11. Kapitel

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ICH löste den Haargummi von meinem rechten Arm und verknotet ihn mit meinen störrischen braunen langen Haaren. Den feinen, aber dennoch sichtbaren, Abdruck des Bandes ignorierte ich einfach geflissentlich und widmete meine Aufmerksamkeit der Akte vor mir. Es hatte mich einiges an Überwindung gekostet, ehe ich den dünnen rauen Umschlag der Mappe aufgeschlagen hatte, saßen doch noch die grausamen Bilder von Berlin tief verankert in meinem Gedächtnis fest.

Ich schaffe das!

Ein fernes Donnern und das beruhigende Geräusch von dem Regen, der unaufhörlich gegen die dünne Wand des Zeltes prasselte, waren zu hören. Mich überkam ein Schauer, als ich die beiden Fotos der mir vorliegenden Unterlagen schnell übersprang. Meine Nerven hatten an dem Vortag nicht für die Verarbeitung der ganzen Informationen, die in dem Dokument gebündelt waren, gereicht, weswegen ich erneut zu diesem griff. Eine kleine Stimme in meinem Inneren hatte mich während der ganzen Nacht wachgehalten und mich beinahe wahnsinnig gemacht! Irgendetwas in meinem Unterbewusstsein, kam immer wieder hoch und erinnerte mich wie eine nervige Stechfliege in warmen Sommernächten, daran, dass ich etwas übersehen hatte.

Eine Mischung aus Angst und Neugierde überkam mich, als ich meinen Blick auf die schwarzen Buchstaben lenkte.

Berlin - oder auch Andrés de Fonollosa, wie sein bürgerlicher Name lautete - hatte vor dem Bankraub eine wirklich äußert erfolgreiche Karriere als Juwelierdieb hinter sich gebracht. Insgesamt 27 Raubfälle hatte er auf die mit Schmuckstücken gefüllten Laden ausgeführt, allerdings blieben von seinen diebischen Fingern auch Auktionshäuser und Werttransporte nicht verschont. Wirklich beeindruckend!

Sein Meisterwerk, war ihm allerdings in Paris gelungen. 434 Diamanten konnte er sich aus Geschäften entlang der Champs Elysees, eine der begehrtesten Prachtstraßen von der Hauptstadt Frankreichs, unter den Nagel reisen, ohne dass die Polizei ihn zu fassen bekam.

Wow, er muss wirklich ein Händchen dafür gehabt haben...Was wohl mit all dem Geschmeide passiert ist?

Ich wollte schon zur nächsten Seite umblättern, als mir auf den Bildern der Überwachungskameras, die angefügt worden waren, etwas Merkwürdiges auffiel. Mein Herz machte einen kleinen Satz und Adrenalin schoss durch meine Venen. Ich kniff meine Seelenfenster zusammen, um mich genauer auf einen bestimmten Teil des verpixelten Fotos zu konzentrieren.

Das gibt es doch nicht!

Meine Augen hatte mich tatsächlich nicht getäuscht. In der Spieglung des Ladenfensters war ein zweiter Schatten zu erkennen und da die Umrisse weder zu der Statue des Mannes noch zu seiner Haltung passten, musste es sich um eine weitere Person handeln, die ihm wohlmöglich geholfen hatte.

Verwirrt zog ich die Brauen zusammen, als ich die Silhouette einer Frau aus machen konnte. War in dem Text von einer Komplizin die Rede gewesen?
Hektisch überflog ich erneut die Akte. Vor Aufregung schlug mir mein Herz bis zum Hals. Wer könnte nur die Frau an der Seite des auf Juweliere spezialisierten Meisterdiebes sein?

...in jener Nacht wurde der Laden Tiffany & Co um 02:31 Uhr systematisch ausgeraubt. Zuerst wurde die Eingangstür vorsichtig aufgebrochen, sodass der Alarm nicht anschlagen konnte...dann hat Andrés de Fonollosa das Geschäft verlassen...wie die Überwachungskameras zeigen, gab es eine weitere Person, die, während er das Diebesgut eingesackt hat, vor dem Etablissement Schmiere gestanden hat. Erst nach genauer Betrachtung des Videos Materials konnten wir die Komplizin erkennen...

Meine Pumpe setzte einen Schlag aus, was auch meine Lunge zum Stillstand zwang. Ich musste dreimal genau hingucken, um mich dem zu versichern, was dort niedergeschrieben worden war, auch der Wahrheit entsprach. Allem Anschein nach hatte Berlin wirklich das Gen dazu besessen Dinge zu stehlen, darunter auch das Herz von Lilith Ferguson.

Goldenes Blut | LCDPWo Geschichten leben. Entdecke jetzt