(Kenma x reader)

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Ich bin so aufgeregt! Die Uhr schlägt drei Mal und ich verlasse schnellen Schrittes das Unigebäude. Mein Blick schweift vorfreudig durch die Gesichter meiner Mitmenschen auf dem freien Platz, bis ich einen Jungen mit mittellangem dunklen Haar sehe, der in absoluter Konzentration auf sein Handy starrt. Seitdem Kenma und ich auf dieselbe Uni gehen, hat er sich völlig verändert. Seine Haare sind länger geworden und seine Gesichtszüge männlicher. Jedes Mal, wenn ich in seine goldenen Augen sehe, versinke ich in ihrem unendlich tiefen Glanz. Mir wurde aber erst richtig bewusst, dass ich ihn liebe, als ich ihn bei einem Gruppentreffen am See oberkörperfrei gesehen habe. Nie hätte ich gedacht, dass er so einen attraktiven Körperbau aufbauen könnte. Ich wurde rot bis zum Umkippen und bin fast ertrunken. Zum Glück hat mich mein Kumpel aus dem Wasser geholt, so dass ich ihm nur noch mehr verfallen bin.
,,(Y/N)?", ich schrecke auf und stolpere rückwärts, was Kenma aber vorzeitig bemerkt und mich mit einem Arm stützt, ,,*prust* dich kann man wirklich nicht alleine lassen." Das leichte Lächeln, dass sein Gesicht schmückt, lässt mein Herz einen Hüpfer machen, und ein leichter Rosaton spielt sich auf meinen Wangen ab: ,,Gehen wir?" Er sieht wieder auf sein Handy und ich fühle mich schlecht: ,,Ja, folge mir einfach." Wir machen uns zu seiner Studentenwohnung auf, denn wir wollen heute Abend gemeinsam für das neue Thema üben. Es bereitet mir ein paar Probleme, was Kenma netterweise ausgleichen möchte. Die anderen Studenten unterhalten sich angeregt miteinander, lachen und lernen überall auf dem Gelände, doch zwischen mir und dem Brünetten herrscht Totenstille. Es ist normal für uns beide, denn wir sind ziemlich schweigsame Charaktere. ,,Du, Kenma?", vorsichtig lasse ich meine Hand etwas näher zu seiner schaukeln. Natürlich mit voller Absicht. Sie ist der seinen so nah, dass ich schon ein Kribbeln in den Fingerspitzen vernehme, doch bevor ich ihn berühren kann, zieht der Brünette seine Hand weg, um einer Person mit Messenger zu antworten.
Warum kann ich nicht ein einziges Mal Glück haben? Warum musste ich mich ausgerechnet in ihn, diesen völlig unnahrbaren Jungen, verlieben, der in mir nur eine gute Freundin sieht? Es schmerzt. Ich lege eine Hand an mein Herz und lausche dem immer langsamer pochenden Gefühl des verletzlichen Organs. Diese Liebe kann einfach nicht erwidert werden. Es ist aussichtslos. Ich versuche mich wieder auf den Weg vor mir zu konzentrieren, doch dann lässt Kenma seine Hand sinken. Sie streift ganz sachte und nur für einen winzigen Augenblick meinen kleinen Finger, durch den ein angenehmes Gefühl strömt. Mein Blick zischt auf, versucht die überraschten Augen meines Begleiters zu sehen, die bewusst auf den Grund gerichtet sind. Er möchte mich nicht ansehen. Hat er es überhaupt bemerkt? Sicher nicht. Wieder werde ich rot und streiche einer meiner Strähnen hinter mein Ohr, die mir ins Gesicht gefallen sind. Den restlichen Weg über schweigen wir wieder, doch diese Stille ist angenehmer, ja sogar heller als vorher.

*in Kenmas Wohnung*

Wir ziehen unsere Schuhe und Jacken aus, hängen sie an die Haken und begeben uns sofort nach oben. Netterweise lässt mich mein Kumpel vorgehen und ich trete in sein kleines Zimmer ein. Überall stehen Mangas herum und ich muss dem Gedanken widerstehen, mir einen davon zu schnappen und zu lesen. ,,Womit fangen wir an?", Kenma legt endlich sein Handy weg und sieht mich ruhig an. ,,Äh...wäre der zweite Weltkrieg in Odnung?", seine volle Aufmerksamkeit zu haben ist ungewohnt. Er sieht mich direkt an, und ein Gefühl von Freude breitet sich in mir aus.
Er geht langsam an mir vorbei und schnappt sich seinen Schreibtischstuhl, der wirklich bequem aussieht: ,,Setz dich.",,Oh nein, ich kann mich auch aufs Bett setzen. Wirklich." Er seufzt und setzt sich. Auch ich lasse mich nieder und hole meine tonnenschweren Unterlagen hervor. Jetzt habe ich wirklich keine Lust mehr, aber da wir bald undere Prüfungen haben, muss es sein.

...

Er ist zu mir hinübergerollt und wir haben schon so einiges aufgeholt. Nun sind wir jedoch an dem Punkt angelangt, an dem ich gar nichts mehr verstehe. Völlig überfordert stütze ich meinen Kopf auf den Handballen ab und versuche zwanghaft, mir alles zu merken. Natürlich kann Kenma die ganzen Infos aus dem Gedächtnis heraus aufsagen und mich somit noch blöder darstellen, als ich mich ohnehin schon fühle. ,,Ich glaube, ich brauche eine Pause...", mit brummendem Schädel setze ich mich auf und möchte mich kurz im Bad frisch machen. Kenma rollt auf seinem Stuhl netterweise beiseite, damit er mir nicht im Weg steht. Meine Sicht verschwimmt für kurze Zeit und ich stolpere über ein T-Shirt, dass auf dem Boden liegt. ,,Uaah!", schnell schließe ich meine Augen und warte darauf, auf dem harten Holzboden aufzuschlagen, doch ich lande seltsam weich und unversehrt, ,,Wie...?" Langsam schlage ich meine Augenlieder auf und sehe verwirrt auf zwei Arme, die fest um mich geschlungen sind. Meine Augen weiten sich noch mehr, als ich merke, dass ich auf Kenmas Schoß gefallen bin und er mich festhält. Seine Arme fühlen sich warm und sicher an. So, als würden sie mich vor allem beschützen können. Ich wusste gar nicht, dass er so stark ist. Und seit wann hat er so einen harten Bauch? Hm?! Bei dem Gedanken laufe ich absolut rot an und drehe mich zu ihm um. Er, ebenfalls etwas überrascht, sieht mich amüsiert an: ,,Und schon wiede musste ich dich retten." Seine wachen Augen zeigen, dass er auf eine Reaktion meinerseits wartet, doch ich setze mich schnell auf und laufe aus seinem Zimmer: ,,Es tut mir Leid!"
Die Tür knallt zu und ich kann ein wenig ausatmen. Was war das für eine Spannung da drin? Im Raum hinter mir hätte ich es keine Sekunde länger ausgehalten! Mit etwas wackligen Beinen tappse ich ins Bad und kralle mich am Waschbecken fest. Ich sehe wirklich schlimm aus. Ich bin rot wie eine Tomate und mein Haar steht in alle möglichen Richtungen ab. ,,*seufz* er macht mich verrückt...", meine Hände zu einer Schüssel geformt, schöpfe ich Wasser aus dem daraufhin gefüllten Becken und spritze es mir ins Gesicht. Die Frische versinkt in meiner Haut und ich fühle mich gleich besser. Ein weiteres Seufzen entweicht mir. Ich sollte es ihm sagen, ansonsten werde ich es noch bereuen. Aber erst morgen, denn das Üben geht gerade vor.

*am nächsten Tag*

Müde wache ich auf. Fast augenblicklich kommt mir der Gedanke an gestern in den Sinn und ich schnappe mir mein Kissen, in das ich laut schreie. Heute ist es so weit. Ich werde ihm sagen, wie sehr ich ihn liebe! Ohne zu zögern mache ich mich fertig, esse schnell und stürme aus der Wohnung. Der Weg zur Uni erscheint mir quälend länger als je zuvor. Jeder Schritt lässt meinen Puls schneller gehen und ich habe das Gefühl, jeden Moment einen Herzinfakt zu erleiden. ,,Keine Rückzieher (Y/N)!" Es sieht sicher ziemlich verrückt aus, wenn man mit sich selbst redet, doch ich brauche das jetzt. Sonst kippe ich noch um.
Auf der anderen Seite des Platzes steht er, redet ein wenig mit ein paar anderen Jungs. Ich werde schneller, spüre meine Knie, wie sie mir beinahe entgleiten. Nein! Ich ziehe es durch! Ich stapfe fast auf ihn zu, tippe ihm auf die Schulter und er dreht sich fragend um. Als er mich sieht, entspannen sich seine Gesichtszüge aber etwas: ,,Oh, (Y/N). Gut, dass du da bist!" Seine Stimme klingt fröhlich und aufgeweckt. Es erleichtert mich, ihn so zu sehen: ,,I-Ich möchte dir etwas sagen!",,Ach? Was denn?", wieder funkeln seine goldenen Augen auf. Dieser Glanz in ihnen lässt Wärme in meine Wangen fließen. Ich möchte es ihm sagen, wenn wir allein sind: ,,Kannst du kurz mitkommen?",,Klar, aber vorher möchte ich dir noch jemanden vorstellen. Ming?", er tritt etwas zur Seite und ein Mädchen wird sichtbar. Ihre Erscheinung ist beeindruckend und wunderschön. Alles an ihr scheint perfekt zu sein. Sie tritt vor und reicht mir freundlich lächelnd ihre zierliche Hand: ,,Hallo. Ich bin Ming, freut mich!",,Äh...i-ich bin (Y/N). Kenma? Wer ist sie?", ich weiß nicht, wie ich das verstehen soll, aber als er einen Arm um die Hüfte des Mädchens legt und stolz lächelt, wird es mir klar. ,,Ming ist meine Freundin."
Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll, deshalb bleibe ich einfach stehen. Meine Hand, die ich immer noch ausgesteckt halte, sinkt langsam nach unten und ich sehe ein paar Mal zwischen den beiden hin und her. Sie ist...seine Freundin? Mein Blick haftet an Kenma. Er sieht so glücklich aus, ganz anders als gestern, als er noch mit mir zusammen war. Sie ist sicherlich um Welten besser als ich. Meine Gedanken sind so weit weg, dass ich überhaupt nicht merke, wie Tränen meine Wangen hinunterlaufen. Zuerst sind es nur ein paar, doch dann werden sie zu Ströhmen, die ich nicht mehr zurückhalten kann. Meine Hände beginnen zu zittern und meine Sicht wird glasig. Die ganze Zeit über gab es schon eine andere. Eine andere, die ihn liebt. Eine andere, die er liebt. Mehr als mich. Mehr als irgendjemanden. Besorgt legt der Brünette eine Hand auf meine Schulter: ,,Was hast du denn (Y/N)?",,Nichts...", ich wische mir die Tränen weg und erzwinge ein Lächeln, ,,Ich wollte mich nur dafür bedanken, dass du mich gestern wieder gerettet hast." Mit diesen Worten drehe ich mich um und renne los. Nur weg von hier. Weg von dem Schmerz in mir. Noch während ich renne, beginnen die nächsten heißen Tränen meine Wangen zu befeuchten.

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