19. Kapitel

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EIN lauter Knall hallte durch die Luft. Sie konnte gerade noch erschrocken die Augen aufreißen, ehe ihre Knie nachgaben.

Und plötzlich schien alles wie in Zeitlupe abzulaufen.

Die junge Frau kippte zur Seite und stürzte das Dach herunter. Wie ein Tropfen Blut raste ihr lebloser Körper auf den Boden zu, welcher sie wie magisch anzog.
Erschrocken wichen die Polizisten, welche sich bereit gemacht hatten zu schießen, zurück, als sie auf dem Asphalt aufschlug.

Es war so still, dass man sich einbildete, das Brechen der Knochen hören zu können.

Entsetzt starrten die Beamten auf die Frau, welche sie für wenige Tage als ihre Kollegin bezeichnen hatten. Ihre Gliedmaßen waren seltsam verdreht und inmitten ihrer Brust klaffte ein Loch. Die Kugel hatte sich mitten durch ihr Herz gebohrt! Um ihren Schädel herum bildete sich eine dunkelrote Lache aus ihrem eigenen Lebenssaft. Ihr braunen Seelenfenster waren starr und ohne einen Funken Leben in sich, gen den Himmel gerichtet, an dem nicht mal eine Wolke schwebte.

Marseille stand einfach nur da und starrte auf den Fleck, an dem Phoenix vor wenigen Sekunden noch gestanden hatte, welcher jetzt mit Spritzen ihres Blutes besudelt war. Seine Augen waren vor Schock geweitet und als die Realität, langsam wie ein zäher Tropfen Honig, durch ihn hindurchsickerte, dass sie tot war, verließ ein stummer Schrei seine Kehle.
Dieser Tropfen war alles andere als süß und klebrig! Er bitter und mit Glasscherben versehen. Es fühlte sich so an, als würde sich durch seine Brust ebenfalls eine Kugel bohren. Er zerbrach innerlich.

Auch die anderen, die starr vor Schreck in dem Hubschrauber saßen, kullerten die ersten Tränen von den Wangen. Nur hatte bei ihnen der Verstand noch nicht die schreckliche Nachricht geschaltet. Sie waren wie gelähmt.

Wütend fixierte der dunkelblonde Mann die Person, die an der Tür stand. Ein dreckiges Lachen umspielte seine Lippen. Seine Klamotten waren von oben bis unten mit Erde bedeckt, aber das störte ihn nicht. Seinen rechten Arm hatte er nach vorne gestreckt, in seinen Hände hielt er ein Revolver. Sein giftgrünen Augen funkelten vor Rache. Thomas richtete seine Waffe nun erneut auf einen seiner verhassten Bankräuber.

»DU BASTARD!!!«, schrie Marseille und wollte sich auf dieses Scheusal stürzen, das die Frau brutal ermordet hatte, welche er liebte – geliebt hatte.

Doch, ehe das geschehen konnte, packten ihn Denver und Palermo, zerrten ihn in das Fortbewegungsmittel und schlugen die Türen zu. Brüllend hämmerte der Mann mit den bloßen Fäusten gegen die Fenster, derweilen der Hubschrauber abhob.
Mit Tränen verschleierten Seelenfenster warf er einen letzten Blick auf Phoenix, um die sich bereits ein Kreis aus mehreren Personen gebildet hatte.

Die verzweifelten Schreie des Mannes rissen alle aus ihrer Schockstarre. Vegas, die kurzbevor noch von der Chirurgin verarztet worden war, fing bitterlich an zu weinen. Die Hände ihrer besten Freundin zitterten gefährlich und ihre grünen Augen waren immer noch ins leere gerichtet. Jegliche Farbe war den beiden aus ihren Gesichtern gewichen. Palermo schlang seine Arme und die zierliche Figur seiner Frau und dreckte sie fest an sich. Erst dann floss auch bei ihr unerlässlich das Salzwasser.

Sie hatten an diesem Tag nicht nur eine Teamkameradin, Verbündete oder Freundin verloren, sondern eine Schwester!

Ihr Blut klebte an ihren Händen.

Aber es hatte nicht dieselbe rötliche Farbe, wie ihr Anzug oder die Lache, die ihr Leichnam umgab – oh nein! Es hatte dieselbe Farbe wie die kleinen Körnchen, die in diesem Moment durch das Abwassersystem Madrids strömten.

Es war Gold!

Es war goldenes Blut,
dass an ihren Händen klebte!

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Hola.

Tja, jetzt weißt du, warum diese Geschichte den Titel ›Goldenes Blut‹ trägt...
[Dieses Kapitel hat sich von Anfang an in meinem Gehirn festgesetzt und sich gegen alle Zweifel bewährt]

Vielen Dank fürs Lesen!

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Goldenes Blut | LCDPWo Geschichten leben. Entdecke jetzt