Diesmal nüchtern.

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Jan

Nach dem Frühstück zogen wir uns um und liefen los. Henry war mit Tims Eltern im Urlaub, sonst hätten wir ihn natürlich mitgenommen. Wir liefen sehr lange und sehr tief in den Wald rein, bis wir zu einer Lichtung kamen. Dort setzten wir uns ins Gras und lauschten der Natur. Ich merkte, dass Tim etwas auf der Seele brannte, denn er zupfte ständig Gras aus dem Boden. „Was möchtest du fragen Tim?" Er schaut mich verwirrt an. „Jetzt raus mit der Sprache Tim - oder ich töte dich!" Sein Blick glitt zu Boden. „W-Was ist jetzt mit unserer Freundschaft?" 

„Sag du es mir." Er druckste wieder rum also ergriff ich erneut das Wort. „Tim du bist mein bester Freund und das wirst du auch immer bleiben, egal was passiert ist und passieren wird." „Beste Freunde küssen sich aber nicht", gab er trocken zurück. Ich wusste, worauf er hinauswollte. „Ich weiß Tim aber.." „Nichts aber." Er stand auf und baute sich vor mir auf. „Du hast gesagt, dass du auch etwas gespürt hast. Du hast beide Küsse erwidert. Ich habe gespürt, dass es dir gefallen hat. Ich habe das Verlangen in deinen Augen gesehen. Ist das für dich immer noch eine beste Freundschaft oder willst du dich einfach weiter hinter deinen Gefühlen verschanzen. Oder warte sag mir doch einfach gleich, wenn du einen Freund hast du Feigling." Seine letzten Worte sprach er mit finsterer Miene zu mir.

Jetzt stand ich auch auf und wurde lauter. „Ja du hast recht - verdammt nochmal - mir hat es auch gefallen. Trotzdem war es nicht richtig und wir waren zudem auch betrunken!" er trat näher an mich ran. „Sag mal hörst du dir eigentlich selber zu?", gab er ungläubig wieder. „Okay. Sag mir jetzt in nüchternem Zustand, dass du nicht den kleinsten Funken spürst und ich glaube dir." "Warte Tim was-"

Tim

Ich ging einen letzten Schritt auf ihn zu und drückte meine Lippen auf seine. Kurz war er überrascht und versteifte sich. Doch dann öffnete er leicht seine Lippen. Ich musste schmunzeln und fuhr mit meiner Zunge über seine offene Lippe. Als sich unsere Zungen berührte, spürte ich ein vertrautes elektrisierendes Gefühl und ich wusste, dass es ihm genauso ging. Ich legte eine Hand an seine Taille und drückte ihn leicht zu mir. Mit der anderen streifte ich sanft über seinen Hals bis hin zu seinem Schlüsselbein. Es schien ihm zu gefallen, denn ihm entflohen wohlige Laute. Dann zog ich mich ruckartig und schwer atmend von ihm zurück. Er sah mich mit roten Wangen an und ich lächelte traurig. „Ich hoffe, dass du das bei deiner nächsten Beziehung auch spürst Jan. Das hoffe ich wirklich." Dann drehte ich mich ohne ein weiteres Wort um und ging. 

Jan

Ich starrte ihm hinterher. Wow, das war der Hammer gewesen. Aber was sollte ich jetzt machen? Unsere Freundschaft beibehalten oder mehr riskieren? Tim war schon einige Meter weit weggelaufen. Dann dachte ich an die Worte meiner Mutter. Hör auf dein Herz! Sie hallten in meinem Kopf wider. Und es traf mich mit einem Schlag. 

Das Kribbeln, das ich durch seine Berührungen spürte, dann der Kuss auf Madeira. Das hatte tief in mir ein Feuer entfacht, das ich spürte, wenn Tim bei mir war. Der Kuss im Club hatte es weiter entfacht. Da konnte ich es noch auf den Alkohol schieben. Aber HEUTE nicht...das war einfach nur schön gewesen. Meine Beine waren weich geworden und ich habe mich Tim so nahe gefühlt wie sonst noch niemandem. Bei Alex zum Beispiel hatte ich nur Lust gespürt. Da waren kein Verlangen, keine Leidenschaft und kein Feuer. Ich spürte bei Tim etwas und es fühlte sich richtig an. Ich rannte los, um ihn einzuholen. Ich konnte ihn schon sehen und lief immer schneller. „TIM!" Er dreht sich um. Ich wollte kurz vor ihm stoppen, doch unterschätzte meine Schnelligkeit. Ich prallte gegen ihn und riss uns beide zu Boden während Gisela „ANGRIIIFF" schrie. Lachend lag ich auf Tim, der ebenfalls losprustete. Irgendwann verstummten wir und schauten uns an. Seine blauen Augen funkelten. „Tim ich muss dir was sagen." Das Funkeln war wie weggefegt und er drehte bereits seinen Kopf zur Seite. Traurig sagte er: „Ich verstehe schon Jan..." „Nein Tim!" Er drehte seinen Kopf wieder zu mir. Unsere Gesichter waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt. "Ich habe dich angelogen. Und das tut mir leid. Ich... ich bin an niemandem interessiert...Wobei das stimmt auch nicht so wirklich." Man, wieso war ich auf einmal so aufgeregt? Er schaute mich irritiert an. Bevor er jedoch etwas erwidern konnte sagte ich nur : "Ich habe es auch gespürt Tim", schloss den Abstand zwischen uns und legte meine Lippen auf seine. Der Kuss war liebevoll und sanft. Ich genoss jede Sekunde und wollte mich nie wieder von ihm entfernen. Irgendwann löste ich mich jedoch von ihm und wir machten uns auf den Rückweg. 

Gewitter nur im Kopf?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt