[~1.Kapitel~]

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"Lili, Lili wach auf" Ich schreckte hoch, meine braunen Haare klebten mir an der Stirn, heiße Tränen rannen mir über meine Wangen. Ich atmete hysterisch ein und aus. Bea umarmte mich kurz und reichte mir dann ein Glas Wasser und eine Beruhigungstablette. Schnell schluckte ich sie und trank einen Schluck. Als ich das Glas wieder beiseite stellte, schlang Bea wieder ihre Arme um mich und wir legten uns wieder an einander gekuschelt hin.

Wie ich diese Albträume hasste, man sollte meinen, dass ich es nach zwei Jahren das Erlebte wenigstens ansatzweise verarbeitet habe, aber nein, die Vergangenheit verfolgte mich jede Nacht. Bea bestand sogar schon, dass ich bei ihr im Bett schlafe, weil sie sonst jede Nacht in mein Zimmer müsste um mich zu beruhigen. Anfangs habe ich mich noch geweigert, aber sie wollte mich nicht alleine lassen. Ich zitiere "Ich will dich nicht alleine lassen. Wer weis auf welche Ideen du kommen würdest."

Ich wollte ihr nicht zur Last fallen und obwohl sie behauptete das ich dies nicht tat, wusste ich es. Sie hatte überhaupt kein Privatleben, lediglich auf der Arbeit hatte sie mich nicht am Hals. Ihr langjähriger Freund hat sie wegen mir verlassen, weil sie mit mir mehr Zeit verbrachte als mit ihm und manche Zärtlichkeiten für ihn zu kurz kamen, weil sie mich vor Allem Nachts nicht alleine lassen wollte. Sie hatte nicht mal Zeit für Liebeskummer, beziehungsweise versuchte sie es vor mir zu verstecken.

Ich stand auf, denn schlafen konnte ich sowieso nicht mehr. Schnell holte ich mir frische Kleidung aus meinem Kleiderschrank und ging ins Bad. Ich zog mich bis auf meine Unterwäsche aus und stieg in die Dusche.

Wieso ich in Unterwäsche dusche? Ganz einfach. Ich kann mich nicht mehr selbst ansehen, ohne an jenen Abend zu denken. Selbst wenn ich mich umziehe mache ich die Augen zu und ich meide jeglichen Spiegel. Ich weis, ich bin erbärmlich.

Das kalte Wasser tropfte auf meinen zierlichen Körper. Meine Unterwäsche saugte sich mit Wasser voll und klebte an meinem Körper.

Mit völlig verschrumpelter Haut, stieg aus der Dusche. Ich trocknete mir meine Haare und band sie mir in einen Zopf zusammen. Mit geschlossenen Augen entledigte ich mich meiner Unterwäsche. Schnell streifte ich mir frische über und zog mir ein T-Shirt und eine Jeans an.

Ich ging in die Küche, wo Bea uns bereits Tee kochte. Sie konnte wahrscheinlich auch nicht mehr schlafen.

Ich setzte mich auf die Kücheninsel und nahm eine Tasse heißen Tee entgegen. Bea reichte mir noch einen Muffin ehe sie sich gegenüber von mir ebenfalls auf die Küchenzeile setzte.

"Ich muss heute früher anfangen" meinte sie verschlafen und nippte an ihrem Tee. Sie arbeitete schon seit fast zwei Jahren bei der großen Friseurkette "The Stylist". Sie liebte ihren Job im Friseursalon und brennte schon das letzte halbe Jahr auf Auswärtsaufträge. Sie wollte schon immer die kleinen und großen Sternchen des Promihimmels stylen.

Models für Shootings und den Laufsteg schick machen, Schauspieler für den Dreh aufhübschen und Trends in die Welt setzten waren schon seit unserer Kindheit ihre größten Träume und ich musste immer herhalten, wenn sie etwas ausprobieren wollte. Ich halte schon alles durchgemacht. Alle Farben, Haarschnitte, Styling und Make-up Produkte. Es gab nichts, was ich noch nicht in den Haaren oder im Gesicht gehabt habe.

"Ist okay. Ich wollte heute losziehen und die Bewerbungen abgeben" Wir hatten vor zwei Tagen gemeinsam im Internet nach Jobs gesucht und Bewerbungen geschrieben. Ich wollte Bea nicht ewig zur Last fallen. Ich wollte schon immer Lehrerin werden, doch dieser Traum würde sich nie erfüllen. Ich meine wer will eine Depressive als Lehrerin. Ich wäre definitiv kein gutes Vorbild.

"Mach das" sie lächelte mich zufrieden an. "Ich muss jetzt auch los. Viel Glück" Sie drückte mich noch schnell, ehe sie zur Arbeit aufmachte.

Ich schnappte mir einen Müsliriegel und meine Jacke und verlies ebenfalls die Wohnung.

Save my SoulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt