Zerbrechlich

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Jan

Ich machte mir seit Tagen Sorgen um Tim. Wir hatten mittlerweile eine Woche keinen Kontakt mehr. Ich wollte ihm Freiraum geben, da ich wusste, dass er jegliche Annäherungsversuche meinerseits einfach abblocken würde. Trotzdem kannte ich ihn und deshalb wusste ich, dass er in seinem Zimmer alleine in Selbstmitleid versinken würde. Ich hatte ihm nach einer Woche geschrieben:

19.02.20

J: Tim wie geht es dir? ✔️✔️

22.02.20

J: Tim ich mach mir Sorgen um dich. Lass uns bitte reden..✔️✔️

23.02.2020

J: Bitte✔️✔️

Er hatte mich on read gelassen. Ich schrieb Rewi, denn ich wusste einfach nicht mehr weiter.

J: Hey Rewi ich mach mir Sorgen um Tim. Wir hatten einen blöden Streit und ich habe ihn sehr verletzt. Kannst du mich vielleicht zu ihm fahren? Am besten jetzt...

R: Oh man Jan. Ihr zwei macht mich fertig. Ich bin in einer halben Stunde bei dir.

Tim

Die Nachrichten, die Jan mir schrieb hatte ich alle zwar wahrgenommen, jedoch nur so halb. Mir ging es abgrundtief dreckig. Seitdem ich mich in meinem Zimmer verbunkert hatte, habe ich jeden Tag dasselbe gemacht beziehungsweise nicht gemacht. Ich lag den ganzen Tag im Bett, duschte nicht, aß kaum etwas und trank viel. Das Essen, das ich zu mir nahm, behielt ich nicht lange drinnen. Ich hatte abgenommen. Wenigstens bist du jetzt nicht mehr so fett, riefen mir die Stimmen mit Hohn zu. Schlaf hatte ich kaum, denn jedes Mal, wenn ich meine Augen schloss hatte ich Alpträume, weshalb mein Körper in einer Art Trance lag. Es waren dieselben Alpträume wie auf Madeira, nur starb jetzt auch ich des Öfteren in ihnen, was ich sehr verstörend fand. Mein Zustand hatte zwar viel mit Jans und meinem Gespräch zu tun, jedoch war das nur der Auslöser gewesen. Mir ging es schon länger psychisch nicht gut. Die Alpträume, Youtube, Jan. Das alles kam zusammen und hatte meine Depressionen wieder entfacht. Jedoch waren sie schon deutlich schlimmer gewesen und jetzt noch am Anfang. An diesem Gedanken hielt ich fest. Ich hoffte, dass ich es irgendwie aus dem Loch schaffen würde, bevor mich die Stimmen wie damals voll und ganz kontrollierten. Es waren jedoch nur Gedanken und die Realität sah gerade ganz anders aus:

Weinen konnte ich schon lange nicht mehr. Dafür war ich zu schwach. Ich schaute mir Videos von Jan und mir an. Uns so glücklich zu sehen brach mir das Herz. Ich setzte die Flasche an und trank drei große Schlucke. Wie viele Schlucke ich inzwischen zu mir genommen hatte wusste ich nicht und es war mir auch egal. Sofort spürte ich die vertraute Wärme, die mir das einzige schöne Gefühl der letzten Woche brachte. 

Plötzlich nahm ich ein Klingeln wahr. Vielleicht war das das Telefon? Mit Mühe stand ich auf und wollte zur Tür gehen, doch auf einmal wurde mir ganz schummrig. Der Alkohol schoss in Höchstgeschwindigkeit in meinen Kopf. Um mich herum wurde es immer dunkler und vor meinen Augen tanzten kleine Lichter. Ich nahm noch einen menschlichen Umriss wahr, der mir sehr bekannt vorkam. „Jan?", hauchte ich, ehe mir kurz schwarz vor Augen wurde und ich fiel.

Jan

Rewi war nach 20 Minuten bei mir angekommen. Rewi hatte ein schnelles Tempo drauf, daher waren wir bereits nach weiteren 20 Minuten bei Tim angekommen. Ich ging zur Tür und klingelte. Nichts. Nach einem weiteren gescheiterten Versuch klingelte ich bei den Nachbarn. Zum Glück kannte ich die Nachbarin, weshalb sie mir den Ersatzschlüssel übergab. Ich schloss auf und stürmte zu Tims Zimmer, gefolgt von Rewi. Als ich die Tür öffnete und sah was sich mir bot keuchte ich auf. 

Tim stand mit wackeligen Beinen vor mir. Er war ungepflegt, hatte ein eingefallenes Gesicht und dunkle Augenringe. Es roch streng nach Alkohol, was sich durch die leere Flasche in seiner Hand bestätigte. Erst da erkannte ich den Verband an seiner rechten Hand. Er taumelte, sagte kurz meinen Namen und fiel um. Ich sprang nach vorne und fing ihn auf, noch kurz bevor er den Boden erreichen konnte. Rewi und ich hievten ihn gemeinsam ins Bett. „Oh Gott Jan er sieht-" „Übel aus" beendete Gisela Rewis Satz. „Gisela hat Recht-Natürlich hab ich Recht" „Soll ich einen Krankenwagen rufen?" Ich überlegte kurz. „Wäre zwar das Beste, aber so würden seine Eltern informiert werden. Ich glaube Tim würde das nicht wollen das würde ihn nur noch mehr zerbrechen. Kannst du vielleicht eine warme Brühe und eine Wärmflasche machen? Er zittert." Rewi nickte und verschwand nach unten. Ich ging ins Bad und erschrak. Am Boden lagen blutige Scherben und der Spiegel über dem Waschbecken existierte nicht mehr. Das erklärte seine verbundene Hand. In mir wuchs die Schuld aber auch die Angst um ihn. Das alles war nur wegen mir passiert und das brach mir das Herz...

Ich machte einen Lappen nass, setzte mich zu Tim aufs Bett und tupfte ihm vorsichtig über sein Gesicht, um ihn nicht zu wecken. Er sah friedlich aus und sein Atem ging gleichmäßig. Man könnte denken es sei alles in Ordnung. Doch das war es ganz und gar nicht. Ich legte meine Hand auf seine Wange und strich über sie. „Ich lass dich nicht alleine Tim", flüsterte ich. In Gedanken versunken strich ich immer wieder über seine Wange, wobei ich ab und zu seine Lippe streifte. Er hatte sehr schöne Lippen und dann noch seine unverwechselbaren Mundwinkel, mit denen er immer aussah, als würde er lächeln. Selbst jetzt. Ich musste lächeln, ehe mich Rewi unterbrach und in die traurige Realität zurückholte. „Jan wie geht es ihm?" Ich zog meine Hand zurück und drehte mich um. Rewi stand mit einem Tablett in der Tür. Darauf befand sich Brot, Brühe, Wasser und eine Tablette. Unter seinem Arm klemmte die Wärmflasche. „Er schläft, aber wenn er aufwacht wird es ihm vermutlich dreckig gehen. Ich bleibe hier und kümmere mich um ihn, ob er will oder nicht. Ich habe scheiße gebaut und werde es wieder gut machen." „Okay gut. Ich muss jetzt los aber Jan?" Er schaute mich noch einmal durchdringend an und stellte währenddessen das Tablett auf dem Nachttisch ab. „Wenn etwas ist, es ihm schlechter geht oder er nochmal nen mentalen breakdown hat ruf mich sofort an!" Ich nickte. „Versprochen. Ich danke dir Rewi." Damit verschwand er und ich drehte mich wieder zu Tim. Zu meinem Erstaunen blickte ich in zwei blaue Augen, die mich einfach nur leer anschauten. 

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Okaay

Irgendwie macht es mir mehr Spaß über Drama zu schreiben, als über den Alltag bzw. happy moments, aber das geht glaube ich vielen genauso. 

Ich verfolge die Beiden gerade wieder etwas mehr auf YouTube und bin bei manchen Stellen echt am Grübeln was das zwischen den Beiden ist. I mean es ist eine wunderschöne Freundschaft keine Frage, manche sprechen von Seelenverwandtschaft und eigentlich möchte ich auch nicht darüber urteilen aaaber bei so manchen Stellen kann ich das Tian-geshippe echt nachvollziehen... XD Sie werden wahrscheinlich nie zusammen kommen aber 0%-mehr-als-nur-freundschaftliche-Gefühle kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. (Das ist meine Meinung und die müsst ihr nicht teilen, aber mich würde interessieren, was ihr dazu denkt:))

Gewitter nur im Kopf?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt