TAUSENDE Glasscherben folgen durch die Luft. Tief bohrten sich ihre scharfen Spitzen in mein Fleisch herein. Das schrille Klirren, welches unaufhörlich in meinen Ohren wiederhalte, brach abrupt ab.Entsetzt riss ich meine Augen auf, die ich zuvor reflexartig geschlossen hatte. Mein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen.
Der Anblick war grausam!
Auf dem mit Scherben übersäten Boden lag meine Zwillingsschwester. Ihr roter Overall saugte sie unerlässlich mit ihrem Blut voll, das ihr wie Wasser aus den Wunden geströmt kam. Doch jenes war noch nicht mal das Schlimmste! In ihrer rechten Schulter klaffte ein nicht mal eineinhalb Zentimeter großes Loch.
Wie zur Salzsäule erstarrt stand ich da und starrte schockiert auf sie hinab. Erst als sie vor Schmerzen ihr Gesicht verzog, kehrte mein ›gesunder‹ Menschenverstand wieder zurück.
Angeles! Ich muss Angeles finden!
»Halt durch! Ich hole Angeles! Sie wird dir helfen!«, hörte ich mich selbst sagen und rannte, ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, aus dem Raum heraus.
€€€
»ANGELES!!!! ANGELES!!!!«, schrie ich, während ich durch sämtliche Gänge der Spanischen Bank taumelte.
Die Orientierung hatte ich schon längst verloren! Zum wiederholten Male stolperte ich und stürzte zu Boden. Ich ignorierte den stechenden Schmerz in meinem Knie, rappelte mich hektisch wieder auf und rannte weiter, so schnell mich eine zitternden Beine trugen. Gerade als ich erneut nach Luft schnappen wollte, um mir auch noch das letzte bisschen meiner Stimme aus der Seele zu schreien, tauchten die Chirurgin und Marseille unvermittelt vor mir auf. Angst erfüllt taxierten mich ihre Seelenfenster.
»Was ist passiert?!«
»V-Vegas sie...sie ist verletzt!«, stieß ich panisch und völlig außer Atem hervor.
»Wo?!«, fragte Angeles und sah mich eindringlich an. Die Sorge um ihre beste Freundin stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben.
»In einem Zimmer im Westflügel!«
Ich glaube wir brachen sämtliche Geschwindigkeitsrekorde, als wir zu meiner verletzten Schwester sprinteten. Selbst Usain Bolt hätte uns keine ernstzunehmende Konkurrenz machen können! Kaum, dass wir das mit Scherben überfüllten Zimmer betreten hatte, rannte die Frau mit den hellbraunen Haaren auf Vegas zu.
»Ich bin hier! Ich bin hier!«
Dicke Tränen liefen ihre schmalen Wangen herunter, während sie vorsichtig versuchte den Stoff des Overall von ihrer Schulter zu entfernen. Marseille riss eine Decke vom Tisch herunter und knüllte sie zusammen, um vermutlich die Blutungen so gut es ging zu stoppen. Ich stand reglos am Rand der Tür und bekam beinahe nur in Trance mit, was die Ehefrau Palermos sagte. Ich fühlte mich wie in Watte gehüllt. Stumm bewegten sich ihre Lippen.
»Da hast du es! Das passiert, wenn du einmal versucht glücklich zu sein! Du reist diejenigen in die Tiefe, die dir nahestehen.«, hetzte die Flut.
Der Geruch von Blut stieg mir in die Nase.
»Das ist alles nur deine schuld!«
Die vor Schmerzen geweiteten Seelenfenster meiner Zwillingsschwester erfassten mich. Ich kann das nicht! Ich machte auf dem Absatz kehrt und lief ein paar Schritte in den Flur hinein. Dort lehnte ich mich gegen die Wand, die momentan das Einzige zu sein schien, das fest und beständig in meinem Leben war. Ich biss mir so fest ich konnte auf die Unterlippe, um einen verzweifelten Schrei zu unterdrücken. Salzwasser verschleierte meine Sicht. Die tosenden Wellen in meinem Inneren stiegen über die Dämme hinweg und überfluteten das, was ich die ganze Zeit über versucht hatte vor ihnen zu beschützen. Den letzten Rest, der von mir noch übriggeblieben war. Aber ich durfte nicht aufgeben!
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Goldenes Blut | LCDP
FanfictionDoch bevor ich mir noch weiter darüber den Kopf zerbrechen konnte, wurde ich plötzlich von einer starken paaren Hand zu Boden gedrückt. Unsanft schlug mein Kopf auf der kalten von der Nacht noch feuchten Bepflasterung auf. Brutal wurden mir meine Hä...