𝐭𝐡𝐞 𝐞𝐢𝐠𝐡𝐭𝐞𝐞𝐧𝐭𝐡 𝐜𝐡𝐚𝐩𝐭𝐞𝐫

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||Phillipp||

Es war eine Woche seit dem Flashback vergangen und ich fühlte mich immer noch total ausgelaugt. Seine Berührungen hingen in meinen Erinnerungen wie die knochigen Finger eines hungernden Bettlers. Ich konnte kaum noch schlafen, denn jede Sekunde, in welcher ich nicht der Heer meiner Sinne war, entpuppte sich als ein Schlupfloch, durch welches er schlüpfen konnte.

Auch meine Therapeutin schien zu bemerken, dass es mir nicht gut geht.

„Du wirkst total abwesend, kann das sein?" Fragte mich Marie sanft und ich sah sie eine Weile einfach nur an, bevor ich mit den Schultern zuckte. „Kann sein, tut mir leid", beschämt sah ich auf den Boden. Ich schämte mich, dass ich ihr das Gefühl gab, ihr nicht die Aufmerksamkeit entgegenzubringen, die sie verdiente. „Wenn du willst, können wir gerne darüber reden, was dich nachdenken lässt."

Ich zuckte mit meinen Schultern, da ich selber keine Ahnung hatte. „Ich weiß ja selbst nicht einmal wirklich, was los ist", murmelte ich bedrückt und schlang schützend meine Arme um meinen Oberkörper.

Marie lächelte mich freundlich an. „Ich kann natürlich nur Vermutungen anstellen, aber ich glaube, da in letzter Zeit viel passiert ist, du einfach Angst hast, was passieren wird, habe ich recht?"

Ihre Worte hingen in der Luft und sie machten soviel Sinn, dass ich ihnen einfach Glauben schenken wollte. Ich nickte. „Ja, das kann sein aber ich bin mir nicht sicher", „Und das ist total in Ordnung, Phillipp. Veränderungen sind nicht nur schlecht, sondern können uns helfen, einen Weg zu uns selbst zu finden. Und auch wenn du mir nicht glaubst, machst du mit jeder Sekunde eine kleine Veränderung durch. Du könntest dich jetzt beispielsweise anders hinsetzen und hättest dich verändert, da du vielleicht entspannter sitzt als davor."

Ihre Worte hingen in der Luft und verblassten nur langsam. Ausdruckslos sah ich sie an und das tat ich nicht einmal mit Absicht. Ihre Worte wanderten nur in meinem Kopf auf und ab, als wäre ich ein Betrunkener auf dem Karussell.

„Und jede Veränderung wird an unserem Charakter bauen, der erst fertig sein wird, wenn wir unseren letzten Atemzug an die Welt abgeben." Die dunkelhäutige Frau sah mich an und ich senkte unter ihrem Blick meinen Kopf. „Aber sie sind gruselig", hauchte ich. „I-ich weiß nicht, was ich tun soll", ich räusperte mich, da mein Hals kratzte.

„Ich weiß", sagte Marie. „Aber ich habe auch Angst. Ich glaube sogar, dass dies jeder hat. Niemand will wirklich, dass sich sein gewohntes Leben ändert und einen anderen Rhythmus annimmt."

Kurz schloss ich meine Augen, um zu verhindern, dass die Tränen aus ihnen hervortraten. Sie hat so recht. So verdammt recht.

„Aber wir alle müssen uns dieser Angst eines Tages stellen, um an ihr zu wachsen und vielleicht sogar etwas viel Besseres bekommen zu können. Und auch wenn sie im ersten Moment schlecht und grausam und furchtbar wirkt, so wird sie dich eines Tages glücklich machen."

~*~

Marie lächelte mich zum Abschied an. „Wir sehen uns nächste Woche, Phillipp", ich nickte stumm und schaute auf meine Füße. Meine Tante lächelte mir aufmunternd zu.

„Na komm Phillipp, ab nach Hause."

Mein Blick war auf die Straße vor mir gerichtet. Autos rauschten an uns vorbei, wie ein Schwarm Fische an einem Taucher vorbeizogen. Mir war kalt, so furchtbar kalt. Ich will in mein Bett, mit meiner Decke über meinen Kopf. Die Autofahrt drohte mich zu erdrücken. Es war eine komische Stimmung hier. Chloe wusste nicht, wie sie mit mir umgehen soll. Ich sah die Worte, welche ihr auf der Zunge lagen, mehr als deutlich, doch hören konnte ich sie nicht.

a silent voice | ᵇᵒʸˣᵇᵒʸ |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt