10. Kapitel

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ICH war schon lange vor meinem Wecker wach und hatte nur ungeduldig auf sein Klingeln gewartet, um ihn auszuschalten. Zuvor hatte ich mich bereits umgezogen und die Zähne geputzt, obwohl ich viel zu früh dran war.

Das Frühstück hatte ich lieber ganz sein gelassen, da ich wusste, dass mir immer schnell übel wurde und ich nicht besonders scharf darauf war, einem Polizisten direkt vor die Füße zu kotzen. Dennoch setzte ich mich an den kleinen Küchentisch, auf dem diverse aufgeschlagene Bücher lagen, welche ich mir noch zur späten Stunde angesehen hatte.

Ich fühlte mich nicht vorbereite - ganz im Gegenteil! Ich fühlte mich wie ein kleines Kind, das man zum ersten Schultag in die Schule brachte.
Nur habe ich keine Schultüte..., dachte ich sarkastisch und lachte.

Humor war mein Schutzschild, meine Tarnung. Hinter ihm konnte ich alles verstecken, Trauer, Angst, Wut und-

Ein Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. Schnell sprang ich auf und sprintete zum Eingang. Ich zerrte so heftig am Knauf, dass ich kurz befürchtete, dass er abbrechen könnte, aber nichts geschah.
»Dummchen! Du musst die Tür doch erst aufschließen!«, murmelte ich vor mich hin und drehte den Schlüssel um.

Hinter der hölzernen Wand kam Marseille zum Vorschein. Mir schoss das Blut in den Kopf, als mir klar wurde, dass er extra wegen mir so früh aufgestanden war, um mich zumindest einen Teil des Weges zu begleiten.

»Guten Morgen.«

»Morgen.«, stieß ich atemlos hervor.

Ein kleines Lächeln zupfte an seinen Mundwinkel, derweilen er mich von oben bis unten studierte. Verdammt, habe ich irgendwas vergessen? Stehe in Unterwäsche vor ihm? Ein kurzer Blick an meinem Körper herunter, belehrte mich eines Besseren. Ich war komplett angezogen. Fahrig fuhr ich durch meine Haare, die tatsächlich etwas wild ausgesehen haben könnten, da ich es nicht geschafft hatte sie vollends zu bändigen.

»Ähm komm doch rein.«, stammelte ich und wich an die Wand zurück, sodass er an mir vorbei gehen konnte.

»Ich habe mir schon gedacht, dass du wach bist.«, meinte er, während er ein trat und in die Küche ging.

»Tja, ich würde jetzt nicht sagen, dass ich eine ruhige Nacht hatte.«, erwiderte ich und setzte mich auf einen der Stühle.

»Keine Sorge, es wird alles funktionieren!«, versicherte er mir und betrachtete mich aufmerksam durch seine braunen Augen. Meine Kehle wurde ganz trocken und mein Herz setzte einen Schlag aus.

»Das hoffe ich auch.«, krächzte ich und räusperte mich im Anschluss.

»Du bist sehr nervös, oder?«
Er fragte nicht, sondern stellte fest.

Ich ließ meine Hände auf meinen Schoss unterhalb der Tischplatte sinken, damit er nicht weitersehen konnte, wie ich meine Finger aus Anspannung knetete. Schnell verdrängte ich den Gedanken es abzustreiten und nickte, dabei vermied ich es ihn anzusehen. Der Druck lastete wie Steine auf meinen Schultern. Ich war für so viele Menschen verantwortlich, dass mir beinahe allein an der Überlegung, dass ich in wenigen Stunden völlig auf mich allein gestellt sein würde, das Abendessen hochkam.

»Du brauchst keine Angst zu haben, ich- wir werden in der Nähe bleiben. Wenn der sehr unwahrscheinliche Fall eintreten sollte, dass du festgenommen werden solltest, werden wir dich da so schnell daraus holen, dass sie nicht mal dazu kommen werden dir eine Frage zu stellen.«, versprach er mir und schien entgegen meiner Vorstellung sehr zuversichtlich zu sein, dass ich es nicht vermasseln würde.

»Ich weiß.«, antwortete ich daraufhin nur knapp und verdrängte die schrille Stimme in mir, die mir entgegen schrie, dass sich alle nur wegen mir in Gefahr bringen würden.

Goldenes Blut | LCDPWo Geschichten leben. Entdecke jetzt