13. Kapitel

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ICH kniff die Augen zusammen und wartete panisch auf mein unausweichliches Ende. Aber es passierte Nichts - zu mindestens nicht das, was ich erwartete hätte.

Unter einem entsetzten Aufschrei, der schmerzhaft in meinen Ohren widerhallte, ließ die ehemalige Inspectora mich unvermittelt los. Perplex taumelte ich nach vorne und stürzte zu Boden, da meine mittlerweile zu Pudding verwandelten Beine, mein Gewicht nicht mehr tragen konnten. Verwirrt schaute ich auf und sah, wie Marseille die Frau mit einem effektiven Würgegriff in Schach hielt. Dean kam ihm zur Hilfe und entriss ihren Händen die tödliche Waffe, ehe sie noch jemanden damit verletzen konnte. Mein Herz, welches bis zum Zerspringen schlug, sackte mir vor Erleichterung in die Hose.

Niemand ist verletzt!

Unter vereinten Kräften schafften sie es, die wild um sich schlagende Frau ruhig zu halten.

»Phoenix, befrei den Professor!«, befahlt mir Ilka und ließ mir über den Boden ein Messer zu gleiten, mit dem ich die Fesseln auftrennen sollte.

Meine Finger umschlossen zittrig den glänzenden Gegenstand. Umständlich rappelte ich mich auf und wankte zu dem Mann herüber, der das ganze Geschehen gezwungenermaßen von einem Stuhl aus betrachtet hatte. Besorgt musterte er mich, während ich mich auf die Knie fallen ließ und die Klinge an dem Seil ansetzte. Tatsächlich stellte es sich als einiges schwieriger heraus, unter Schock solche einen stabilen Strick durchzuschneiden. Nervös kroch die Hitze meine Glieder hoch, was mich gleichzeitig noch unruhiger werden ließ, als ich es ohnehin schon war. Nach einer halben Ewigkeit war das Genie erlöste.
Kaum, dass die Überreste der Fesseln auf die Erde gefallen waren, nahm er seine Gelenke nach vorne, die röte Verfärbungen aufwiesen, und massierte diese. Ich stemmte ich an Lehne hoch. Der Professor erhob sich ebenfalls und ging auf seine Peinigerin zu. Ihre braunen Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen und ich konnte nicht behaupten, dass ich die Abneigung ihr gegenüber nicht teilte.

»Was wollt ihr jetzt mit mir machen? Mich hier gefesselt zurücklassen?!«, spottete sie.

Mir lief es eiskalt den Rücken herunter. Wie kann man noch so selbstsicher und kühl sein, wenn man gerade von starken Armen gefangen gehalten wird?

Der Mann rückte seine Hornbrille mit einer schnellen Geste zurecht und verzog keine Miene, als er ihr antwortete. »Nein. Ich werde mich ganz sicher nicht auf Ihr Niveau herunterlassen!« Seine ruhige Stimme verfüllte den Raum und verströmte eine unsichtbare, nicht greifbare Aura.

Verblüfft starrte sie ihn an.

»Mit den Rachefeldzügen ist schloss.«, sagte er jetzt an uns gewandt.

Wir nickten uns als stummes Einverständnis knapp zu. Niemand wollte noch einmal solch eine Situation durch machen - und ich war mir sicher, dass es der anderen Hälfte in der Bank ganz ähnlich ging.

Aber was machen wir mit Alica?

»Bringt sie in den Van.«, sagte der Kopf der Truppe, als hätte er meine Gedanken gelesen.

Brav gehorchten sie und beförderten die Schwangere in das Auto. Einmal mehr stellte ich mir die Frage, wieso sie ihm so sehr vertrauten und wie sie aufeinandergetroffen waren.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen drehte sich der Professor zu mir um. »Geht es dir gut, Phoenix?«, hakte er unvermittelt nach und taxierte mich misstrauisch von Kopf bis Fuß.

»J-ja, ich denke schon.«, meinte ich und ließ meine Hände in meiner Jackentasche verschwinden.

Gedankenverloren lag sein Blick auf mir. Unsicher, was ich tun sollte starrte ich auf meine Stiefel herunter.

»Ich danke dir - für alles.«

Irritiert blinzelte ich ihn an. Ich klappte meinen Mund auf, um ihn wieder zu zuklappen. Was erwidert man auf solche Worte? »Hey, kein Problem! Dass habe ich doch gerne gemacht!« »Ach, so schlimm war es gar nicht! Ich bin nur zweimal beinahe erschossen worden und ein anderes Mal hat man mir die Brieftasche geklaut! Aber das ist alles halb so schlimm!«

Goldenes Blut | LCDPWo Geschichten leben. Entdecke jetzt