Worte ernst gemeint hatte, dennoch wurde es in diesem Moment noch ein Stück realer. Er hatte es ihm direkt ins Gesicht gesagt... ohne zu zögern.

Sein Mund klappte leicht auf. Er wollte so gerne etwas erwidern, doch konnte er es nicht. Die Worte steckten ihm im Hals fest. Wahrscheinlich konnte man ihm das Unwohlsein direkt vom Gesicht ablesen, da Taehyung nur getroffen den Blick abwandte. „Taehyung... Ich-" Wieder verfiel er ins Schweigen.

In diesem Moment wünschte er sich, er hätte mehr Zeit um über seine Worte nachzudenken. Er wusste ja nicht einmal, was genau er empfand. Waren da Gefühle in ihm, die über Freundschaft hinausgingen? Angestrengt zog er seine Augenbrauen zusammen. Wie sollte er ausgerechnet jetzt eine Antwort darauf finden?

Nervosität breitete sich in ihm aus. Er ließ seine Augen über Taehyungs Gesichtszüge gleiten. Da war nichts... Sein Herz pochte. Nichts. Angespannt krallte er seine Finger in die Decke unter sich. Einfach gar nichts. Seine Unterlippe fing leicht an zu zittern. Kalter Schweiß benetzte seine Stirn. Er war nicht dazu bereit, ihm eine Antwort zu geben.

Jungkook war noch nie wirklich verliebt. Er hatte nur einen Schwarm in seiner alten Schule, aber letztlich hatte er ihn nie angesprochen. Doch diese Phase hatte er bei Taehyung nie gehabt. Er hatte ihn gehasst, akzeptiert und mit der Zeit in sein Herz geschlossen. In seiner Gesellschaft fühlte er sich wohl. Sie verstanden einander ohne Worte und er fühlte sich geborgen. Er hasste es fast schon, eine lange Zeit von ihm getrennt zu sein. Ihre gemeinsamen Nachmittage machten jedoch alles wieder wett.

Doch bestand ein Unterschied zu seiner Freundschaft mit Jimin? Sie waren sich damals auch ziemlich nahe. Vielleicht waren sie anders, aber konnte es nicht klar sagen. Ehrlich gesagt hatte er auch Angst davor, ihre jetzige Bindung zu verlieren. Würden sie etwas anderes wagen, konnte das viel zu schnell nach hinten losgehen... und er wollte nicht schon wieder alleine sein.

Außerdem... hätte er sowieso kaum etwas zu bieten. Er war kratzbürstig und einen besonderen Charme besaß er auch nicht gerade. Ohne ihn, wäre Taehyung sowieso besser dran. Schließlich würde er ihm nicht noch mehr zu Last fallen wollen, als ohnehin schon. Es war etwas anderes nur mit ihm befreundet zu sein. Er würde viel mehr von sich preisgeben, wären sie in einer Beziehung und dieser Gedanke jagte ihm eine fürchterliche Angst ein. Er wollte sein Gesicht vor ihm nicht verlieren... er wollte Taehyung nicht verlieren. Die einzige Möglichkeit das Jetzige zu bewahren, war für ihn, ihre Freundschaft aufrecht zu erhalten, auch wenn er riskierte, seinen besten Freund zu verletzten. Möglicherweise sogar sich selbst.

Perfectly Imperfect - TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt