Geständnis

189 5 1
                                    

Jan

Ich ließ einen spitzen Schrei los, als ich sah wie Toni erst eine Faust ballte, dann ausholte und Tim eine verpasste. Kurz davor hatte er mich entschuldigend angesehen.

Tim sackte zusammen und fiel hart zu Boden. Ich sprintete sofort zu ihm, zog ihn auf meinen Schoß und weinte. „Warum habe ich es soweit kommen lassen?" Ich vergrub meinen Kopf in seinen Haaren und zog seinen Geruch ein. Toni kniete neben mir und legte die Hand auf meine Schulter. „Tut mir leid Jan ich wollte es nicht soweit kommen lassen, aber er war außer Kontrolle, fast schon verrückt. Weißt du, ob er irgendetwas hat?" Ich schluchzte. „Naja also er...er hat immer wieder Alpträume und er hat mal gesagt, dass seine Gedanken ihn oft einnehmen und die Kontrolle über ihn erlangen. Jetzt weiß ich glaub ich was er damit meinte." Ich schaute kurz zu Toni, der mich wissend anschaute. Dann wendete er sich zu dem bewusstlosem Tim zu. Er nahm seine Hand und fühlte seinen Puls. Dann schaute er mich wieder an. „Jan hör mir zu. Tim hat dir gerade zwar üble Sachen an den Kopf geworfen, aber das war nicht er hörst du? Ich hatte mit so einem Fall schon mal zu tun. Das waren sein unkontrollierten Gefühle. Er braucht dich jetzt und du ihn wahrscheinlich auch mehr als du denkst." Ich nickte. „Ich trage ihn jetzt in dein Bett, dann gebe ich ihm ein Beruhigungsmittel von dir. Du hast doch bestimmt eins da, oder?" Ich nickte wieder. „Und Jan?" „Ja" „Klärt das zwischen euch. Ich kenn euch zwar nicht, aber ich weiß, dass du ihn liebst. Und er dich augenscheinlich auch, so wie er mir die Augen auskratzen wollte." Toni musste schmunzeln. 

Er hob Tim hoch und trug ihn in mein Schlafzimmer. Nachdem ich ihm die Beruhigungstabletten gezeigt hatte, brachte er es irgendwie fertig, Tim die Tablette einzuflößen, dann verabschiedete er sich von mir und ließ mich mit dem Wrack alleine. Ich war schuld, dass es so weit gekommen war. Ich zog Tim T-Shirt und Hose aus, der übrigens immer noch die Augen geschlossen hatte dann deckte ich ihn zu. Mich selber zog ich auch aus, was ich trotz Alkoholeinfluss ziemlich gut hinbekam, denn der Schock hatte mich wieder klarer werden lassen. Dann schlüpfte ich in mein warmes Bett. Momentmal. Warm?! Wieso war meine Seite des Bettes warm? Ich setzte mich auf und schaute runter auf mein Bett. Mein Blick blieb an meinem Kissen hängen. Dort waren klar und deutlich Tränen zu erkennen. Mein Gehirn brauchte ein paar Sekunden um 1 und 1 zusammenzuzählen. Tim hatte hier gelegen und geheult...wegen mir, während ich Feiern war. Es brach mir das Herz. Dann dachte ich an meine Story zurück. Ich hatte dabei nicht mal an ihn gedacht und er hatte hier gelegen und war wahrscheinlich daran verzweifelt. Weil ich mit ihm geschlafen habe, ihm dann gesagt habe ich liebe ihn, ihn danach gekonnt abgeblockt habe und schließlich mit einem anderen Kerl feiern war. 

Wütend auf mich selber legte ich mich wieder hin und drehte mich zu Tim. Er würde mir das nicht verzeihen. Ich würde mir selber nicht verzeihen. Ihm ging es nicht gut und das schon länger, aber ich hatte keine Rücksicht auf sein zerbrechliches Herz genommen. Ich wollte ihn festhalten, ihm zeigen, dass ich für ihn da bin und ihm sagen, wie leid es mir tut, ihm keine Antwort gegeben zu haben. Ganz vorsichtig, um ihn ja nicht zu wecken rückte ich zu Tim. Ich legte meine Hand um seinen Oberkörper und zog ihn an mich. Sofort kribbelte meine Haut. Ich begann leise zu schluchzen, zog ihn in eine liegende Umarmung und legte meinen Kopf auf seinen. Meine Nase vergrub ich in seiner Halsbeuge und zog seinen Duft ein. Sanft fuhr ich mit meinen Fingern über die weiche Haut seiner Schultern. Vor meinem inneren Auge sah ich uns beide an dem Tag, wo noch alles perfekt war. Genau hier. Mir wurde bewusst, wie sehr er mir gefehlt hatte und wie rücksichtslos und dumm ich doch war.

Mit jedem Atemzug begann ich heftiger zu zittern und zu weinen, denn mit jedem Atemzug wurde mir bewusster wie sehr ich ihn liebte und dass ich alles dafür tun würde die Zeit zurückzudrehen. Ich verfestigte meinen Griff und strich ihm über den nackten Rücken, bis ich auf einmal ebenfalls eine Hand auf meinem Rücken spürte. Er erwähnte tatsächlich meine Umarmung, trotz allem. Es machte mich noch trauriger, dass er trotz allem für mich da war. Ich musste laut aufschluchzen, dann schob ich meinen Kopf langsam zurück und legte ihn gegen Tims Stirn. Ich schaute in seine Augen. Er schauten mich einfach nur an. So lagen wir da. Eng umschlungen einander anschauend. Ich war überglücklich, dass er mich nicht sofort von sich geschoben hatte, wobei er auch leicht sediert wurde durch die Medikamente. Also nutzte ich meine Chance. 

„Tim", durchbrach ich die Stille mit meinen geflüsterten Worten. „Hör mir jetzt einfach zu. Nichts auf dieser Welt entschuldigt meine Feigheit und die Tatsache, dass ich dich unbewusst von mir gestoßen habe. Ich habe nicht den Mut gefunden dir zu antworten, weil ich selber nicht wusste was ich wollte - doch, und zwar nicht dich. Ich hatte Angst dich zu verlieren. Als Freund. Aber das habe ich auch so schon. Es war feige von mir gewesen, dich im Dunkeln stehen zu lassen, vor allem weil es dir nicht gut geht. Ich habe erkannt, dass ich niemand anderen will. Ich habe heute betrunken die ganze Zeit nach dir verlangt. Ich will nicht Toni oder irgendjemand anderes. Ich wollte heute zu dir gehen und dir meine Antwort geben... Ich will dich Tim. Nur dich. Ich liebe dich und will mein ganzes Leben mit dir teilen, auch wenn es jetzt bereits zu spät ist." 

-----------------------------------------------------

Wie wird Tim wohl antworten? & endlich reißt sich Jan mal zusammen..

Das Ganze erfahrt ihr morgen, denn die Geschichte neigt sich schon langsam dem Ende zu und  es muss ja noch ein wenig spannend bleiben:)

Gewitter nur im Kopf?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt