05. Kapitel

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DER Bus hielt an. Verwundert blickte ich aus dem Fenster. Soweit das Auge reichte, war nur Wüste zu sehen. Super und wer hat seine Sonnencreme Zuhause vergessen?

Ich wedelte mir etwas stärker Luft zu, als die Bustür sich öffnete und die Wärme hereindrang, wohingegen die Klimaanlage aus den 90gern nicht viel auszurichten hatte. Ein Pärchen stieg ein und setzte sich in den vorderen Bereich.
Mittlerweile war ich mir ziemlich sicher, dass es nicht daran lag, dass die Leute einfach zu faul waren in die hintersten Ecke des Gefährtes zu gehen, sondern sie noch etwas von der kühlen Brise abbekommen und nicht hier hinten fast gebraten werden wollten.

Langsam setzte der Bus sich wieder in Bewegung und tuckerte die schmale unbebaute Straße entlang. Während ich da so saß, überlegte ich fieberhaft, wie ich Marseille finden sollte. Algerien war fast fünfmal so groß wie Spanien! Das war wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Und leider hatte ich nicht mal die leiseste Ahnung, wo er sich aufhielt.
Das Einzige, was Palermo mir berichten konnte war, dass er sich im Auftrag des Professors nach Nordafrika auf gemacht hatte, um dort einen Polizisten dazu zu bringen, zu zugeben, dass sie von der spanischen Polizei die Anordnung bekommen hatten, Rio zu foltern, damit dieser mit der Wahrheit rausrückte und Namen von dem Überfall preisgab.

Ich entschied, dass ich an der nächsten Haltestelle aussteigen und mich dort nach ihm suchen würde - solange das nicht mitten in der Wüste sein würde. Zu meinem Glück war hielt das Fortbewegungsmittel in der Stadt Oran an.

Ich wuchtete meinen kleinen Reisekoffer aus dem Bus. Dort war die Hitze noch erdrückender. Ich bekam kaum noch Luft und die Sonne brannte unbarmherzig auf mich hinab.
Vielleicht werde ich ja noch braun, dachte ich. Jedoch erinnerte ich mich schnell wieder dran, dass ich dazu geboren worden war, für mein Leben lang eine blasse beinahe durchsichtige Haut zu haben und streifte mir meine Strickjacke über, die mich wenigstens ein bisschen vor den intensiven Strahlen schützen würde.

Unauffällig schloss ich mich dem Pärchen, welches ebenfalls aus dem Gefährt gestiegen war und zielsicher die Straßen entlanglief, an.
Immer wieder huschte mein Blick zu den Personen, die mir über den Weg liefen, aber niemand kam mir bekannt vor. Es war zum Verrückt werden! Immer mehr Zweifel überfluteten meine Hoffnungen, dass ich ihn bald finden würde.

Zu all dem kam auch noch, dass mein Magen vor Hunger nicht aufhören wollte zu knurren und ich Feigling mich nicht traute an einen der Stände mir etwas zu Essen zu kaufen, weil ich Angst hatte, dass ich es nicht vertragen würde. Deswegen streifte ich hungrig durch die Gassen und versuchte nicht in der Verzweiflung zu versinken.

Ich muss strak sein!
Für Vegas.
Für Angeles und Palermo.
Für Helsinki und Manila.
Für den Professor und Lissabon.
Für Stockholm, Denver und Bogota.
Selbst für Rio und Tokio!

Mit diesem Gedanken im Hinterkopf schaffte ich es mich bis zum späten Abend durchzuschlagen und mir ein kleines Hotelzimmer für das wenig Geld, welches ich hatte, zu finden, dass ich mir leisten konnte.
Kraftlos ließ ich mich auf das spärlich zusammengezimmerte Bett fallen und starrte an die Decke, die früher - das heißt vor so 20 Jahren - mal weiß gewesen war.

»Hoffentlich geht es euch gut.«, flüsterte ich in die Stille hinein und schloss meine übermüdeten Lider. »Morgen werde ich ihn finden...«, redete ich mir selbst ein, obwohl ich da so meine Zweifel hatte. Aber ehe mich mir weiter darüber den Kopf zerbrechen konnte, wurde ich in das Land der Träume gerissen, welches bereits schon sehnsüchtig auf mich gewartet hatte.

€€€

Nach einem gesunden Frühstuck, welches aus einem Apfel und einem Stückbrot mit Butter bestanden hatte, streifte ich wieder durch Oran.
Diesmal hatte ich mir allerdings eine Strategie zurechtgelegt, mit der ich Marseille finden könnte. Ich suchte ein kleines Lokal auf und setzte mich mit einem Glas Wasser - das billigste was es auf dem Speisplan gab - an einen Tisch. Dort wartete ich auf die Nachrichten, die in dem kleinen Fernseher, der an der Wand hing, bald abgespielt werden mussten.

Goldenes Blut | LCDPWo Geschichten leben. Entdecke jetzt